Kinder lieben Miró, und Erwachsene, die sich eine kindliche Unmittelbarkeit und Neugier der Rezeption von Bildsprache erhalten haben, lieben ihn auch. Joàn Miró hat sehr viele Bilder gemalt, die einfach heiter stimmen, obwohl (oder gerade weil) er sich seine künstlerische Laufbahn hart erkämpfen musste:
Joàn Miró wurde 1893 als Sohn eines Handwerkers in Barcelona geboren, die kleinbürgerliche Familie setzte den künstlerischen Ambitionen des jungen Joàn anfangs entschiedenen Widerstand entgegen. So musste er zunächst eine kaufmännische Ausbildung absolvieren und als Buchhalter arbeiten, erst ein Nervenzusammenbruch verbunden mit einer Typhuserkrankung brachte seine Familie zum Umdenken.
Miro durfte sich nun 1912 an der privaten Kunstschule Escola d’Art des fortschrittlichen Francesc Galí einschreiben, die er von 1912 bis 1915 besuchte. Galí führte den seiner Meinung nach hochbegabten Schüler in die moderne französische Kunst ein und machte ihn mit der Architektur Antoni Gaudís bekannt.
Im gleichen Jahr lernte Miró auch die Werke der Kubisten kennen (Marcel Duchamp, Juan Gris, Albert Gleizes, Marie Laurencin, Jean Metzinger und Fernand Léger). Parallel besuchte Miró bis 1918 auch die freie Zeichenakademie “Cercle Artistic de Sant Lluc“, die der Avantgarde gegenüber eher zurückhaltend eingestellt war, teilweise verzweifelte Miró damals in diesem Zwiespalt an seiner Arbeit: “Manchmal schlug ich, verzweifelt wie ich war, den Kopf gegen die Wand“, wird er später aus dieser Zeit zitiert.
Aber schon 1915 richtet sich Miró zusammen mit E. C. Ricart in Barcelona ein erstes Atelier ein, ab 1916 wird er vom Kunsthändler Josep Dalmau gefördert, 1917 führte Francis Picabia ihn in den Kreis der Dadaisten ein.
1918 hatte Miró in den Galerías Dalmau in Barcelona seine erste Einzelausstellung, er gründete nun zusammen mit Ricart, Francesc Domingo, J. F. Ràfols und Rafael Sala eine Künstlergruppe, die nach dem progressiven Gustave Courbet benannt wurde und ihm nacheifern wollte.
Die gemeinsamen Ausstellungen zeigten höchst lebendige und farbenfrohe Werke, waren aber nicht sehr erfolgreich. 1918 reiste Miró aber auch erstmals nach Paris, wo er Pablo Picasso ein Bild verkaufen konnte, Ende 1920 bezog er in Paris ein Atelier, 1921 hatte er seine erste, ebenfalls nicht sehr erfolgreiche Einzelausstellung in Paris.
Auch Hemingway kaufte in dieser Zeit ein Bild von Miró, der sich inzwischen den Surrealisten angeschlossen hatte, jedoch unter ihnen ein stiller Außenseiter blieb. Er stellte jedoch 1925 mit den Surrealisten aus, hatte gleichzeitig seine zweite Einzelausstellung und durfte 1926 mit Max Ernst am Bühnenbild und an den Kostümen für Djagilews Ballett Romeo and Juliet mitarbeiten, er wurde langsam immer bekannter.
Als er 1927 ein Atelier am Montmartre bezog, waren René Magritte, Hans Arp, Max Ernst und Paul Éluard seine Nachbarn. 1928 lernte er auch die Bildhauer Alexander Calder und Alberto Giacometti kennen, die lebenslang seine Freunde bleiben sollten und seine Werke beeinflussen sollten. 1929 ging es auf Mirós Anregung zurück, dass sich Salvador Dalí der Gruppe der Surrealisten in Paris anschloss, im gleichen Jahr heiratete Miró und wurde 1931 Vater einer Tochter.
Miró wandte sich nun endgültig von der herkömmlichen Malerei ab, die als gekauftes, aber nicht betrachtetes Statussymbol im großbürgerlichen Wohnzimmer ihren Platz fand. Das beeinflusste nicht nur die Wahl seiner Themen und Materialien, sondern es zeigt auch jetzt schon deutlich Mirós rebellische Haltung gegenüber der kommerzialisierten Kunst, wenn er von der „assassinat de la peinture“ (der “Ermordung der Malerei”) spricht.
Die nächste große Ausstellung war nun erst 1936, in der Miró aber zusammen mit Größen wie Pablo Picasso, Max Ernst, Alberto Giacometti, Hans Arp, Salvador Dalí, Yves Tanguy und Meret Oppenheim gezeigt wurde. Schon kurz darauf konnte er sich an einer Ausstellung im Museum of Modern Art in New York und an einer internationalen Surrealistenausstellung in London beteiligen.
Nun ging es aufwärts, 1937 wurde Miró mit einem Monumentalgemälde und einem Ausstellungsplakat für den spanischen Pavillon der Weltausstellung in Paris beauftragt, 1938 folgte die “Exposition Internationale du Surréalisme” in der Galerie Beaux-Arts in Paris. Als Frankreich 1940 durch die deutschen Truppen besetzt wurde, kehrte Miró nach Spanien in sein Geburtshaus zurück und arbeitete dort.
Ab 1944 fertigte er zusammen mit dem katalanischen Keramiker Josep Llorens i Artigas Keramikarbeiten an. 1947 wurde Miró in die Vereinigten Staaten eingeladen, wo er ein Wandbild für ein Hotel in Cincinnati entwarf, gleichzeitig wurden seine Bilder auf einer Surrealisten-Ausstellung in Paris gezeigt.
1948 kehrte er selbst nach Paris zurück, wo gerade seine Keramikskulpturen ausgestellt wurden, und verbrachte dort einige arbeitsreiche Jahre.
1956 zieht sich Miró nach Palma de Mallorca zurück und arbeitet in den folgenden Jahren hauptsächlich an Skulpturen. Bis 1960 arbeitet er noch mehrfach für und in Amerika, 1968 wird sein 75. Geburtstag mit einer Ausstellung und vielen Ehrenbezeugungen gefeiert.
Dann kam seine letzte Zeit, eine Zeit des Zorns, in der er sich gegen eine Vereinnahmung durch Francos Behörden und gegen eine Kommerzialisierung seiner Werke durch Designer und Plakatmaler wehrte.
Die “Ermordung der Malerei” erreicht 1973 ihren Höhepunkt in der fünfteiligen Serie “Verbrannte Leinwände”, bei denen Miró ganze Flächen mit einer Lötlampe herausschneidet.
Auf die Frage nach dem Motiv für die Brachialgewalt sagte Miró später: “… war der wahre Grund der, dass ich mir einfach das Vergnügen gönnen wollte, den Leuten, die in der Kunst allein ihren kommerziellen Wert sehen – all denjenigen also, die glauben und behaupten, dass ihre Werke ein Vermögen wert sind, einmal ‚Scheiße!‘ entgegenzurufen.“
In Sorge um seine kreative Hinterlassenschaft versetzte ihn auch die rege Bautätigkeit, die Mallorca im Touristenstrom immer mehr entstellt, so übergab er einen Teil seines Besitzes zunächst als Schenkung der Stadtverwaltung von Palma, aus der 1981 eine Stiftung entstand, die Fundació Pilar i Joan Miró a Mallorca.
Bereits 1971 hatte Miró die Gründung einer ersten Stiftung initiiert, die 1975 unter dem Namen Fundació Joan Miró in Barcelona eröffnet wurde. Joàn Miró konnte im April 1983 noch die Ausstellungen, Publikationen und Ehrungen erleben, mit denen er an seinem 90. Geburtstag weltweit gefeiert wurde, bevor im Dezember 1983 in Palma de Mallorca starb.
In seinem langen und bewegten Leben hat Miró eine unglaubliche Zahl an Werken geschaffen: Um 2000 Ölgemälde, etwa 500 Skulpturen und ca. 400 Keramiken werden durch rund 5000 Collagen und Zeichnungen und ein grafisches Werk von etwa 3500 Arbeiten ergänzt.
Joàn Miró malte nicht nur, er erschuf “Bild-Gedichte”, wunderschön und rätselhaft und voll von Symbolen wie Blumen und Schnecken, Frauen und Sternen sind.
Diese Symbole stehen bei Miró für die essenziellen Bereiche Kosmos und Mensch, Flora und Fauna, mit denen er sich sein ganzes Leben beschäftigt hatte.
Nur das mit dem Kampf gegen die Kommerzialisierung hat nicht so ganz geklappt: Mirós “Étoile Bleue” wurde im Juni 2012 für 29 Millionen Euro bei Sotheby’s in London versteigert und hat sich damit unter die 50 teuersten Gemälde der Welt eingereiht.
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse