Kunst hat einen erheblichen Einfluss auf die Modewelt und auf die Kreativität von Modedesignern. Hier ist unser Versuch, das eng verästelte Beziehungsgeflecht anhand der bedeutendsten Kooperationen zu entschlüsseln.
Seit der Entstehung der Haute Couture im 19. Jahrhundert sind Kunst und Mode zwei Bereiche, die sich gegenseitig anziehen und Ästhetik mit Leidenschaft vermischen. Die untrennbare Verbindung zwischen diesen beiden Disziplinen zeigt sich in der Art und Weise, wie Modedesigner Inspiration aus den Werken von Künstlern schöpfen und vice versa. Sie erkennen eine Vielzahl gemeinsamer Ideen und Themen, die sich durch beide Welten ziehen, und schaffen dadurch eine kreative Synergie, die sowohl die Mode als auch die Kunst bereichert.
In der Tat handelt es sich bei Mode nicht nur um das Tragen von Kleidung; sie ist ein Ausdruck von Persönlichkeit, einer sozialen Identität und – insbesondere – künstlerischem Schaffen. Modedesigner nehmen oft Anleihen bei verschiedenen Kunstbewegungen, sei es beim Impressionismus, beim Surrealismus oder sogar bei zeitgenössischen Strömungen wie der Street Art. Dieses Zusammenspiel schafft innovative Designs, die nicht nur das Auge erfreuen, sondern auch tiefere kulturelle Kommentare liefern.
Künstlerinnen und Künstler wie Maler, Illustratoren und Fotografen sind zu zentralen Akteuren in der Modewelt avanciert, deren Beiträge den ästhetischen Wert einer Kollektion unmittelbar erhöhen. In diesem Prozess wird häufig die Richtung vom Designer bestimmt, während eine gegenseitige Anerkennung der Leistungen des jeweils anderen das Ganze vorantreibt.
Ein zentraler Aspekt dieser Wechselbeziehung ist die Freude an der Repräsentation der Gesellschaft. Beide Sphären reagieren auf gesellschaftliche Themen und spiegeln sie wider. Während Mode dazu neigt, oft als flüchtiger Trend betrachtet zu werden, kämpft sie weiterhin um Anerkennung als Kunstform. Um über vorgefasste Ideen hinauszugehen und diese Grenzen zu überwinden, haben zahlreiche Designer Künstler direkt in ihre kreativen Prozesse integriert.
Diese Zusammenarbeit ermöglicht es ihnen nicht nur, einzigartige Stücke zu kreieren, sondern auch neue Perspektiven zu erforschen und bestehende Konventionen in Frage zu stellen. Indem sie visuelle Kunst und Mode miteinander verbinden, prägen sie bestehende Standards und erweitern das Bewusstsein für das Potenzial beider Disziplinen.
Beginnen wir mit der immer wiederkehrenden Frage:
Ist Mode Kunst?
Kann Mode als Kunst betrachtet werden? Diese Frage wird seit Jahrhunderten immer wieder aufs Neue gestellt und bedarf einer näheren Betrachtung.
Die Modeindustrie hat über einen langen Zeitraum hinweg versucht, sich als Kunstform zu etablieren. Es existieren herausragende und komplexe Entwürfe, die eindeutig als Kunstwerke angesehen werden könnten. Zahlreiche Haute-Couture-Kreationen finden ihren Platz in Kunstmuseen, da sie die Handwerkskunst im Umgang mit Stoffen repräsentieren.
Mode kann ebenso eindrucksvoll und ausdrucksstark sein wie klassische Kunstformen wie Malerei und Skulptur. Doch kann Mode universell als Kunst betrachten?
Eine Definition von Kunst lautet:
der Ausdruck oder die Anwendung menschlicher kreativer Fähigkeiten und Vorstellungskraft, typischerweise in visueller Form wie Malerei oder Skulptur, wodurch Werke entstehen, die vor allem wegen ihrer Schönheit oder emotionalen Kraft geschätzt werden“.
Viele Kleidungsstücke und Accessoires, die von renommierten Designern wie Alexander McQueen, Yves Saint Laurent oder Guo Pei geschaffen wurden, könnten als Kunst eingestuft werden. Ihre Designs verlangen nach schöpferischen Fähigkeiten und Fantasie. Mode wird ebenfalls visuell wahrgenommen und für ihre Ästhetik geschätzt.
Dennoch wird die Diskussion darüber, ob Mode als Kunst gilt, komplexer, wenn man an ein einfaches weißes T-Shirt denkt. Diese sind ohne Zweifel essentielle Elemente ausdrucksstarker Outfits, die von Street Fashion inspiriert sind. Allein jedoch erzeugen sie keine ansprechende Ästhetik. Ein weiterer Aspekt der Kunstdefinition bezieht sich auf eine emotionale Wirkung.
Das minimalistische Gemälde mit dem Titel „Bridge“ von Robert Ryman wurde für 20,6 Millionen US-Dollar versteigert. Was macht eine weiß gestrichene Leinwand zur Kunst? Oder denken wir an die Farbfeldmalerei von Mark Rothko. Diese gleichen für den unbedarften Beobachter einer Batiktechnik auf Leinwand.
Die Weiß-auf-Weiß-Gemälde von Robert Ryman entstanden beispielsweise aus der Minimalismus-Bewegung in den späten 1950er Jahren. Es war ein Rückstoß gegen die künstlerische Bewegung des Abstrakten Expressionismus, die die 40er und 50er Jahre dominierte. Die Idee des Gemäldes macht es zur Kunst. Das Erlebnis, eine weiß bemalte Leinwand zu betrachten, ist die Kunst. Das Gemälde ist ein Abbild der Möglichkeit und seiner Reflexion.
Ein weißes T-Shirt ist schwerlich 20,6 Millionen Dollar wert. Dennoch bietet es seinem Träger Möglichkeit der Kombination, Individualisierung, kann identitätsstiftend sowie ein Statement sein. Jeder Fleck, jeder Riss und jedes Loch kann zur gesamten ausdrucksstarken Geschichte und emotionalen Kraft des Trägers bei.
An dieser Gegenüberstellung wird die Komplexität der Fragestellung deutlich.
Der französische Modedesigner Yves Saint Laurent bringt mit folgendem Zitat eine interessante Perspektive auf den Punkt:
Fashion is not an art, but needs an artist to exist”
Interview-Reihe „Ist Mode Kunst“ des Metropolitan Museum of Art Bulletin
Im November 1967 veröffentlichte das Bulletin des Metropolitan Museum of Art eine faszinierende Reihe von Interviews mit dem provokativen Titel „Ist Mode Kunst?“. Das französische Modemagazin L’Officiel Austria berichtete darüber.
Diese Interviewreihe stellte die oft als Gegensatz wahrgenommenen Bereiche der Mode und der Kunst zum ersten Mal in einen tiefgreifenden Dialog. In der Tat haben sich Mode und Kunst im Laufe der Jahrhunderte stets gegenseitig beeinflusst und inspiriert, wobei beide Ausdrucksformen das gleiche übergeordnete Ziel verfolgen: den Ausdruck von Emotionen.
Es handelt sich in einem Fazit des Bulletins um zwei unterschiedliche, aber komplementäre Manifestationen menschlichen Schaffens, die gewissermaßen in einem ständigen kreativen Austausch stehen.
Es gibt unzählige Gelegenheiten im Alltag, in denen man auf beeindruckende Kunstwerke stößt. Dabei ist es nicht selten, dass diese Werke so intensive Gefühle hervorrufen, dass man sie fast physisch zu spüren scheint – als wäre jede Linie, jede Farbabstufung und jede Textur Teil eines tiefen Sinneserlebnisses. Diese emotionalen Reaktionen sind es gemäß einem der Interviewpartner, die sowohl die Kunst als auch die Mode einzigartig machen; sie sind fähig, unsere Sehgewohnheiten und unser Selbstverständnis zu transformieren.
Es ist bemerkenswert festzustellen, dass Mode häufig die Fähigkeit besitzt, jene abstrakten Empfindungen, die zuvor durch ein Kunstwerk ausgelöst wurden, in greifbare Realität umzusetzen. Die Verbindung von künstlerischem Ausdruck und modischem Design ermöglicht es Unsichtbarem, visibel zu werden. Zudem haben viele ikonische Kunstwerke im Lauf der Geschichte ihren Weg in die Welt der Mode gefunden und den Kleidungsstücken eine besondere semiotische Bedeutung verliehen, die weit über das Physische hinausgeht.
Diese Symbiose zwischen den beiden Disziplinen hat in der Vergangenheit zahlreiche herausragende Kooperationen hervorgebracht.
Legendäre Kooperationen zwischen Modedesignern und Künstlern
Zahlreiche Designer ließen sich im Laufe ihrer Karriere von künstlerischen Meisterwerken inspirieren – Werke, die oft unvermittelt ihre eigene Vorstellung von Mode herausforderten und sie dazu ermutigten, gewohnte Grenzen zu überschreiten. Indem sie Elemente zeitgenössischer oder klassischer Kunst in ihre Kollektionen integrierten, schufen sie bemerkenswerte Stücke, in denen Kunst und Mode auf dem Stoff miteinander verschmolzen.
Diese interdisziplinäre Herangehensweise erweist sich bis heute als fruchtbar und bereichernd zugleich; sie fügt dem künstlerischen Dialog neue Dimensionen hinzu und fordert die Betrachter dazu auf, sowohl die Kleider als auch die Kunstwerke mit neuer Aufmerksamkeit zu betrachten. In dieser Verschmelzung lebt der Geist des kreativen Schaffens – sie macht deutlich, dass in der einzigartigen Verbindung von Mode und Kunst nicht nur Ästhetik geschaffen wird, sondern auch tiefere emotionale Resonanz entsteht.
Elsa Schiaparelli & Salvador Dalí
Das Empfinden der Einzigartigkeit eines Kleidungsstücks verstärkt sich erheblich, wenn dieses mit einer künstlerischen Komponente verbunden ist – eine Erkenntnis, die die renommierte italienische Modedesignerin Elsa Schiaparelli meisterhaft umsetzte. Sie pflegte enge Freundschaften zu bedeutenden Künstlern wie Andy Warhol, Pablo Picasso, Man Ray und dem legendären Surrealisten Salvador Dalí. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts entwarf sie zahlreiche Stücke, die durch außergewöhnliche Designs den Glanz und die Kreativität der Modewelt in neuem Licht erscheinen ließen.
In den 1930er Jahren bildeten Salvador Dalí und Elsa Schiaparelli ein faszinierendes Duo an der Schnittstelle von Mode und Kunst. Elsa brachte ihr außergewöhnliches Talent als Stylistin in Dalis Meisterwerk „Vêtements de Nuits et de Jour“ (Nacht- und Tagesbekleidung) ein, während Dalí an der Gestaltung des ikonischen „Robe Homard“ (Hummerkleid) sowie des markanten Schuhhuts mitwirkte. Die von der Künstlerin entwickelten Muster verleihen den Kreationen der damaligen Designerin einen besonderen Wert und ermöglichen es ihr, allmählich in die faszinierende Welt der Kunst einzutauchen.
Das Organza-Dinner-Kleid mit dem kunstvoll bemalten Hummer gilt als eines der ersten meisterhaften Ergebnisse der Zusammenarbeit zwischen einem Modedesigner und einem Künstler.
Im Jahr 1937 wurde es von Wallis Simpson in einer aufsehenerregenden Vogue-Redaktion präsentiert, die gleich zwei Seiten umfasste, und zählt heute zu den markantesten Modeobjekten dieser Ära.
Erstaunlicherweise stieß das Hummerkleid zunächst auf gemischte Reaktionen, da die Platzierung des Krustentiers auf dem Rock von einigen Zeitgenossen als erotisch und provokativ wahrgenommen wurde. Dieses faszinierende Spannungsfeld zwischen provokanter Kunst und innovativer Mode lädt den Betrachter ein, sich näher mit der historischen Bedeutung dieses außergewöhnlichen Kleidungsstücks auseinanderzusetzen.
Durch die Kombination von Schiaparellis avantgardistischem Design und Dalís surrealer Vision bekommt das Kleid nicht nur eine modische, sondern auch eine kulturelle Relevanz, die bis heute beeindruckt.
Yves Saint Laurent & Piet Mondrian
Im Jahr 2022 würdigten Museen in der Umgebung von Paris den legendären Modedesigner Yves Saint Laurent, dessen Schaffen tief in der Welt der Kunst verwurzelt ist. Bereits in seiner Kindheit entwickelte der leidenschaftliche Kunstliebhaber enge Beziehungen zu verschiedenen Künstlern. Diese Begegnungen prägten sein kreatives Schaffen und fanden ihren Ausdruck in seinen Designs.
Ein herausragendes Beispiel ist die Herbst-Winter-Kollektion von 1965, in der Yves Saint Laurent eine bemerkenswerte Auswahl an Kleidern präsentierte, die Künstler wie Piet Mondrian, Henri Matisse, Pablo Picasso und Andy Warhol ehrten. Diese Kollektion steht nicht nur für modisches Können, sondern auch für die Inspirationskraft, die von diesen großen Persönlichkeiten ausging.
Im Rahmen einer umfassenden Ausstellung mit dem Titel „Yves Saint Laurent aux musées“ wurden in sechs Pariser Museen die ikonischen Modelle und Ensembles des Designers zusammen mit bedeutenden Kunstsammlungen präsentiert. Ziel dieser Ausstellung war es, den faszinierenden Austausch zwischen Designern und Künstlern ins Rampenlicht zu rücken. Sie verdeutlichte, dass jede Modestück auch eine Reflexion der künstlerischen Beziehung zu den jeweiligen Künstlern darstellt.
Dennoch bleibt Mode oftmals im Schatten der Hochkunst und wird nicht immer als solche anerkannt. Der verstorbene Karl Lagerfeld vertrat die Ansicht, dass Mode und Kunst zwei voneinander getrennte Bereiche sind. Diese Einschätzung ist ebenfalls nachvollziehbar, da zeitgenössische Kunstwerke über Generationen hinweg Bestand haben können, während die Mode einem kontinuierlichen Wandel unterliegt, um den sich ständig verändernden kommerziellen Anforderungen gerecht zu werden.
Obwohl es sich nicht um eine vollwertige Kooperation handelte, sondern vielmehr um eine Quelle der Inspiration, stellt die Kollektion von Yves Saint Laurent, die dem Meisterwerk Piet Mondrian gewidmet ist, zweifellos eines der bemerkenswertesten Zeugnisse für die Verschmelzung von Mode und Kunst dar.
In den 1960er Jahren, als sich das Sackkleid zur modifizierten Form des Shift-Kleides wandelte, erkannte Saint Laurent, dass die flächige Beschaffenheit des Kleides einen idealen Raum für die Integration von Farbblöcken bot. Inspiriert von den Linien- und Farbgestaltungen der renommierten neoplastischen Epoche Mondrians, entwarf er eine Kollektion, die aus lediglich sechs Kleidungsstücken bestand. Diese Stücke waren geprägt von schwarzen Linien und leuchtenden Farbtönen und avancierten schnell zum Symbol für die Plastizität der Haute Couture.
Unter Berücksichtigung der flachen Leinwände, die zeitgenössische Künstler in den 1960er Jahren in Anlehnung an Mondrian schufen, verkörpert Saint Laurent das künstlerische Empfinden seiner Zeit in beeindruckender Weise. Die internationale Presse war begeistert von seinen außergewöhnlichen Kunstwerken. Diana Vreeland lobte sie in der New York Times als „die beste Kollektion“, während Women’s Wear Daily Saint Laurent zum „König von Paris“ krönte.
Diese Verbindung von Mode und Kunst lädt den Leser ein, die komplexen Zusammenhänge zwischen diesen beiden kreativen Disziplinen weiter zu erkunden und sich mit den zeitlosen Einflüssen Mondrians auseinanderzusetzen.
Yves Saint Laurent & Vincent van Gogh
Für seine Frühjahr/Sommer-Kollektion 1988 zeigte Yves Saint Laurent eine meisterhafte Hommage an den legendären Künstler Vincent Van Gogh, die nicht nur die Welt der Mode, sondern auch die der Kunst auf bemerkenswerte Weise miteinander verband. In einer Zeit, in der die Grenzen zwischen verschiedenen kreativen Disziplinen zunehmend verschwommen, ließ sich Saint Laurent von Van Goghs ikonischen Gemälden „Schwertlilien und Sonnenblumen“ inspirieren und transferierte deren lebendige Farbpalette sowie beeindruckende Formen auf extravagante Jacken. Diese wurden kunstvoll von der renommierten Maison Lesage bestickt, einem Atelier, das bekannt für seine exquisite Handwerkskunst ist.
Das Resultat dieses kreativen Prozesses war weit mehr als nur Mode; es war ein echtes Kunstwerk. Saint Laurent gelang es, unzählige Nuancen und feinste Details in den floralen Motiven einzufangen – ein Unterfangen, das für jede Jacke über sechshundert Stunden intensiver Handarbeit erforderte. Diese Hingabe an das Handwerk und die Liebe zum Detail verleihten den Kleidungsstücken einen einzigartigen Charakter, der sie nicht nur zu Trendschaffenden machte, sondern auch zu wertvollen Sammlerstücken erhob.
Daher wurden diese Jacken zu einer der teuersten Modeinvestitionen der Welt und stehen sinnbildlich für die Fusion von Kunst und Mode. Durch diese außergewöhnliche Kollektion hat Yves Saint Laurent nicht nur Van Gogh geehrt, sondern auch bewiesen, dass Mode weit mehr ist als nur Bekleidung – sie kann ein Sprachrohr für künstlerische Ausdrucksformen sein, das selbst die zeitgenössische Gesellschaft tief berührt und inspiriert.
Yves Saint Laurent & Andy Warhol
In den schillernden 1960er-Jahren trat Andy Warhol als eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der damaligen Zeit auf und verkörperte eine neue Art von Kultur-Ikonen, die das Zusammenspiel von Kunst und Mode revolutionierten. Sein Erscheinen war nicht nur bemerkenswert, sondern entfachte ein funkelndes Interesse der Modeszene an der Kunstwelt, das bis dahin in dieser Intensität kaum dagewesen war. Warhol, mit seiner unverwechselbaren Ästhetik und seinem avantgardistischen Ansatz, eroberte die Herzen von Designern, Künstlern und Modebegeisterten gleichermaßen.
Besonders prägend war die Freundschaft zwischen Warhol und Yves Saint Laurent. Diese beiden kreativen Köpfe fanden in einander nicht nur einen Freund, sondern auch einen Sparringspartner, der sie gegenseitig inspirierte und herausforderte. Warhol schuf eine beeindruckende Reihe von farbenfrohen Porträts des Designers, die nicht nur die Persönlichkeit Saint Laurents einfangen, sondern auch den pulsierenden Zeitgeist der 60er Jahre wiederspiegeln. Gleichzeitig setzte Saint Laurent mit seiner wegweisenden Herbst/Winter-Kollektion 1966 ein deutliches Zeichen: Er integrierte Elemente der Pop-Art-Bewegung in seine Entwürfe und verlieh somit der Mode eine neue Dimension. Seine Kreationen ließen sich nicht nur tragen – sie wurden zum Ausdruck einer kulturellen Revolution.
Die Auswirkungen von Warhols Einfluss auf die Modewelt sind eindrucksvoll und weitreichend. Zahlreiche Designer haben sich von seinen Arbeiten inspirieren lassen und seine ikonischen Werke in ihren Kollektionen vorgestellt. Namen wie Gianni Versace, Jean-Charles de Castelbajac und Raf Simons zeugen von der anhaltenden Faszination für Warhols einzigartige Ästhetik. Seine Kunst, die oft die Grenzen zwischen Hochkultur und populärer Kultur verschwimmen ließ, festigte seinen Status als Lieblingskünstler der Modewelt und untermauerte seine Rolle als Katalysator für kreative Synergien zwischen Kunst und Fashion.
Louis Vuitton & Jeff Koons
Der amerikanische Künstler Jeff Koons, der als legitimer Nachfolger Andy Warhols und als herausragende Ikone der zeitgenössischen Pop Art gilt, hat eine faszinierende Kooperation mit dem renommierten französischen Modehaus Louis Vuitton ins Leben gerufen. Diese Partnerschaft resultierte in einer exquisiten Kollektion von Taschen und Accessoires, die eindrucksvoll die kritische Auseinandersetzung Koons‘ mit dem Konsumverhalten widerspiegelt.
Auf den ikonischen Taschen von Vuitton sind meisterhafte Reproduktionen berühmter Werke zu sehen, die mit Leviathanen der Kunstgeschichte wie Van Gogh, Tizian, Fragonard, Leonardo da Vinci und Rubens in Verbindung stehen. Die Speedy-, Neverfull- und Keepall-Taschen fungieren dabei als aufregende Leinwände, die die zeitlosen Kompositionen der großen Meister in neuem Licht erstrahlen lassen.
Zu den ausgewählten Kunstwerken gehören „Nymphaeus“ von Claude Monet, „Agrippina mit der Asche des Germanicus“ von Joseph William Turner, „Liegendes Mädchen“ von François Boucher, „Herrliches Land“ von Paul Gauguin sowie „Mittagessen im Gras“ von Edouard Manet. Ein weiteres Beispiel für die harmonische Verschmelzung von Kunst und Alltagsleben, das zum Nachdenken anregt.
Louis Vuitton / Marc Jacobs & Stephen Sprouse, Takashi Murakami + Richard Prince
Louis Vuitton hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten als Vorreiter in der Welt künstlerischer Kooperationen positioniert, wie die VOGUE Germany konstatierte. Unter der visionären Leitung von Marc Jacobs, der als Kreativdirektor agierte, entstand eine außergewöhnliche Tradition der Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern. So engagierte Jacobs den renommierten Stephen Sprouse, um das ikonische Monogramm der Marke für die Frühjahr/Sommer-Kollektion 2001 in einer faszinierenden Graffiti-Interpretation neu zu gestalten. Diese Partnerschaft legte den Grundstein für eine bemerkenswerte Ära.
Eine der signifikantesten Kooperationen war die 13-jährige Zusammenarbeit mit dem japanischen Künstler Takashi Murakami, dessen kreative Energie 2003 die legendäre „Multicolore“-Monogramm-Tasche hervorbrachte. Diese taschenartige Meisterleistung avancierte rasch zur begehrten It-Tasche der frühen 2000er-Jahre und zeugt von einer geschickten Verbindung von Kunst und Mode.
Zusätzlich arbeitete Jacobs mit dem provokanten Künstler Richard Prince für die Frühjahr/Sommer-Show 2008 zusammen. Für dieses eindrucksvolle Spektakel wurden Models, darunter auch das internationale Supermodel Naomi Campbell, in auffälligen Krankenschwesternkostümen über den Laufsteg geschickt, während sie eine weitere faszinierende Variante des berühmten Monogramms präsentierten.
Solche mutigen und kreativen Ansätze haben Louis Vuitton nicht nur als Modehaus, sondern auch als Plattform für künstlerischen Ausdruck etabliert und laden das Publikum ein, sich weiter mit dieser faszinierenden Schnittstelle von Kunst und Stil auseinanderzusetzen.
Dior Men / Kim Jones & KAWS + Hajime Sorayama
Kim Jones, der ehemalige Leiter der Menswear-Kollektionen bei Louis Vuitton, hat an anderer Stelle eine bemerkenswerte Entwicklung eingeleitet, indem er eine ähnliche Kultur der künstlerischen Zusammenarbeit bei Dior Men etablierte. Unter seiner kreativen Leitung wurde die Idee vorangetrieben, die Grenzen zwischen Mode und Kunst noch weiter zu verwischen und damit nicht nur innovative Designs zu schaffen, sondern auch neue Perspektiven auf die Beziehung zwischen diesen beiden Disziplinen zu eröffnen.
Für seine Debüt-Kollektion bei Dior Men schloss sich Jones mit dem in New York lebenden Gegenwartskünstler KAWS zusammen, dessen Arbeiten weltweit Akzeptanz finden und bekannt für ihre spielerische Ästhetik sind. Kaws interpretierte das ikonische Bienenlogo des Hauses neu und verlieh ihm durch seine unverwechselbare Prägung einen frischen, modernen Anstrich. Diese Zusammenarbeit mündete in einer exklusiven Capsule-Kollektion, die die Essenz der Marke mit künstlerischen Einflüssen verband und somit sowohl Modeenthusiasten als auch Kunstliebhaber in ihren Bann zog.
Ein weiteres fesselndes Element dieser Kooperation war eine gigantische Version von Kaws‘ berühmter „BFF“-Figur, die vollständig aus bunten Blumen gefertigt war. Diese beeindruckende Skulptur fand ihren Platz im Laufsteg-Set von Jones‘ Frühjahr/Sommer-Kampagne 2019 und verwandelte die Modenschau in ein visuelles Fest des Staunens. Die Kombination aus floralen Elementen und einem ikonischen Charakter aus der Kunstwelt schuf eine Symbiose der Kreativität, die das Publikum regelrecht begeisterte und von der Verbindung zwischen Hochkultur und Mode kündete.
Darüber hinaus zeichnete sich Jones‘ Pre-Fall-Show 2018 in Tokio durch ein weiteres markantes Kunstwerk aus: den imposanten zwölf Meter hohen Roboter des japanischen Künstlers Hajime Sorayama. Diese außergewöhnliche Skulptur war nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern verkörperte auch die futuristische und avantgardistische Vision von Jones.
Sorayama hatte zudem das Privileg, eine limitierte Tasche für die Kollektion zu entwerfen, was die Vielseitigkeit und den Innovationsgeist dieser Modenschau unterstrich. Diese unkonventionelle Herangehensweise an den Modeschaffungsprozess unterstreicht Jones‘ Bestreben, Mode als Plattform für künstlerischen Ausdruck zu nutzen und den Dialog zwischen verschiedenen kreativen Disziplinen lebendig zu halten.
Durch solche beeindruckenden Initiativen wird deutlich, dass Kim Jones nicht nur Trends kreiert, sondern auch eine bedeutende künstlerische Legacy bei Dior Men anstrebt – eine Vision, die die Welt der Mode nachhaltig prägen könnte.
Miuccia Prada & Christophe Chemin
Prada ging für ihre Herbst/Winter-Kollektion 2016 einen etwas anderen Weg als die bisher genannten Labels, indem sie mit dem bis dato noch wenig bekannten französischen Künstler Christophe Chemin zusammenarbeiteten. Während viele Modedesigner etablierte Künstler wählen, um ihre Kollektionen zu bereichern und damit auch für Gesprächsstoff zu sorgen, entschied sich Miuccia Prada, bewusst mit einem damals noch weitgehend unbekannten Künstler zu kooperieren.
Christophe Chemin, der in Berlin lebt und sowohl als Künstler als auch Filmemacher tätig ist, brachte eine frische Perspektive in die Kollektion ein. Besonders hervorzuheben sind die Hemden, die mit seinen markanten Zeichnungen bedruckt waren und sich in einer Kollektion voller Capes und Matrosenjacken als echte Hingucker erwiesen. Dies zeigt Pradas Mut zur Innovation und ihren Willen, neue kreative Wege zu gehen.
Isabel Marant & I’VR Isabel Vollrath – Kunst in der DNA
Auch wenn diese beiden Modedesignerinnen keine direkten Kooperationen mit KünstlerInnen eingegangen sind oder sich bekannter künstlerischer Werke als Referenz bedienen, möchte ich die beiden Fashion-Schöpferinnen mit in dieser Aufzählung wissen. Beiden ist gemein, dass eine künstlerische Herangehensweise tief in der eigenen DNA codiert ist.
Isabel Marant – ein Name, der in der Welt der Mode nicht nur leise vernommen wird, sondern ein kraftvolles Echo hinterlässt, wie es das Lifestyle Magazin Ajouré treffend formulierte. Die Französin ist nicht nur eine Designerin; sie ist eine Pionierin, die es meisterhaft versteht, ihre unverwechselbare Handschrift in der Modebranche zu etablieren.
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Geboren in Paris, einer Stadt, die oft als das pulsierende Zentrum der Mode gilt, war Isabel von frühester Kindheit an von Kreativität umgeben. Die künstlerische Atmosphäre ihrer Familie prägte entscheidend ihre Jugend und legte somit den Grundstein für ihre beeindruckende Karriere. Isabel Marant verkörpert einen Stil, der häufig als „boho-chic“ bezeichnet wird. Doch diese Kategorisierung greift zu kurz, um die Tiefe und Vielschichtigkeit ihrer Entwürfe angemessen zu erfassen. Marant selbst betrachtet Mode als einen Ausdruck von Individualität und Freiheit – eine Philosophie, die weit entfernt ist von den Fesseln kurzlebiger Trends.
Ihr innovativer Ansatz und ihr Gespür für das Besondere machen Isabel Marant zu einer bedeutenden Stimme im Modezirkus.
Auch I’VR Isabel Vollrath ist nicht nur eine Designerin, sondern eine Künstlerin, die das Leben in all seinen Facetten liebt und lebendig werden lässt. Ihre Leidenschaft für die Mode ist nicht nur oberflächlich, sondern durchdringt jeden Aspekt ihres kreativen Schaffens. Bei der Fashion Week 2016 wurde eindrucksvoll deutlich, wie grundlegend und tiefgreifend sich Isabel in ihrer Kunst entfaltet und somit eine Kollektion von außergewöhnlicher Extravaganz kreiert hat.
Die Show war mehr als nur ein Fest der Mode; sie war eine harmonische Fusion aus visuellem Spektakel und musikalischer Untermalung. Die basslastige elektronische Musik, die das Ambiente durchdrang, verlieh der Präsentation eine energiegeladene Tiefe und ließ die Zuschauer in eine neue Dimension des Erlebens eintauchen.
Jedes Outfit erzählte seine eigene Geschichte und bot einen einzigartigen Blick auf die verschiedenen Facetten von Identität und Selbstbewusstsein. Isabel Vollrath gelingt es meisterhaft, ihre persönlichen Erlebnisse und Einflüsse in ihre Mode zu integrieren. Ihre Kollektion hebt sich nicht nur von der Masse ab, sondern fordert auch das Publikum dazu heraus, sich aktiv mit den Themen von Individualität und Ausdruck auseinanderzusetzen.
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Die Fashion Week 2016 war eine beeindruckende Leinwand für Isabels kreative Visionen. Ihre Fähigkeit, Mode als eine Form der zeitgenössischen Kunst zu interpretieren, machte sie zu einer festen Größe in der Fashion-Welt und weckt das Verlangen nach mehr; mehr Inspiration, mehr Kreativität und vor allem mehr solcher außergewöhnlicher Erlebnisse.
Quellen, fachliche Unterstützung und weiterführende Informationen:
- VOGUE Germany: Mode trifft Kunst: Die legendärsten Kooperationen aller Zeiten, https://www.vogue.de/mode/artikel/die-besten-mode-kunst-kooperationen-aller-zeiten
- VOGUE Germany: Kim Jones über seine Dior-Show in Tokio: “Ich bin ziemlich froh, kommerziell zu sein. Das muss man heutzutage sein, um in diesen großen Jobs zu überleben, https://www.vogue.de/mode/artikel/dior-homme-pre-fall-18
- IFA Paris: The Influence of Art on Fashion, https://www.ifaparis.com/the-school/blog/the-influence-of-art-on-fashion
- University Fashion Group: Is Fashion Art?, https://universityfashiongroup.org/2021/12/01/is-fashion-art/
- L’OFFICIEL Austria: Kollaborationen zwischen Mode und Kunst, welche die Geschichte geprägt haben, https://www.lofficiel.at/fashion/the-collaborations-between-fashion-and-art-that-have-marked-history
- Süddeutsche Zeitung: Christophe Chemin : Plötzlich Prada, https://www.sueddeutsche.de/stil/christophe-chemin-ploetzlich-prada-1.2959173
- Ajouré: Isabel Marant – was die Frauenwelt begeistert, https://www.ajoure.de/mode/labels/isabel-marant-die-frauenwelt-begeistert/
- Ajouré: I’VR Isabel Vollrath – Kunst trifft auf Mode und brennt sich in die Herzen, https://www.ajoure.de/mode/fashion-weeks/ivr-isabel-vollrath-kunst-trifft-auf-mode/
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.