Markus Lüpertz wurde mitten im Krieg in Reichenberg geboren, im April 1941, das seit Mai 1945 unter dem Namen Liberec zur wiedererrichteten Tschechoslowakei gehört, Familie Lüpertz flüchtete daraufhin 1948 ins Rheinland.
Nach dieser Erschütterung in frühester Jugend startete Lüpertz Karriere zögerlich, bald jedoch um so nachhaltiger: Nachdem er aus einer Lehre als Maler von Flaschenetiketten wegen “Mangel an Talent” entlassen wurde und die zweite Lehre bei einem Gebrauchsgrafiker an dessen Konkurs scheiterte, entschied er sich lieber für eine akademische Laufbahn.
Die durchaus Bezug zu den handwerklichen Grundlagen der Kunst herstellte: Lüpertz hatte die Werkkunstschule Krefeld als Ausbildungsstätte gewählt, hier erhielt er einen Unterricht, der alle Facetten der darstellenden Kunst umfasste.
Während des Studiums (1956 bis 1961) jobbte er auch beim Bau, durchlebte nach eigener Aussage eine “fanatisch religiöse Zeit” während eines Studienaufenthalts im Kloster Maria Laach und verbrachte ein Semester an der Kunstakademie Düsseldorf.
Lüpertz Schaffen während des kurzen Akademiebesuchs konnte seine Professoren nicht begeistern. Der Künstler selbst beschrieb den Besuch der Akademie später als “riesiges Fiasko”, ab 1961 versuchte er sich deshalb in Düsseldorf als freischaffender Künstler. Vielleicht kam der Erfolg nicht schnell genug, vielleicht rief das Abenteuer: Lüpertz brach mit Freunden nach Frankreich auf, wo er auf einem Schiff anheuern wollte.
Da gerade keines fuhr und er kein Geld hatte, verpflichtete er sich stattdessen bei der französischen Fremdenlegion. Dann merkte er, dass eine Grundausbildung dort in einen Kriegseinsatz führen konnte, als er nach Algerien abkommandiert werden sollte, desertierte er.
Nun zog es Lüpertz nach West-Berlin, wodurch ihm ein weiterer Wehrdienst im Heimatland erspart blieb, hier konnte er aber auch seine malerische Laufbahn in erfolgreichere Bahnen lenken. Er gründete 1964 zusammen mit 15 Studenten der Hochschule der Künste Berlin (u. a. Hans Jürgen Burggaller, Karl Horst Hödicke, Peter Sorge und Arnulf Spengler) eine der ersten der sogenannten Produzentengalerien, eine von den Künstlern selbst geführte Galerie, nach der Adresse „Großgörschen 35“ benannt.
Lüpertz konnte nun erste Erfolge verzeichnen: 1969 stellte ihn der Direktor der Baden-Badener Kunsthalle ihn in einer Talentschau vor, 1970 erhielt er den Villa-Romana-Preis, der mit einem Jahr Stipendium in Florenz verbunden war, 1974 organisierte Lüpertz die 1. Biennale Berlin.
Das politische Leben Berlins, die 68er-Bewegung, blieb ihm eher fremd, nach seinem Wegzug sollte er seine Sicht Berlins in einem Gedicht wie folgt beschreiben: “Das dunkle Berlin bestimmte mein Leben – Die kalten Nächte und ungeheizten Ateliers – Die große Straße, die Eckkneipe, die Ruhmlosigkeit” Über sein Ziel dichtete er: “Und Karlsruhe lockte mich, den Dreißigjährigen – Und die Stadt und die Möglichkeiten knipsten das Licht an – Wärmten mich mit südlichem Charme – Und idyllischen Plätzen“
Das war, nachdem Lüpertz 1974 eine Professur für Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe angenommen hatte, die badische Gemütlichkeit sollte ihm allerdings zu mehr Ruhm verhelfen:
Bis 1986 war er Professor in Karlsruhe, wechselte dann als Professor an die Kunstakademie Düsseldorf, zu deren Rektor er 1988 berufen wurde. Dort konnte er eine lange Amtszeit durchleben, über 20 Jahre leitete er diese zu den bedeutendsten deutschen Akademien gehörende Kunststätte. Hier entsprangen die meisten Documenta-Teilnehmer, hier besetzte Lüpertz offene Stellen mit Künstlern wie Jörg Immendorff, Jannis Kounellis, Rosemarie Trockel, A. R. Penck, Tal R, Jeff Wall, Albert Oehlen, Georg Herold, Albert Oehlen, Tony Cragg und Peter Doigg.
Lüpertz besann sich in der Diskussion um Hochschulreformen immer auf seine Herkunft aus einer Werkkunstschule, er lehrte für die Anfänger striktes Erlernen handwerklicher Grundlagen und setzte für die Kunsthochschulen Deutschlands (bis heute weitgehend erhalten) den Erhalt des Klassensystems durch.
Heute lebt und arbeitet Lüpertz in Karlsruhe und Düsseldorf, Teltow bei Berlin und Florenz.Die Preise für seine Bilder sind nur auf Anfrage zu erfahren, Siebdrucke werden für vierstellige Summen verkauft, winzige Skulpturen von ihm schlagen manchen Kleinwagen im Preis, man könnte sagen, es geht ihm richtig gut.
Vielleicht sind die Werke, die Lüpertz als Maler, Grafiker und Bildhauer geschaffen hat, wirklich so außergewöhnlich, wie sie von vielen der Anhänger des Kunstbetriebes wahrgenommen werden. Vielleicht hat der glatte Verlauf seiner Karriere auch damit zu tun, dass Markus Lüpertz nicht gerade zu den bescheidensten Künstlern unserer Zeit zu rechnen ist.
Wenn es stimmt, dass der zu Recht am meisten beachtet wird, der am lautesten von sich reden macht, ist Markus Lüpertz unbestritten hochbegabt. Schon in seiner frühen Zeit waren Aussprüche wie „Es geht kein Weg vorbei, es gibt kein Mittel gegen mich.“ (1973) von ihm zu hören, auch Sätze wie „Der Künstler ist das Beste, Schönste und Großartigste, was die Gesellschaft hat“ gehen öfter über die Lippen des “Genies”, wie er sich selbst gerne einstuft, und damit meint er vor allem sich selbst.
Allerdings hat man heute, wo man überschwemmt wird von Firmen und Menschen, die Großes von sich behaupten, auch gelernt, dass hinter der Selbstdarstellung der Lautesten eben nicht unbedingt die höchste Qualität verborgen sein muss.
So haben die Arbeiten von Lüpertz auch viele Kritiker, die ihm zum Beispiel ein “motivisches Tourette-Syndrom” unterstellen und ihn auch schon mal als “gewieften Selbstdarsteller, Modestenz und Fotoposeur, Meister der Schlenker und Regisseur der Schludrigkeit“ bezeichnen.
Da ist es nur gut, dass Kritik Lüpertz ohnehin nicht so sehr interessiert – wie er schon von seinen Studenten nicht mehr als “Unterwerfung und Bewunderung” verlangte, ist ihm auch, was andere über ihn denken, vollkommen gleichgültig.
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse