Psychische Erkrankungen sind oftmals so komplex, dass sie nur sehr schwer zu erfassen und für den Laien zu begreifen sind. Auch Betroffene haben oft große Schwierigkeiten, ihre ständig wechselnden und höchst komplexen Gefühle in Worte zu fassen.
Dabei sind in der klassischen Psychotherapie gerade die Worte das Mittel der Wahl, um sich mitzuteilen und in der Therapie Dinge aufzuarbeiten und zu meistern.
Doch in manchen Situationen ist der Erkrankte damit so überfordert, dass eine klassische Therapie hier nicht wirklich erfolgversprechend scheint. Wenn die Psyche eines erkrankten Menschen eine klassische Therapie nicht zulässt, ist die Kreativtherapie eines der besten Mittel, um die Psyche des Erkrankten zu entlasten und dem Menschen die Möglichkeit zu geben, sich auszudrücken und erlebtes zu verarbeiten.
Generationen von Forschern und Psychoanalytikern haben sich mit der Frage beschäftigt, was Kunst mit unserer Psyche macht. Dabei gibt es verschiedene Ansätze, die sich mit unterschiedlichen Kunstformen befassen.
Musikalische Künste beispielsweise, haben eine andere Auswirkung als Kunst in Form von Malerei oder Bildhauerei. Kunst in Form von Bildern etwa, ruft bei der Betrachtung eine Reaktion der Gefühle und der Gedankenwelt hervor. Allerdings weniger aufgrund der gezeichneten Bilder selbst.
Es ist vielmehr von Person zu Person unterschiedlich, was ein Bild für Gefühle und Gedanken bei ihr auslöst. Die Betrachtung eines Bildes ist dabei so etwas wie der Blick in einen Spiegel.
Denn das, was uns bei dem Blick auf ein Kunstwerk in den Sinn kommt, ist zumeist geprägt von unseren eigenen Erfahrungen und unserer momentanen psychischen Verfassung. So kann ein in dunklen Erdtönen gehaltenes Bild für den einen melancholisch und traurig wirken, während es auf den anderen eine warme und fast schon heimelige Wirkung hat.
Selbst Landschaftsbilder können bei uns ganz unterschiedliche Gefühle und Reaktionen hervorrufen – abhängig davon, ob wir mit der abgebildeten Landschaft irgend etwas verbinden oder nicht.
Was hat die Kreativität mit psychischen Erkrankungen zu tun?
Kreativität ist eine Art, sich zu äußern. Mithilfe von kreativem Handeln gibt man ein Statement ab – oder verarbeitet einfach Gedanken, Gefühle und erlebtes. Es ist ein Weg, sich auszudrücken, ohne dafür Worte finden zu müssen.
Diese nonverbale Möglichkeit der Kommunikation und der Weitergabe von Gefühlen, Gedanken und Stimmungen kann einem Psychotherapeuten eine Menge Anhaltspunkte zur psychischen Verfassung der Person geben, die diese kreativen Arbeiten erstellt hat.
Aus genau diesen Punkten heraus hat sich nach und nach die Kunsttherapie entwickelt. Diese Form der Therapie wird von ausgebildeten Kunsttherapeuten angewandt. Diese verfügen in der Regel über einen Abschluss in einer Kunstwissenschaft und natürlich über einen Abschluss im psychiatrischen Bereich.
Die Kunsttherapie wird zumeist in Reha-Zentren, in Kinderkliniken oder in psychiatrischen Einrichtungen angeboten. Vor allem in Kinderkliniken ist sie ein wichtiges Begleitinstrument für Kinder, die an einer schweren Erkrankung wie beispielsweise Krebs leiden, und deren Eltern.
In der Kunsttherapie geht es tatsächlich darum, Dinge in Bildform zu Papier zu bringen. Dabei müssen keine hochwertigen Kunstwerke entstehen – viel mehr geht es darum, dem Patienten eine Möglichkeit zu bieten, um das Wirrwarr in seiner Gedankenwelt zu sammeln und in einer festen Form auf eine Leinwand zu bannen.
So kann er Ruhe und Entspannung in seine Gefühle und seine Gedankenwelt bringen und diese neu ordnen. Außerdem fällt es vor allem Patienten mit einem schweren Trauma leichter, ihre Gefühle auszudrücken.
Dabei werden als Erstes Dinge visualisiert, die dem Patienten bekannt sind bzw. bei denen er sich sicher fühlt. So sollen viele Patienten als Erstes ihre Werte visualisieren. Auch die eigene Biografie oder bestimmte Fragen zu visualisieren kann dem Therapeuten helfen, seine Patienten besser kennenzulernen.
So bekommt er oder sie ein Bild davon, wie der Patient denkt und welche Art von Bildern er mit positiven oder mit negativen Dingen in Verbindung bringt.
Erst wenn Patient und Therapeut hier Sicherheit im Umgang miteinander und in der Interpretation der gemalten Bilder gewonnen haben, soll sich der Patient an schwierigere Aufgaben heranwagen. Dann wird es Zeit, die eigenen Ängste, Gedanken und Zweifel zu visualisieren – ein Vorgang, bei dem der Therapeut versuchen wird, sich bis zu den Wurzeln der negativen Gefühle und Gedanken des Patienten voran zu tasten.
Schon gewusst?
Die Kunsttherapie ist eine Therapieform, die viel mit Symbolik in der Kunst arbeitet. Die Ausdrucksweise von Symbolen in Kunstwerken kann dabei psychologisch untersucht werden – oftmals stellt man fest, dass jeder Mensch seine ganz eigenen Symbole verwendet. Einem aufmerksamen Therapeuten werden diese Dinge nicht entgehen.
So wirkt sich Musik auf unser Gehirn aus
Wenn wir Musik hören, werden eine Vielzahl verschiedener Bereiche in unserem Gehirn aktiv. Dabei reagiert jedes Gehirn auf eine andere Art und Weise auf Musik. Manche Menschen haben stärkere Reaktionen in den gefühlsbetonten Bereichen des Gehirns. Andere wiederum – allen voran Berufsmusiker – verarbeiten Musik eher im analytischen Teil des Gehirns.
Wie auch immer Ihr Gehirn Musik verarbeitet – Fakt ist, dass Musik ein wertvolles Hilfsmittel ist, um das Gehirn zu fördern und zu fordern. Aus genau diesem Grund ist die musikalische Früherziehung für Kinder ein so wichtiges Förderinstrument.
Wie Kunst die Psyche anspricht
Kunst kann die Psyche auf zwei verschiedenen Wegen ansprechen.
Einmal, indem Kunst konsumiert wird. In diesem Fall nimmt der Mensch die Musik oder das Bild in sich auf und reflektiert diese. Sowohl bei der Musik wie auch beim gemalten Bild oder der gehauenen Statur erzeugt die Betrachtung oder eben das Anhören eine gewisse gedankliche und emotionale Reaktion.
Je nach persönlicher Vorerfahrung und aktueller persönlicher Verfassung kann diese Reaktion komplett unterschiedlich ausfallen. Von Freude, Spaß und wildem Tanzen über melancholische Ruhe und ein Gefühl tiefer Depression bis hin zu tiefer Traurigkeit kann hier tatsächlich alles empfunden werden.
Variante Nummer zwei ist die eigenständige Komposition von Kunst. Auch hier gibt es verschiedene Kanäle, das was der Mensch ausdrücken möchte, anderen wirklich begreiflich zu machen. Die schaffende Kunst in Form von Malerei ist hier ein gutes Hilfsmittel. Denn dabei kann der Maler seinen Gedanken und Gefühlen freien Lauf lassen. So kann er auf die Leinwand bannen, was sich gerade in seinem Kopf befindet.
Das funktioniert bei der Musik in der Regel nicht ganz so gut, da diese festen Gesetzen folgt und eine gewisse Melodie benötigt, um ein harmonisches Stück zu ergeben. Doch die Art und Weise, wie ein Mensch Musik spielt, kann dennoch Aufschluss über seine aktuelle psychische Verfassung geben. Hier muss man oft nur genau hinhören, um die feinen Nuancen in den Tönen und den Stimmlagen zu erkennen.
Fazit: Kreativität kann helfen, aus dem Loch psychischer Erkrankungen zu entkommen
Die Kreativtherapie ist ein wertvolles Hilfsmittel im Kampf gegen Depressionen und zahlreiche andere psychische Erkrankungen. Sie kann auch jungen Menschen helfen, die mit schwerem Gefühlschaos und inneren Konflikten zu kämpfen haben.
Nicht selten bildet sich gerade in der Pubertät so etwas wie die erste psychische Erkrankung heraus – oftmals leider vollkommen unbemerkt und daher auch sehr lange unbehandelt. Wer schon von Kindheit an immer mal wieder das psychische Wohlergehen seiner Kinder im Auge behält, wird später leichter die Möglichkeit haben, auf Stimmungsschwankungen und das allgegenwärtige Gefühlschaos in der Pubertät zu reagieren.
Bei Menschen allerdings, deren psychische Schwierigkeiten deutlich über die Probleme der persönlichen Findung hinausgehen, kann die Kreativtherapie eine Möglichkeit sein, Kommunikation über die Probleme, Gedanken und Gefühle anzustoßen. Außerdem kommen manche Probleme und vor allem deren Ursachen erst ans Tageslicht, wenn sie hervorgezogen werden.
Die Kunsttherapie ist dabei eine wunderbare und vor allem schonende Möglichkeit, genau diese Faktoren an die Oberfläche zu ziehen und eine Auseinandersetzung damit anzustoßen. Gerade Erlebnisse aus der Kindheit oder der Jugend, die nicht hinreichend verarbeitet wurden, können im Alter zu erheblichen sozialen und psychischen Problemen führen.
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.