Dieser Mann hat sich seinen Rang in der Geschichte der Kunst gesichert: Gerhard Richter wurde 80 Jahre alt. Das Jahrundertgenie der Gegenwartsmalerei blickt somit auf Dekaden voll künstlerischen Schaffensdrangs und stilistischer Vielfalt zurück.
Genau diese teils provozierende Vielfalt legten seine Kritiker immer wieder als postmoderne Beliebigkeit aus. Doch Gerhard Richter hat sich als kompromissloser Könner nun längst behauptet.
Sein Bild „Betty“, ein Porträt der Tochter im rot-weiß-geblümten Mantel, sehen viele als modernes Gegenstück zur „Mona Lisa„. Richter selbst glaubt, dass es das meistgedruckte Gemälde der Gegenwartskunst ist, verbreitet auf Plakaten, Postkarten und Buchcovers.
Sein Erfolg wird belegt vor allem durch seine siebenmalige Teilnahme an der Documenta und durch Auktionspreise von bis zu 15 Millionen Euro für seine Werke. Außerdem wurde er durch eine MoMA Retrospektive im Jahre 2002 geadelt. In ihr wurde mit 188 Exponaten die dort größte jemals einem lebenden Künstler gewidmete Ausstellung gezeigt.
Der Schein ist sein Lebensthema: die Fraglichkeit allen Wissens, das wir von der Realität beanspruchen.
„Alles sehen, nichts begreifen“ lautet eine Losung des Kölner Malers, der am 9. Februar 80 Jahre alt wurde. Seinen 80. Geburtstag möchte ich nun zum Anlass nehmen, die Person Gerhard Richter und sein Werk ein wenig unter die Lupe zu nehmen.
Geboren wurde Gerhard Richter 1932 in Dresden und wuchs dann in der Oberlausitz auf. In Dresden erwarb er auch seine Grundausbildung in der Malerei, zunächst als Schriften- sowie Bühnen- und Werbemaler dann in Form eines Studiums an der dortigen Kunstakademie.
Ende Februar 1961 floh er dann über West-Berlin nach Westdeutschland. Leider blieben nur wenige seiner Kunstwerke aus seiner Zeit vor der Flucht erhalten.
Sein Kunststudium setzte Richter von 1961 bis 1964 an der Kunstakademie Düsseldorf fort. Nachdem er dann Ende der 1960er Jahre als Kunsterzieher gearbeitet hatte und 1967 Gastdozent an der Hochschule für bildende Künste Hamburg war, erhielt er 1971 an der Düsseldorfer Kunstakademie eine Professur für Malerei. Hier lehrte er bis zum Jahre 1993.
Während dieser Zeit kreuzte sich sein Weg mit Joseph Beuys, der damals sein Kollege war. Richter setzte sich für ihn ein, da Beuys vom damaligen nordrhein-westfälischen Kultusminister Johannes Rau die Lehrerlaubnis entzogen worden war.
Bald war Richter in vielen in- und ausländischen Galerien und Museen präsentiert. Gerhard Richters internationale künstlerische Anerkennung stieg in den Jahren darauf stetig an, so dass ihm in den Jahren 1993/1994 eine umfassende Retrospektive mit Stationen in Paris, Bonn, Stockholm und Madrid gewidmet wurde.
2005 schließlich wurde in Dresden das Gerhard Richter Archiv ins Leben gerufen, das unter der Leitung von Dietmar Elger, Richters langjährigem Assistenten und Biografen, neben der Erforschung von Leben und Werk des Künstlers auch ein neues Werkverzeichnis erstellt.
Richters Werk zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass er praktisch alle aktuellen Ausdrucksformen und Stile der modernen Malerei erprobte. Einflüsse für das sich nach dieser Phase entwickelnde umfangreiche Werk bezog er aus der Pop Art, aus dem Abstrakten Expressionismus, aber auch aus Neo-Dada und Fluxus.
Seit den 1960er Jahren wurde es auch typisch für Gerhard Richter, Fotografien als Vorlagen für Gemälde zu verwenden. Es handelt sich dabei oft um beiläufige Motive aus Zeitungs- und Illustriertenausschnitten (später auch auf eigenen Aufnahmen beruhend), die er abmalend vergrößert und überwiegend in Grau-Weiß auf die Leinwand übertrug und damit überhöhte. Diese dem Fotorealismus nahe Methode ist durch eine verwischt wirkende Unschärfe gekennzeichnet, die den Realismus der Vorlagen verfremdet.
In der Rezeption von Richters Werk wird betont, in welch hohem Maße Richters Œuvre voller Widersprüche und Diskontinuitäten erscheint: zwischen fotorealistischen Naturdarstellungen, den unscharfen Gemälden nach Fotografien und Gemälden höchster Abstraktion bis hin zu Glas- und Spiegelobjekten bzw. Installationen.
Es ist zu beachten, dass diese Elemente sich nicht nacheinander als Entwicklungsstränge des Werks befinden. Richter greift diese unterschiedlichen Vorgehensweisen immer wieder während seiner Schaffensphase auf. Was dieses Werk offensichtlich zusammenhält, ist Richters forschende und experimentierende Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit.
Ein Interview mit dem öffentlichkeitsscheuen Maler finden Sie hier:
Die Neue Nationalgalerie sowie die Alte Nationalgalerie in Berlin feiern seinen 80. Geburtstag mit Ausstellungen bis zum 13. Mai. Mehr Informationen zum Jahrhundertgenie Gerhard Richter finden Sie hier.
Quellen: Sueddeutsche Zeitung, Stern, HP der Staatlichen Museen zu Berlin, Wikipedia, Homepage von Gerhard Richter, Youtube
Umfangreiche Sammlung seiner Werke auf Pinterest
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.