Unter seinem ursprünglichen Name Emmanuel Radnitzky am 27. August 1890 in Philadelphia, Pennsylvania (USA) geboren, wurde der Jahrhundertkünstler unter seinem Pseudonym Man Ray zu einem der bedeutendsten Fotografen der Geschichte. Er zeigte seine schöpferische Kraft außerdem auch als Maler und Filmemacher. Als einziger Amerikaner spielte er sowohl in der dadaistischen als auch in der surrealistischen Bewegung eine wichtige Rolle.
Als Sohn jüdischer Einwanderer – sein Vater war Schneider und seine Mutter Schneiderin – wuchs Radnitzky in New York City auf, wo er Architektur, Ingenieurwesen und Kunst studierte und Maler wurde. Bereits 1911 nahm er das Pseudonym Man Ray an. Als junger Mann war er regelmäßiger Besucher der Galerie „291“ von Alfred Stieglitz, wo er mit aktuellen Kunstströmungen in Berührung kam und sich früh mit der Fotografie beschäftigte.
Man Ray ist einzigartig im Erfindungsreichtum seiner Fotografie, die häufig geheimnisvolle Ausstrahlung seiner Werke hat einige seiner Fotografien zu Jahrhundertwerken gemacht, die fast jeder Mensch kennt.
Dabei kann man Man Ray nun wirklich nicht auf das Fach Fotografie beschränken, obwohl er zweifellos zu den bedeutendsten Fotografen des letzten Jahrhunderts gehört.
Denn Man Ray hat von seinem Vater, einem Schneider, bereits als Kind Sticken und die Patchwork-Nähtechnik gelernt, er besuchte als junger Erwachsener verschiedene Kunstschulen in New York, wo er unter anderem Aktmalerei studierte, und arbeitete als Kalligraf und Landkartenzeichner, bevor er seine künstlerische Laufbahn zunächst als Maler begann.
Malerei des Man Ray – Experimente in vielen Stilen
In seiner Malerei testete er die verschiedensten Malstile, bis er über Werke im impressionistischen Stil und Landschaften, die vom Expressionismus beeinflusst wurden, zu einer eigenen Ausdrucksweise fand. Elemente dieses Stils, der sich am Futurismus und am Kubismus orientierte, sollte er ein Leben lang bewahren.
Seine berühmtesten überlieferten Werke sind jedoch nicht seine Bilder, sondern seine Fotografien, bereits 1914 erwarb Man Ray den ersten Fotoapparat, damals war er 24 Jahre alt. Er hatte zu dieser Zeit seine erste Einzelausstellung als Maler, während der er Marcel Duchamp und Francis Picabia kennenlernte, die Man Ray zum Experiment mit Objekten und zur intensiven Beschäftigung mit Fotografie und Film anregten.
Ähnlich wie Duchamp begann auch Man Ray mit der Produktion von Readymades, kommerziell hergestellten Objekten, die er als Kunstwerke bezeichnete. Zu seinen bekanntesten Readymades gehört „The Gift (1921)“, ein Bügeleisen mit einer Reihe von Reißnägeln, die an der Unterseite festgeklebt sind.
Rayographien – Fotokunst aus der eigenen Dunkelkammer
Um 1919 begann Ray, seine Fotografien in der Dunkelkammer selbst zu bearbeiten. Er entwickelte das von ihm “Rayographie” benannte Verfahren, die Rayographien wurden begeistert aufgenommen und machten Man Ray auch in der europäischen Avantgarde bekannt. In den 1920er Jahre schuf Man Ray seine bedeutendsten fotografischen Werke, deren Namen den Kunstkennern bis heute bekannt sind:
- “The Enigma of Isidore Ducasse” oder “The Riddle” (1920)
- “Marquise Casati” (1922)
- “Le Violon d’Ingres” (1924),
- “Noire et blanche” (1926),
- “L’œuf et le coquillage” (1931)
- “A l’heure de l’observatoire – Les Amoureux” (1933)
um nur einige zu nennen.
Zu Beginn dieser Zeit hatte sich Man Ray in seiner Heimat gründlich mit dem amerikanischen Dadaismus beschäftigt und war zu dessen Hauptvertreter geworden. Er hielt die New Yorker Kunstszene der damaligen Zeit für ignorant im Gegensatz zur progressiven Kunstwelt in Europa, 1922 folgte er seinen Freunden Picabia und Duchamp nach Paris.
Hier porträtierte er wohl alle wichtigen Künstler der Zeit, auch diese Porträts sind heute gefragte Kunstwerke. Vor allem wandte er sich jedoch der Aktfotografie zu, neben seinem wohl berühmtesten Werk “Le Violon d’Ingres” entstanden in der Folgezeit zahlreiche berühmte Aktfotos in den surrealen bzw. traumhaften Arrangements, für die er bekannt war.
Man Ray beschäftigte sich auch mit Mode- und Porträtfotografie und machte eine praktisch vollständige fotografische Dokumentation der Berühmtheiten des Pariser Kulturlebens in den 1920er und 30er Jahren. Viele seiner Fotografien wurden in Zeitschriften wie Harper’s Bazaar, Vu und Vogue veröffentlicht.
Er produzierte auch weiterhin Ready-mades. Eines davon, ein Metronom mit einem am Pendel befestigten Foto eines Auges, hieß Object to Be Destroyed (1923) – was es 1957 von Anti-Dada-Randalierern auch tatsächlich wurde.
Man Ray drehte auch Filme. In einem Kurzfilm, Le Retour à la raison (1923; Rückkehr zur Vernunft), wendete er die Rayograph-Technik auf Kinofilme an, indem er Muster mit Salz, Pfeffer, Reißnägeln und Stecknadeln herstellte. Zu seinen weiteren Filmen gehören Anémic cinéma (1926; in Zusammenarbeit mit Duchamp) und L’Étoile de mer (1928–29; „Stern des Meeres“), der als surrealistischer Klassiker gilt.
Etwa zur gleichen Zeit führten Man Rays Experimente mit der Fotografie ihn ins Zentrum der aufstrebenden surrealistischen Bewegung in Paris. Unter der Leitung von André Breton versuchte der Surrealismus, das unheimliche Laufen unter vertrauten Erscheinungen im täglichen Leben aufzudecken. Gut geeignet dafür erwies sich Man Ray in Arbeiten wie Anatomies, in denen er durch Rahmung und schräges Licht den Hals einer Frau in eine ungewohnte, phallische Form verwandelte.
In den 1920er und 1930er Jahren trug er Fotografien zu den drei großen surrealistischen Zeitschriften bei und konstruierte auch surrealistische Objekte wie The Gift, in dem er ein Haushaltswerkzeug (ein Bügeleisen) in ein Instrument potenzieller Gewalt verwandelte, und Indestructible Object (oder Object to Be Destroyed), ein Metronom, an dessen Schwingarm ein Foto eines Auges angebracht ist, das mehrmals zerstört und wiederhergestellt wurde.
Ihren Höhepunkt erreichte Man Rays Schaffenskraft während der Arbeit mit der schönen und intellektuellen Lee Miller zu Beginn der 1930er Jahre, mit der ihn auch eine Liebesbeziehung verband. Das war zwar nicht die erste Beziehung zu einem seiner Modelle, aber eine entscheidende, mit durchaus obsessiven Komponenten.
So entscheidend, dass Lee Millers Aufbruch nach New York (1932) zu einem kreativen Einbruch in Rays künstlerischer Arbeit führte, den er noch nicht überwunden hatte, als er 1940 den Kriegswirren und der damit einhergehenden Ausländerfeindlichkeit in Europa den Rücken kehrte und ebenfalls in die USA zurückkehrte.
USA und wieder zurück nach Paris
In den USA war Man Ray unbekannt, so erregten die Arbeiten der daheimgebliebenen Fotografen mehr Interesse bei den Kunstinteressierten, mit seinem Schaffen in den USA konnte Ray ein Jahrzehnt lang keine große Resonanz hervorrufen. Deshalb kehrte er 1951 wieder nach Paris zurück, wo er bis zu seinem Tod 1976 nur noch vereinzelt künstlerisch in Erscheinung trat.
Unabhängig von den erwähnten Höhepunkten seines Schaffens zeichnet der Lebensweg von Man Ray sich vor allem durch eines aus: Er hat sich nie nur auf ein Medium beschränkt, er hat nicht nur fotografiert, sondern auch gemalt, Objekte und Filme gemacht, und er war immer umgeben von vielen Künstlern seiner Zeit und für neue Einflüsse offen.
So konnte Man Ray einen entscheiden Einfluss auf die moderne Fotografie ausüben. Ihm werden jedoch auch stilistische Einflüsse auf den modernen Film und die Vorwegnahme von Ideen zugeschrieben, die wenig später in der Malerei gefeiert werden sollten. Wie es eben einem Mann gebührt, der nach eigener Aussage “geradezu eine Abneigung gegenüber Gemälden hatte, bei denen kein Raum für eigene Überlegungen blieb“.
In dem folgenden kleinen Video sehen Sie das Grab von Man Ray und einige seiner beeindruckendsten Fotografien:
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Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse