- Isa Genzken: Eine Künstlerin an der Spitze – der (vor vor-)letzten Männerdomäne
- Isa Genzken: Schwer zu verstehende Kunst?
Stichworte: Kunst verstehen, Isa Genzkens Rose, Die Lüge der einfachen Lösungen, Der Sinn von Kunst, Vielfalt der Bildhauerei
Bei den oben zerpflückten Suchergebnissen war ein Artikel dabei, nach dem Isa Genzken geäußert habe, dass ihre Kunst schwer zu verstehen sei.
Da hat sie sicher recht, Isa Genzken hat die Kunst-Welt nicht einfach mit großen, bunten (Ballon-) Tieren oder ähnlich plakativer Markenkunst gelockt (und geblockt), sondern in rund 50 Jahren mit kaum versiegender Energie und noch mehr Neugier ein unglaublich vielgestaltiges und vielschichtiges Werk geschaffen.
Genzken zählt zu den konstruktivsten, aber auch variantenreichsten Bildhauern der Gegenwart; sie kann und will keine einfachen Lösungen liefern, sondern fordert von den Rezipienten ihrer Kunst nachdrücklich eigene Denkleistungen.
Damit ist ihre Kunst auch nicht gut für einfache, schnelle Interpretationsversuche durch mediale Kunstexperten und leistungs-/veröffentlichungsorientierte Kunstwissenschaftler geeignet; was zu Isa-Genzken-Kunst an missglückten Interpretationsversuchen abgelassen wurde, könnte einen dicken Band Kunst-Satire füllen.
Genzken hat eine Fülle von Geschichten zu erzählen; da ihr Denken lebenslang lebendig blieb, haben diese Geschichten in jedem Ausstellungsprojekt neue Inhalte. Da sie die „Materialien unserer Welt“ konsequent durchprobiert und bei der Verarbeitung dieser Materialien genauso hartnäckig die verschiedensten Experimente integriert, bekommt auch jede dieser Geschichten ihr exklusiv zugeschnittenes Layout (das selbstverständlich auch der jeweiligen Umgebung angepasst wird).
Wenn ein Künstler nicht in frühen Jahren seine einfach zu interpretierende Marke findet, sondern seine Kunst lebenslang weiterentwickelt, ist das zwar im Sinne der Kunst, aber nicht im Sinne der Menschen, die Kunst wie andere Produkte konsumieren wollen. Die beschränkte Sinnhaftigkeit der meisten Konsumartikel fällt diesen Menschen überhaupt nicht auf; wenn sie durch ein Kunstwerk zur Sinnsuche aufgefordert werden, sind sie restlos überfordert.
Wie leicht, die Schuld dafür bei einer Künstlerin zu suchen, deren Kunst sich einfachen Deutungen entzieht … Für Journalisten, die ihren Job mit einem Minimum an Aufwand ausüben müssen oder wollen, ist Isa Genzken dann eben „unberechenbar“.
Somit ist Genzken-Kunst schwer zu verstehen; aber Weggucken ist für denkende Menschen nun einmal nicht die Lösung, wenn es schwierig wird. Für nicht denkende Menschen schon, oder negatives Wirken über Weggucken hinaus, das anschließend allen schadet. Aber noch gibt es Massen von Menschen da draußen, die in unserer Dumme-mit-viel-Geld-nach-vorne-Zeit langsam verzweifeln und möchten, das Isa Genzkens und andere Kunst genau so „schwierig“ bleibt.
Die „Rose“ von Isa Genzken ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie einfach Isa Genzkens Kunst erscheinen kann und wie trügerisch diese Einfachheit ist. Erstmals wurde die Rose 1993 in Baden Baden in den Park der Villa Schriever gestellt (Auftrag Frieder Burda, Sitz der Stiftung Frieder Burda) – eine ganz realistische rote Rose, die bloß einfach ins Gigantische vergrößert wurde.
Doch diese Rose ist Isa Genzken-Handschrift und nicht auf den ersten Blick zu lesen. Die mit 8 Metern irgendwo auf Höhe erster Stock Villa endende Rose kann das Haus verdecken, so schmal sie auch ist: Bild anzeigen (Hier klicken)
Sie kann mit dem Haus zur Einheit zwei gleichwertiger Partner verschmelzen: Bild anzeigen
Sie kann sich auch ganz in den Hintergrund zurückziehen, zart und bescheiden wie eine Rose eben ist (und schafft es, genau dies im Vordergrund zu tun).
Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose? Mitnichten, noch nicht einmal ein Genzken ist ein Genzken ist ein Genzken; und das mit der Rose stimmte sowieso noch nicht mal im Gedicht, aus dem der Spruch stammt.
Denn die „Rose“ wandert weiter und steht 1997 vor dem neuen Leipziger Messegelände, bit.ly/2Agp8wx; wirkt erst einmal wie ein Platz, an dem die Rose richtig gut zur Geltung kommt.
Und doch nutzt die „Rose“ die moderne Gebäudekonstruktion, um in strahlendem Glanz darauf hinzuweisen, dass es eben solche Gebäudekonstruktion mit ihren Vorfeldern, Umfeldern, Zufahrten, Parkplätzen, Erholungsarealen, Toiletten und Mülllagern sind, die die Natur auf seltene Exemplare einsamer Schönheit reduzieren …
Die Ansicht der „Rose“ aus Besucher-Perspektive bildet den Gipfel der Ironie. Tatsächlich steht die Rose nämlich an einem Ort, an dem sie während der Besucherzeiten – also während der Zeiten, an denen die Menschen vor Ort sind, für die diese Rose als öffentliches Kunstwerk dort steht – maximal schlecht zur Geltung kommt– es ist eben nur eine einzige in all ihrer Größe sehr kleine Rose, gegenüber Quadratkilometern Landschaft, die durch hässliche Funktions-Architektur zerstört wurden.
Oder fast maximal schlecht zur Geltung kommt; das New Yorker New Museum of Contemporary Art kann überbieten: Dort wurde 2011 im Rahmen des „Façade Sculpture Program“ eine Replik der Leipziger Rose aufgestellt, hier kommt „Rose II“ gerade an: Bild anzeigen, schöner wird’s nicht: Bild anzeigen, auch nicht mit einem Schiff an der Fassade: Bild anzeigen.
Es gibt halt Fassaden, bei denen weder Rosen noch Schiffe, sondern nur Totalsanierung des gesamten Umfelds was reißen könnte (das Museum selbst ist toll, aber die Wirkung eines Designs hängt über Stichhaltigkeit oder Verwirrtheit der verschiedensten Broken-Windows-Theorien hinaus eben doch sehr vom Detail ab). Diese Totalsanierung fällt aber aus und sollte wohl auch besser ausfallen, weil die begehrten Innenstadt-Häuser längst psychopathischen Gesellschafts-Parasiten gehören, die sich hinter Immobilienfirmen verstecken und Sanierungsmaßnahmen selbstverständlich von anderen bezahlen lassen (ob direkt vom Bürger oder über den Umweg Staat).
Hier noch einige Vorschläge des art online magazins Hyperallergic: Bild anzeigen zur Aufstellung der Rose. Es gibt noch mehr ewig blühende Rosen von Isa Genzken, vor einem Art Center in Tokyo z. B., und auch auf der Ausstellung ‚Isa Genzken. I Love Michael Asher,‘ soll vor kurzen Rose III in Los Angeles gesichtet worden sein …
Die Annahme, dass die am Museum anliegenden Innenstadt-Häuser längst nicht mehr den gesellschaftsfreundlichsten Individuen oder Firmen gehören, liegt nahe, vor allem nachdem die amerikanische Gesellschaft bei der letzten Wahl eindrucksvollen Drang zur Selbstschädigung bewiesen hat. Warum Angst und Neid zu selbstzerstörerischem Verhalten führen, ist leider noch nicht endgültig erforscht.
Der freiwillige Abstieg in die (geistige) Unterklasse könnte damit zusammenhängen, dass die Nahrungsenergie durch zu große Fettmassen nicht mehr bis zum Gehirn kommt oder dass Gier ganz tatsächlich neurologisch wirksam Hirn frisst. Vielleicht macht sich auch schon bemerkbar, dass die Intelligenz ohnehin gleichmäßig abnimmt, seitdem Flammschutzmittel und Pestizide und unzählige weitere in Auswirkungen auf menschliche Körper unzureichend erforschte neue Chemikalien in fast alle Produkte des Massenhandels geblasen werden.
Für die letzten 2 Jahrzehnte kann diese Tatsache wissenschaftlich nachgewiesen werden, siehe: „Umwelthormone – Verlieren wir den Verstand?“ (ARTE Dokumentation von 2017, Regie Thierry de Lestrade, Sylvie Gilman, aber die Einwirkungen haben lange vorher begonnen.
Wie dieser Drang zur Selbstzerstörung gestoppt werden kann, ist erst recht nicht erforscht; aber Isa Genzken kann bestimmt nichts dafür, die hat schon vor einigen Jahrzehnten in der nahe des Doms gelegenen Kölner Bismarckstraße um (überteuerte) Galeriefläche gekämpft und hätte die New Yorker Fassaden vermutlich am liebsten mit Fantasie und Farbe in ein passendes Umfeld für ihre Rose (und damit auch für Menschen) verwandelt.
Aber irgendwie hat die Rose auch so gewirkt, sonst könnten/würden wir Betrachter nicht 2 Jahrzehnte später zu rätseln beginnen, ob es auf solche Ausrufezeichen in Form von Kunstwerken zurückgeht, dass die ersten Städte (z. B. Berlin) bei geeigneten Neubauten auf Dach- und Fassadenbegrünung bestehen.
Welche Ausrufezeichen hinter den vielen anderen Kunstwerken von Isa Genzken stehen, die auch im öffentlichen Raum zu bewundern sind, überlassen wir Ihrer Entdeckung. Für die Menschen, die vom Training im Fitnessstudio bereits in den Bereich Gehirntraining vorgedrungen sind, steht hier eine lange sinnvolle Beschäftigung bietende, lohnende Spielwiese bereit.
Im Artikel zu Isa Genzkens Kunstausbildung erfahren Sie, welche umfassenden Kenntnisse Isa Genzken vor Anlage dieser Spielwiese erwarb.
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse