Was Physik mit Kunst zu tun hat? Eine ganze Menge, eigentlich genau so viel, wie Physik auch mit Natur zu tun hat. Mit der Natur beschäftigen sich viele Künstler, mit der Physik in der Natur eher wenige.
Olafur Eliasson tut genau das – und schafft wunderschöne Kunstwerke, indem er die physikalischen Phänomene im Licht und in der Bewegung, im Wasser und in den Reflexionen der Stoffe zu Kunstobjekten umsetzt, die den Betrachter faszinieren.
Eliasson wurde am 5. Februar 1967 in Kopenhagen geboren, dann zogen seine isländischen Eltern von der dänischen Hauptstadt zurück auf die Heimatinsel, wo Eliasson seine Kindheit verbrachte.
Das Heranwachsen in der isländischen Kleinstadt Hafnarfjördur, einer Hafenstadt an der nordatlantischen Südwestküste Islands, war der künstlerischen Phantasie des inspirierten Künstlers sicher nicht abträglich: Hafnarfjördur gilt als eines der Zentren, in denen sich Islands Elfen sammeln. An deren Existenz viele Isländer heute noch fest glauben, mit mutmaßlichen Elfenwohnungen (und mit Kindern) wird zart umgegangen.
Olafur Eliasson wollte sich selbst und seine Beziehung zu Elfenaber nie in den Mittelpunkt seiner Kunst stellen, so begab er sich schon für sein Kunststudium nach Kopenhagen, wo er bis 1991 an der Königlich Dänischen Kunstakademie studierte.Eine zufällige Bekanntschaft brachte Eliasson in Kontakt mit Berliner Galeristen und führte dazu, dass Eliasson seine erste Ausstellung in Berlin realisieren konnte: Tim Neuger und Burkhard Riemschneider waren die Werke von Eliasson aufgefallen, und sie stellten ihn in der gerade durch die Wende befreiten Stadt aus, auch wenn sie selbst noch nebenher arbeiten mussten, um die Kosten zu finanzieren.
Ab 1994 wohnte Eliasson dann ganz in Berlin, wo er durch die Kontakte profitieren konnte, die sich durch die zahlreichen Künstler ergaben, die seit der Wende ununterbrochen in die wieder erkorene Hauptstadt strömten.
Erste Projekte stellten oszillierende Ventilatoren mit elektrischem Antrieb vor, die dabei in Schwingung versetzt werden und sich vielleicht noch um die eigene Achse drehen. Ein solcher Ventilator wurde 1998 auf der ersten Berliner Biennale im zu Ausstellungszwecken zwischengenutzten historischen Postfuhrwerk ausgestellt, dieses Projekt verhalf dem Künstler zu einer recht breiten Bekanntheit in Berlin.
Es passte gut zu Eliassons Sicht der Kunst, als mit der EXPO 2000 ein “neuer Typ” von Weltausstellung geschaffen werden sollte, in dem Zukunftsvisionen ebenso gezeigt werden sollten wie Exponate, die das sensible Gleichgewicht von Natur und Mensch und Technik verdeutlichen. Ein EXPO-Projekt im Rahmen der “REGIONALE 2000 / EXPO-Initiative OWL” war die Idee der “Garten-Landschaft OstWestfalenLippe”, für die Eliasson einen Dufttunnel erschuf, in dem er stark duftende Pflanzenarten aus dem Botanischen Garten in Gütersloh versammelte.
Mit der Zeit wurden seine Projekte immer spektakulärer und der Künstler immer interessanter:1998 bis 2001 dauerte sein Projekt Green River, in dem er das Wasser in den verschiedensten Flüssen der Welt grün färbte. Natürlich mit einem völlig ungefährlichen Farbstoff, aber das wusste niemand: Die bestürzten oder beschwichtigenden oder ratlosen Reaktionen der überraschten Öffentlichkeit und der ebenso uninformierten Behörden sollten zum Teil der Kunst werden.
2003 kam der wohl ganz große Durchbruch, als Eliasson sein „Weather Project“ in der weiten Turbinenhalle der Londoner Tate Gallery of Modern Art realisieren konnte. Eine gigantische Sonne aus Hunderten von Glühbirnen beleuchtete die große Halle, die von der Decke aus verspiegelt und mit einer Nebelmaschine bedampft zu einer großen, romantischen Szene wurde, die in 6 Monaten von 2,2 Millionen Menschen genossen wurde.
2004 schuf er die “Umschreibungen”, eine endlose Treppe, die sich selbst wie eine Art Doppelhelix umkreist, das begehbare Kunstwerk ziert die deutsche Zentrale einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in München. 2005 entstand, ebenfalls in München, die Glasfassade für das Gebäude, in dem die bayerische Staatsoper ihre Probenbühne betreibt.
Die völlig neuartige Glasfläche trägt den Namen “Bühnenfenster” und ist in getönten Schichten gefertigt, die gleichzeitig transparent sind und das Leben auf dem davorliegenden Marstallplatz spiegeln. 2006 folgte “light lab”, eine Lichtinstallation für das Dach des Portikus, einem Ausstellungsgebäude für zeitgenössische Kunst in Frankfurt am Main, die zwei Jahre lang ständig das Aussehen des Portikus veränderte.
2008 installierte Eliasson riesige Wasserfälle an vier Punkten in Manhattan, diese “New York City Waterfalls” ließen über drei Monate lang unglaubliche Wassermengen am East River kreisen, wobei der Handel mit Windenergie den Energieverbrauch dieses Wasserkreislaufs aufgefangen haben soll.
Ebenfalls 2008 zog der “Yellow fog” am Wiener Gebäude der Österreichischen AG für Elektrizitätswirtschaft hoch, und machte den alten Platz “Am Hof” bei Eintreten der Abenddämmerung für eine Stunde zur Bühne für eine Aufführung aus Nebel, Wind und Licht. Diese Installation verdeutlichte sehr gut zwei der Hauptanliegen des Künstlers: Die Veränderung der Ansicht und Empfindung des urbanen Raumes durch Kunst und die Wahrnehmung der Zeit, die sich im Tagesrhythmus verändert und vollkommen andere Sinneseindrücke hinterlässt.
Sein jüngstes Großprojekt war die Fassade für das neue Konzerthaus “Harpa” in Reykjavík, eine wabenartige Glasinstallation, deren dichroitisches Glas auf Wetter und Tageslicht reagiert und so die vielen verschiedenen Lichtstimmungen einfangen soll, die eine Hafenstadt auf der Insel Island bietet. Das Konzerthaus wurde 2011 eröffnet.Eliasson hat viele Ehrungen erhalten z. B. den vom dänischen Kronprinzenpaar überreichten Kulturpreis und den spanischen Joan-Miró-Preis. Neben seinen Installationen im öffentlichen Raum zeigte er seine Kunst an prominenten Ausstellungsorten, auf Biennalen in Berlin und Venedig, in der Londoner Tate Gallery und im New Yorker Museum of Modern Art, in der Münchner Pinakothek der Moderne und in der Hamburger Kunsthalle und im Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna.
Und er ist immer wieder in Berlin zu sehen, ob in einer Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, in seiner Galerie neugerriemschneider oder direkt im Stadtraum, z. B. mit einer Lichtinstallation, die 2005 zur Eröffnungsaustellung des Neubaus der Akademie der Künste am Pariser Platz gezeigt wurde.
Seine Studenten können ihn direkt in seinem Studio erleben, einem umgenutzten Berliner Fabrikgebäude, indem inzwischen eine Reihe weiterer Mitarbeiter an seinen Entwürfe arbeiten. Denn Eliasson wurde bereits 2006 an die Berliner Universität der Künste berufen, 2009 gründete er dort das Institut für Raumexperimente, die Universitäts-Lehrveranstaltungen hält er jedoch meist in seinem eigenen Studio ab.
Seit 2012 ist er Mitglied der Berliner Akademie der Künste, als aktives Mitglied, von dem weitere Präsenz in der Stadt erwartet wird.
Obwohl der engagierte Künstler inzwischen in einem Atemzug mit “den ganz Großen” genannt wird, stellt er den kommerziellen Erfolg nicht in den Vordergrund seines Schaffens. Sein neuestes Projekt, im Sommer 2012 an der Tate Gallery London ausgestellt, heißt “Little Sun”.
Darin sehen Sie auch eine kleine Auswahl seiner Installationen. So bekommen Sie einen kleinen Einblick in seine fantastische Welt. Leider ist dieses Video nur in englischer Sprache verfügbar. Aber auch die Bilder alleine sprechen für sich selbst…
Weitere tolle Videos, Bilder zu seinen Werken sowie Informationen zu der MoMa-Ausstellung „Take your Time“ zu Olafur Eliasson aus dem Jahre 2008 finden Sie direkt auf der Website des New Yorker Museums:
Ausstellung „Take your Time“ zu Olafur Eliasson
Olafur Eliassons „Endlose Treppe“ bei KPMG in München;
von Oliver Raupach (eigene Arbeit) [CC-BY-SA-2.5], via Wikimedia Commons.
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse