Gustav Klimt ist gerade überall im Gespräch, an seinem 150. Todestag am 14. Juli widmete sogar Google dem momentan so begehrten Künstler ein Doodle, ein speziell gestaltetes Google-Logo.
Natürlich wurde in dieses Doodle Klimts Bild “Der Kuss” integriert, das Bild, das bereits eine phänomenale Erfolgsgeschichte als Lieblings-Druckvorlage für Möbelhauskunst hinter sich hat und momentan auch als Aufdruck auf einem Straußenei oder als Vorlage für Ausmalbilder erworben werden kann.
Mit der ungehemmten Vermarktung der mit Gold akzentuierten Bilder, die häufig auch noch Liebespaare und Blumen zeigen, wurde Klimt für Design-Puristen zum Sinnbild für Kitsch im Wohnzimmer. Eine Rolle, die ihm in Wirklichkeit nicht einmal am Rande gerecht wird.
Der größte Teil von Klimts Werk enthält kein Gold, die goldene Phase beginnt 1906 und endet 1907, ein wahrlich kleiner Ausschnitt in einer über vier Jahrzehnte währenden künstlerischen Tätigkeit.
Bis zum Beginn der goldenen Phase hatte Klimt bereits eine Karriere hinter sich und die ersten radikalen Tendenzen ahnen lassen, die ihn zu einem der Wegweiser der Kunst des neuen Jahrhunderts machen sollten: Bereits mit 14 Jahren begann er 1876 das Studium an der Wiener Kunstgewerbeschule, 1883 bezog er das erste Atelier.
In dieser Zeit fertigte er Sgraffiti (Stucktechnik mit Wandmalereien) für Museumsbauten, half bei der künstlerischen Ausgestaltung von Festzügen und Theaterbauten, malte Deckenbilder und Wandgemälde. Gegen Ende der 1880er Jahre gestaltete die Ateliergemeinschaft der Klimtbrüder mit Franz Matsch die Treppenhäuser und den Zuschauerraum des alten Wiener Burgtheaters, für diese Arbeiten erhielten die Künstler das Goldene Verdienstkreuz und Gustav Klimt den mit 400 Dukaten belohnten Kaiserpreis.
Im folgenden Jahrzehnt entfernt sich Klimt immer mehr von der traditionellen Malweise der Akademien, der erste Schritt auf der Suche nach dem eigenen Stil war 1891 der Beitritt zur „Genossenschaft bildender Künstler Wiens“.
Ab dieser Zeit ist Klimt gefangen im Konflikt zwischen neuerungsfeindlicher Überlieferung und dem Streben nach Fortschritt in der modernen Kunst. 1897 wird Klimt Mitbegründer der Wiener „Secession“, diese Künstlervereinigung will Freiheit für Kunst und Künstler, ohne staatliche Einmischung.
Bei der Arbeit für die Secession entwickelt Klimt seine zunehmend expressionistische, manchmal ornamentale und fast mosaikhafte Ausdrucksform weiter, die bereits in den kurz zuvor begonnen Fakultätsbildern für die Wiener Universität zu spüren war. Im Jahr 1900 erhält eines dieser Deckengemälde auf der Pariser Weltausstellung eine Goldmedaille.
In der Wiener Heimat lösen seine neuen Arbeiten immer häufiger scharfe Ablehnung in den konservativen Kreisen aus, die Debatten über die Fakultätsbilder entwickelten sich zum öffentlichen Streit, bis Klimt schließlich die Auslieferung dieser Werke an das Unterrichtsministerium verweigert und das bereits entrichtete Honorar zurückzahlt. 1905 führten dann auch noch Meinungsstreitigkeiten zur Spaltung der Secession und zum Austritt Klimts.
Diese Krise war für Klimt der Auftakt zur endgültigen Revolte: Er läutete 1906 mit dem Bildnis der „Fritza Riedler“ seine “goldene Periode” ein, die Einbringung des Golds war inspiriert durch seine Italienreisen Anfang der 1900er Jahre.
Die gesamte Darstellung wurde jedoch bereits beeinflusst durch seine Bekanntschaft mit wegweisenden Erneuern der Kunst wie Auguste Rodin. Diese goldene Periode war nur sehr kurz: 1907 endete diese Phase, nach der Klimt heute alleine beurteilt zu werden scheint, mit dem Porträt der Adele Bloch Bauer I (und der Kuss, sein heute über-berühmtes Gemälde, gehört natürlich auch dazu).
Die folgenden Arbeiten entwickeln sich immer weiter in Richtung Moderne, im Dialog und in der Diskussion mit anderen Zeitgrößen der Kunst. 1907 traf Klimt den Expressionisten Egon Schiele, 1908/09 organisierte er mit der „Kunstschau“ ein Forum für die moderne Wiener Kunst.
1911 erhält er auf der Internationalen Kunstausstellung in Rom einen ersten Preis für sein kontroverses Gemälde „Tod und Leben“, eine unglaublich phantasievolle Komposition mit deutlich surrealen Elementen.
1916 nahm der “Bund Österreichischer Künstler” unter seiner Präsidentschaft zusammen mit Egon Schiele, Oskar Kokoschka und Anton Faistauer an einer Ausstellung in der Berliner Secession teil. Klimt war damit neben Schiele und Kokoschka der Künstler, der am meisten dafür getan hatte, dass auch das kaiserlich-kleinbürgerliche Wien in die künstlerische Moderne aufbrach.
Klimt hat also keinen Kitsch gemalt, sondern Provokationen und radikale Neuerungen in die Kunst der damaligen Zeit gebracht. Mit einem ganz neuen und deutlich thematisierten Verhältnis zur Erotik und manchmal auch mit einem kräftigen Schuss Ironie: Die “Goldfische” von 1902 waren Klimts Antwort auf die Kritik der Traditionalisten an den Fakultätsbildern – die verschmitzt lachende Nymphe dreht dem Betrachter hier ganz unverblümt ihren herrlichen Hintern zu.
Haben Sie noch alte Kunstbücher zu Hause, die mehr von Klimt zeigen als den sattsam bekannten Kuss und seine golden getupften Begleiter? Wenn Sie diese Werke auf Kunstplaza einstellen, gibt es bestimmt Enthusiasten, die sich freuen, andere Werke von diesem widersprüchlichen Künstler kennenzulernen!
Zahlreiche Kunstwerke von Gustav Klimt können Sie auf folgender Pinnwand durchstöbern:
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse