Manet oder Monet? Das ist häufig die gleichfalls fragende Antwort auf die Frage, wer denn wohl die schönsten impressionistischen Bilder der Welt gemalt habe. Bei der Erinnerung der Vornamen wird es dann ganz schwierig, die Einordnung der beiden Namen ist offensichtlich nicht sofort geläufig.
Während Claude Monet unbestritten zu den bekanntesten Impressionisten gehörte, ist Édouard Manet 1832 noch ganz in eine andere Tradition hinein geboren.
Dennoch können beide durch vier der fünf Buchstaben ihres Namens vereinten Maler nicht nur deswegen mit einer gewissen Berechtigung in einem Atemzug genannt werden: Beide wurden in Paris geboren und besuchten zeitweise die gleiche Akademie, der ältere Manet kannte und schätzte den jüngeren Monet.
Édouard Manet kann nicht selbst zu den Impressionisten gezählt werden, sein etwas früher einsetzendes Schaffen nimmt eine Sonderstellung ein. Sicher kann und muss er aber als einer der wichtigsten Impulsgeber und Wegbereiter der Impressionisten betrachtet werden.
Eine kurzer biographischer Steckbrief
Édouard Manet (1832–1883) war ein französischer Maler. Als einer der ersten Künstler des 19. Jahrhunderts, der sich Themen der Moderne und des postmodernen Lebens näherte, war er eine Schlüsselfigur beim Übergang vom Realismus zum Impressionismus.
Seine frühen Meisterwerke The Luncheon on the Grass (Le déjeuner sur l’herbe) und Olympia lösten große Kontroversen aus und dienten als Sammelpunkt für die jungen Maler, die den Impressionismus schaffen sollten. Heute gelten sie als Wendepunktbilder, die die Entstehungsgeschichte der modernen Kunst markieren.
Das Frühstück im Grünen (1863) – Systematische Bildanalyse
Kindheit, Prägung und frühe Jahre
Zunächst wuchs der spätere Streiter für die Modernität in der Malerei eher traditionell heran, in einer durch und durch bürgerlichen Familie mit republikanischer Gesinnung (obwohl sein Geburtshaus bezeichnenderweise direkt gegenüber der Pariser Académie des Beaux-Arts und unweit des Louvre steht). Mit einem Richter als Vater und einer Diplomatentochter als Mutter genoss der junge Manet einen gehobenen Lebensstil und ein entsprechendes Selbstbewusstsein, fiel jedoch in der Schulzeit sowohl durch schlechtes Betragen als auch durch schlechte Leistungen auf.
Ein kunstbegeisterter Onkel erschloss dem jungen Manet nicht nur den Louvre, sondern er erkannte auch schon zu dessen Schulzeiten sein Zeichentalent und bezahlte ihm den ersten Zeichenunterricht.
Dennoch sollte und wollte Manet nach Beendigung der Schullaufbahn mit 16 Jahren zunächst Marineoffizier werden, als kleiner Ersatz für die durch schlechte Noten verschlossene juristische Laufbahn. Aber auch bei der Aufnahmeprüfung zur Marineschule fiel Manet durch.
Mit dem Ziel einer Wiederholungsprüfung im Folgejahr schiffte sich Manet 1848 auf einem Schulschiff in Richtung Brasilien ein, die Erlebnisse und die Schönheiten dieser halbjährigen Reise ließen in ihm aber nun den Wunsch entstehen, Maler und Künstler zu werden.
Künstlerische Ausbildung und Stilfindung
Unter Konflikten mit dem Elternhaus wählte er nicht die klassische Ausbildung an der Académie des Beaux-Arts, sondern ging in das Atelier eines Stars der damaligen Kunstszene, Thomas Couture.
Bereits nach kurzer Zeit begann Manet jedoch, auch dessen Lehrmethoden und unnatürliche Darstellungsweise zu kritisieren. Manet begann nun, weniger konventionell zu arbeiten, besuchte ergänzend die Académie Suisse, kopierte Gemälde im Louvre, unternahm Studienreisen und durch seinen Vater finanzierte Auslandsreisen, in deren Verlauf er einen großen Teil der wichtigsten Kunstsammlungen der Welt kennenlernte.
Erst 1856 trennte sich Manet schließlich von Couture und bezog zusammen mit dem Tiermaler Albert de Balleroy ein eigenes Atelier. Über die Arbeiten dieser bis 1859 fortdauernden Ateliergemeinschaft ist nur wenig bekannt, unter diesen ersten Bildern waren viele Kopien alter Meister, sie zeigten noch keinen ausgeprägten eigenen Stil und wurden teilweise überarbeitet, teilweise sogar vernichtet.
Sein Stil in dieser Zeit war geprägt von lockeren Pinselstrichen, Vereinfachung von Details und Unterdrückung von Übergangstönen. Er übernahm den von Gustave Courbet initiierten aktuellen Stil des Realismus und malte Der Absinthtrinker (1858–59) und andere zeitgenössische Motive wie Bettler, Sänger, Zigeuner, Menschen in Cafés und Stierkämpfe.
Die Musik in den Tuilerien ist ein frühes Beispiel für Manets malerischen Stil. Inspiriert von Hals und Velázquez ist es ein Vorbote seines lebenslangen Interesses am Thema Freizeit.
Die in dieser Zeit begonnene Freundschaft mit dem Dichter Charles Baudelaire inspirierte Manet wohl auch maßgeblich zu seinem ersten eigenständigen Gemälde, dem “Absinthtrinker”. Dieses Wer wurde von der Jury der wichtigsten Kunstveranstaltung der damaligen Zeit, dem Salon de Paris, jedoch prompt abgelehnt. Die zum nächsten Salon 1861 eingereichten Gemälde wurden schließlich angenommen. Das der damaligen Mode entsprechende Werk “Guitarrero” oder “Der spanische Sänger” fanden großen Anklang in der Kunstszene.
Gleichzeitig offenbart diese Komposition Manets Studium der alten Meister der Renaissance. Ein Werk, das von Gelehrten als wichtiger Präzedenzfall für Le déjeuner sur l’herbe angeführt wird, ist Giorgiones Pastoralkonzert Der Sturm (oder Tizians) aus dem Jahr 1509.
Manet wurde durch diesen Erfolg zu einer Art Anführer der zeitgenössischen Maler, die gemeinsam mit den angesagten Schriftstellern das Künstlerleben in Paris bestimmten. Er heiratete und pflegte in den nächsten Jahren das Leben des modernen Parisers, der Restaurants, Cafés und Varietés besuchte und im 1862 gemalten Gruppenporträt “Musik im Tuileriengarten” neben zahlreichen Größen der Zeit auch selbst zu finden war.
Dieses Gemälde war aber auch das nächste selbst bestimmte Bild Manets: Er war hier einem Aufruf Baudelaires gefolgt und hatte in Abkehr zu traditionell angemessenen Motiven das moderne Leben thematisiert. Diese Darstellung des “vie moderne” sollte Manets Schaffen von nun an charakterisieren. Der harmlosen Umsetzung von Lebensfreude in Gruppenbildern folgten freizügigere Werke, die im Salon abgelehnt wurden und in der Öffentlichkeit zum Skandal wurden.
Merkmale seiner charakteristischen Maltechniken
Was war die Brücke zwischen Realismus und Impressionismus? Es war Manets neuer Ansatz zur Malerei, seine Innovationen mit Farbe und Pinselführung.
Frühere Künstler begannen, ihre Leinwände mit einer Schicht dunkler, normalerweise brauner Farbe zu bemalen und schichteten dann Farbschichten darüber. Natürlich mussten sie warten, bis jede Schicht getrocknet war, bevor sie die nächste hinzufügten. Schließlich lasierten sie das Gemälde, um der Oberfläche ein glattes Finish zu verleihen. Dieser Prozess konnte Wochen oder Monate dauern. Offensichtlich konnten die Modelle nicht die ganze Zeit posieren, daher fügten Maler häufig Schichten hinzu, ohne dass das Modell vorhanden war.
Als Realist malte Manet am liebsten nach dem Leben – also mit seinem Modell vor sich. Er tat dies, indem er seine Gemälde in einer Sitzung fertigstellte. Wie hat er diese Hochgeschwindigkeitseffizienz erreicht? Indem Sie nicht in Schichten streichen und das Endprodukt nicht glasieren. Das bedeutete, dass er sofort die perfekte Farbe auswählen musste, da es keine Schichten gab, auf die er zurückgreifen konnte. Wenn er einen Fehler machte, kratzte er die Farbe bis auf die blanke Leinwand ab und strich dann diesen Bereich neu.
Die Impressionisten übernahmen Manets alla prima („sofort“) Technik. Ohne sie hätten sie nicht schnell genug malen können, um die wechselnden Lichteffekte einzufangen.
Manet malte auch in Farbflecken und schnitt Zwischenwerte (Farbschattierungen) aus, um schärfere Kontraste zu erzeugen. Anstatt also eine Reihe von zunehmend helleren oder dunkleren Orangetönen zu malen, um anzuzeigen, wie nah ein orangefarbenes Kleid an einer Lichtquelle ist, würde er einfach einen Fleck in leuchtendem Orange auftragen.
Diese Technik wird Tachismus genannt. (Tache bedeutet auf Französisch „Fleck“ oder „Fleck“.) Die Impressionisten modifizierten diese Technik, indem sie Manets Farbflecken in viel kleinere Flecken, Flecken und Farbtupfer auflösten.
Mit öffentlichen Skandalen zu einer völlig neuen Form der Malerei
Wie schon in The Luncheon on the Grass paraphrasierte Manet auch in seinem Gemälde Olympia (1863) ein angesehenes Werk eines Renaissance-Künstlers, ein in Pose dargestellter Akt, der auf Tizians Venus von Urbino (1538) basierte. Manet schuf Olympia als Antwort auf die Herausforderung, dem Salon ein Aktgemälde zur Ausstellung zu geben. Seine später offene Darstellung einer selbstbewussten Prostituierten wurde 1865 vom Pariser Salon angenommen, wo sie einen Skandal auslöste.
Das Gemälde war umstritten, weil der Akt einige kleine Kleidungsstücke wie eine Orchidee im Haar, ein Armband, ein Band um den Hals und Pantoffeln trägt, die alle ihre Nacktheit, Sexualität und ihren bequemen Kurtisanenlebensstil betonten. Die Orchidee, das hochgesteckte Haar, die schwarze Katze und der Blumenstrauß waren zu dieser Zeit anerkannte Symbole der Sexualität.
Der Körper dieser modernen Venus ist dünn, was den vorherrschenden Standards widerspricht, und dieser Mangel an physischem Idealismus hat die Zuschauer verärgert. Sowohl Olympias Körper als auch ihr Blick sind unverfroren konfrontativ.
Sie blickt trotzig hinaus, während ihr Diener Blumen von einem ihrer männlichen Verehrer anbietet. Obwohl ihre Hand auf ihrem Bein ruht und ihren Schambereich verdeckt, ist der Verweis auf traditionelle weibliche Tugend ironisch: Weibliche Bescheidenheit fehlt in dieser Arbeit notorisch. Wie bei Luncheon on the Grass warf das Gemälde das Problem der Prostitution im zeitgenössischen Frankreich und der Rolle der Frau in der Gesellschaft auf.
Olympia (1863) – Systematische Bildanalyse
Der grob gemalte Stil und die fotografische Beleuchtung in diesen beiden umstrittenen Werken wurden von Zeitgenossen als modern angesehen: insbesondere als Herausforderung für die Renaissance-Werke, die Manet kopierte oder als Ausgangsmaterial verwendete. Sein Werk gilt als „frühmodern“, unter anderem wegen der schwarzen Umrandung der Figuren, die die Aufmerksamkeit auf die Oberfläche der Bildfläche und die Materialität der Farbe lenkt.
Sowohl “Das Frühstück im Grünen” (1863) als auch “Olympia” (1865 im Salon vorgestellt) empörten aber nicht nur mit nackter (Frauen-)Haut, Manet ging damit auch die ersten Schritte auf dem Weg zu einer völlig neuen Form der Malerei: Er war der erste Maler, der sich von der durch sorgfältige Modellierung hervorgerufenen Illusion löste, sich ganz auf seine Augen verließ und einfach malte, was er sah.
Das erste Mal in der Geschichte der Malerei wurden Schatten farbig, wurden Reflexe genutzt, um die Farben zu gestalten. Das erste Mal in der Geschichte der Malerei wollte ein Maler abbilden, was seine Sinne wahrnahmen, und das so, wie seine Sinne es wahrnahmen.
Das war genau der Ansatz, mit dem die Impressionisten die Malerei verändern sollten, so beeinflusste Manet eine Reihe von Naturalisten unter seinen jüngeren Kollegen, aus denen sich nun die machtvolle Bewegung des Impressionismus herauskristallisierte.
Dokumentation über Édouard Manet
Spätwerk und Lebensende
Manet selbst war den jungen Künstlern des Impressionismus zwar freundschaftlich verbunden, betrachtete sich selbst jedoch nicht als zugehörig. Er verfolgte die impressionistischen Ansätze nicht konsequent weiter, sondern schuf in seinem Spätwerk auch fast traditionell anmutende Porträts und Stillleben, die dennoch andersartig genug waren, um vielfach bekrittelt und verspottet zu werden.
Erst als Manet 1883 in Paris an der Syphilis gestorben war, überschlugen sich die Kritiker sehr bald nach seinem Ableben schier im Lob des großen Malers, wie Emile Zola im Vorwort zur Manet-Gedächtnisausstellung 1884 zutiefst sarkastisch bemerkte.
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Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse