Pablo Picasso (1881–1973) war ein spanischer Künstler, der für seine Malerei, Grafiken und Bildhauerei bekannt ist.
Der Andalusier wird als einer der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts angesehen und hat insgesamt etwa 50.000 Kunstwerke geschaffen (darunter über 15.000 Gemälde).
Geboren wurde Picasso in Malága als Sohn des Malers José Ruiz Blasco und seiner Frau Maria Picasso y Lopez. Ab dem Jahr 1901 benutzte er den Nachnamen seiner Mutter, die aus Italien stammte, als Künstlernamen. Dieser Name gefiel ihm wegen der beiden „S“ besonders gut und klang für ihn harmonisch.
Wenn man sich dann noch die Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen in Picassos Werk vor Augen ruft, wird schnell offenbar, dass es sich bei dem spanischen Maler um einen außergewöhnlichen Künstler handelt.
Auch wenn sein Gesamtwerk gewaltig ist, ließ Picasso es bei der einzelnen Arbeit nie an Sorgfalt fehlen: Zum Gemälde “Les Demoiselles d’Avignon” (März-Juli 1907 im MoMA) erarbeitete er beeindruckende 809 Vorstudien. Bei diesem Gemälde handelt es sich allerdings um eine ganz besondere Arbeit, die auch als Schlüsselbild der Klassischen Moderne bezeichnet wird.
Dieser Beitrag gewährt Ihnen einen Überblick über Picassos turbulentes Leben, sein künstlerisches Werk und seine Biografie. Lassen Sie uns gemeinsam in die Welt eines der bedeutendsten Künstler aller Zeiten eintauchen.
Steckbrief und Kurzbiografie
Steckbrief – Wichtige Eckdaten
Die wichtigsten Eckdaten zu dem heute weltweit gefeierten Künstler:
Name | Pablo Diego José Francisco de Paula Juan Nepomuceno María de los Remedios Cipriano de la Santísima Trinidad Ruiz y Picasso |
Geburtstag | 25. Oktober 1881 |
Todestag | 8. April 1973 |
Nationalität | Spanisch |
Beruf | Maler, Grafiker, Bildhauer |
Kunstepoche(n) | Expressionismus, Kubismus, Picassos Blaue Periode, Surrealismus |
Bedeutende Werke | Les Demoiselles d’Avignon (1907) Der alte Gitarrenspieler (1904) Le rêve (Der Traum) (1932) Guernica (1937) Bildnis Dora Maar (1937 Dove of Peace (1949) |
Berühmtes Zitat | „Jedes Kind ist ein Künstler. Das Problem ist, ein Künstler zu bleiben, wenn du erwachsen bist.“ |
Kurzbiografie
Pablo Ruiz wurde am 25. Oktober 1881 in Malaga als Sohn eines Kunstlehrers geboren. Später nahm er den Nachnamen seiner Mutter, Picasso, an und wuchs in Barcelona auf, wo er schon früh sein künstlerisches Talent zeigte.
Bereits mit 14 Jahren erhielt er die Zulassung zur Akademie La Llotja in Barcelona, an der sein Vater später als Lehrer für Zeichnen arbeitete. Für kurze Zeit studierte Pablo Picasso auch an der Königlichen Akademie von San Fernando in Madrid.
Im frühen 20. Jahrhundert pendelte er zwischen Frankreich und Spanien hin und her, bevor er sich schließlich im Jahr 1904 dauerhaft in Paris niederließ. In der Stadt der Liebe experimentierte er mit verschiedenen Stilen und entwickelte seine eigenen unverwechselbaren Werke.
Kunsthändler Ambroise Vollard organisierte in seiner Pariser Galerie eine Ausstellung mit Werken des spanischen Künstlers. Diese sind heute als die Blaue Periode bekannt. Picasso schuf während dieser Zeit vor allen Dingen melancholische Bilder, deren tiefe Blautöne namensgebend für diese künstlerische Phase waren. Die Rosa Periode hingegen, welche von 1905 bis 1907 stattfand, zeichnet sich durch eine viel fröhlichere Atmosphäre aus und umfasst Themen rund um die Welt des Zirkus.
Im Jahr 1907 malte Picasso das revolutionäre Werk „Les Demoiselles d’Avignon“, welches einen neuen Stil einführte – den Kubismus.
Die darauf folgenden Monate waren von einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Weggefährten Georges Braque geprägt, der die Bewunderung Picassos für die Kunst Paul Cézannes teilte. Gemeinsam entwickelten sie den analytischen Kubismus, bei dem Farben und Formen in geometrische Fragmente aufgespalten werden.
Eine weitere bahnbrechende Innovation von Picasso war im Jahr 1912 die Einführung der Collage-Technik, bei der er Materialien wie Stoffstücke, Zeitungspapier oder Werbung in seine Gemälde integrierte. Picasso wechselte fortan häufig seinen Stil und experimentierte sowohl mit Malerei als auch Bildhauerei sowie surrealistischen Elementen.
Pablo Picasso lernte kurz darauf die anmutige Olga Koklowa während Arbeiten an Bühnenbild und Kostümen für das Ballett Russes kennen. Ab 1917 war sie sein Modell und später auch seine Ehefrau. Bereits im Jahr zuvor hatte er für ein anderes Ballett die Kostüme und das Bühnenbild entworfen.
Pablo Picasso durchlief eine stilistisch vielseitige Phase, in der er sowohl dem Kubismus als auch der klassizistischen Tradition und antiken Motiven folgte. Obwohl er sich 1925 an einer großen Surrealisten-Ausstellung beteiligte, wird er nicht als Teil dieser Strömung betrachtet, da er seine Inspiration hauptsächlich aus seinem realen Umfeld schöpfte. Seine Bilder reflektieren daher nicht die Traumwelten und diffusen Räume des Unterbewusstseins, die für den Surrealismus typisch sind.
Picasso beschäftigte sich ab 1934 immer wieder mit dem Thema Stierkampf und schuf 1937 das bedeutende Gemälde Guernica, das den Krieg kritisiert. Dieses Werk gilt heute als Schlüsselwerk der Kunst des 20. Jahrhunderts, inspiriert von der Zerstörung einer spanischen Stadt durch deutsche Bomber während des Bürgerkriegs in Spanien.
Als Unterstützer der republikanischen Regierung kämpfte Picasso gegen General Francisco Franco an und kehrte nach dessen Sieg nie wieder nach Spanien zurück.
Ab 1943 war der spanische Maler mit der französischen Künstlerin Françoise Gilot zusammen.
Picasso nutzte in den folgenden Jahren die Lithografie als seine bevorzugte grafische Technik und experimentierte auch mit Glasmalerei und Keramiken. Seine zweite Ehefrau Jacqueline Roque wurde sein meist dargestelltes Modell.
Im Gegensatz zu vielen Künstlern blieb Pablo während der deutschen Besatzung in Paris. Von 1946 bis zu seinem Tod im Jahr 1973 lebte er hauptsächlich in Südfrankreich, wo er weiterhin eine breite Palette an Kunstwerken schuf, darunter Gemälde, Skulpturen, Radierungen und Keramiken.
Pablo Ruiz y Picasso erlitt im Jahr 1973 in Mougins bei Cannes einen Herzinfarkt, woran er mutmaßlich verstarb (andere Quellen nennen Lungenembolie als Todesursache). Sein Vermächtnis lebt im Jahr 1963 gegründeten Museo Picasso in Barcelona weiter, das den Großteil seines Nachlasses verwaltet. Darüber hinaus wurde posthum im Jahr 1985 das Musée Picasso in Paris eröffnet.
Während seines Lebens hatte der leidenschaftliche Maler verschiedene Beziehungen mit Frauen, die oft sowohl als künstlerische Musen als auch Geliebte fungierten. Er war Vater von vier Kindern.
Pablo Picasso – Leben und Werk im Detail
1881-1896: Kindheit und frühe Jahre
Der Jahrhundertkünstler entstammte einer Familie, in der sein Vater José Ruiz Blasco als Kunstprofessor tätig war und seine Mutter Maria Picasso López hieß.
Bereits im Alter von 10 Jahren zeigte er eine außergewöhnliche Begabung für das Zeichnen und wurde Schüler seines Vaters, nachdem die Familie 1891 nach A Coruña gezogen war. Von diesem Zeitpunkt an begann er, mit dem Erlernten zu experimentieren und neue Ausdrucksformen zu entwickeln.
Seine Fähigkeit übertraf schnell die seines Vaters dank seiner explorativen Herangehensweise. In A Coruña unterstützte sein Vater ihn dabei, seine ersten Werke auszustellen, als Pablo lediglich 13 Jahre alt war – ein Beweis für dessen Talent und Erfolg.
Im Herbst 1895 siedelte die Familie nach Barcelona um und Pablo schrieb sich an der dortigen Kunstakademie (La Llotja) ein, wo sein Vater als Zeichenprofessor angestellt war. Die Familie hatte große Hoffnungen, dass ihr Sohn als akademischer Maler erfolgreich sein würde.
1897-1898: Erste Ehrungen und künstlerische Weiterbildung in Madrid
Im Jahr 1897 schien Pablos spätere Berühmtheit in Spanien gesichert zu sein; Sein Gemälde „Wissenschaft und Nächstenliebe“, für das sein Vater als Modell diente, wurde auf der Ausstellung der Schönen Künste in Madrid mit einer lobenden Erwähnung ausgezeichnet.
Die junge Hauptstadt Spaniens schien die nächste Etappe für den aufstrebenden Künstler Pablo Ruiz zu sein, der nach Anerkennung strebte und die Erwartungen seiner Familie erfüllen wollte.
Im Herbst 1897 machte er sich ordnungsgemäß auf den Weg nach Madrid und trat in die renommierte Königliche Akademie von San Fernando ein. Jedoch hielt er den dortigen Unterricht für wenig zielführend und widmete stattdessen immer mehr Zeit dem Festhalten des Lebens um ihn herum: in Cafés, auf der Straße, in Bordellen und besonders im Prado-Museum, wo ihm die spanische Malerei offenbart wurde.
Begeistert schrieb er:
Das Gemäldemuseum ist wunderschön. Velázquez ist erstklassig; El Greco hat einige prachtvolle Köpfe geschaffen, doch Murillo überzeugt mich nicht mit jedem seiner Werke.“
Die Kunstwerke dieser berühmten Meister sowie anderer inspirierten Picasso zu unterschiedlichen Zeiten während seiner langen Karriere. So kopierte er beispielsweise 1898 im Prado Goyas Werke (ein Porträt des Stierkämpfers Pepe Illo sowie eine Zeichnung für eines der Caprichos mit einer Celestina [Kupplerin], welche die Strümpfe einer jungen Maja überprüft).
Diese Charaktere tauchen auch später wieder in Pablo Picassos Spätwerk auf – Pepe Illo erscheint in einer Reihe von Radierungen (1957) und Celestina wird zu einer Art voyeuristischem Selbstporträt insbesondere in der Serie von Radierungen bekannt als Suite 347 (1968).
Der Maler erkrankte im Frühjahr 1898 und verbrachte den Großteil des restlichen Jahres zur Genesung in dem katalanischen Dorf Horta de Ebro, begleitet von seinem Freund Manuel Pallarès aus Barcelona.
1899-1901: Prägung durch künstlerisches Milieu in Barcelona
Als Picasso Anfang 1899 nach Barcelona zurückkehrte, hatte sich sein Leben stark verändert: Er war kräftiger geworden, hatte gelernt, alleine auf dem Land zu leben und sprach nun auch Katalanisch. Am wichtigsten jedoch war seine Entscheidung, die Kunstschule abzubrechen und die Pläne seiner Familie für seine Zukunft abzulehnen.
Er bevorzugte sogar den Nachnamen seiner Mutter und signierte seine Werke meistens mit P.R. Picasso. Bis Ende 1901 hatte er schließlich den Namen Ruiz komplett aufgegeben.
In Barcelona verkehrte er in einem Kreis von katalanischen Künstlern und Schriftstellern, die ihre Aufmerksamkeit auf Paris richteten.
Diese waren seine Freunde im Café Els Quatre Gats („Die vier Katzen“), benannt nach dem Pariser Chat Noir („Schwarze Katze“). Dort hatte Picasso im Februar 1900 seine erste Ausstellung in Barcelona, und es gab weitere Ausstellungen mit über 50 Porträts (in verschiedenen Techniken) als Thema.
Zusätzlich dazu gab es ein düsteres und atmosphärisches Gemälde im „Modernista“-Stil namens „Letzte Momente“ (später übermalt), welches den Besuch eines Priesters am Bett einer sterbenden Frau zeigt.
Dieses Werk wurde für den spanischen Beitrag der Exposition Universelle in Paris angenommen. Mit großer Neugier darauf, sein eigenes Werk vor Ort zu sehen und Paris aus erster Hand zu erleben, begab sich Pablo Picasso zusammen mit seinem Atelierkollegen, dem Katalanen Carlos Casagemas (1880–1901) auf den Weg – zumindest um einen Teil von Montmartre zu erobern, wenn nicht gleich ganz Paris.
1900-1901: Die Entdeckung von Paris und der Verlust eines treuen Freundes
Eine der bedeutendsten künstlerischen Entdeckungen, die Picasso während seiner Reise nach Paris (Oktober-Dezember) machte, war die Verwendung von lebhaften Farben. Dabei ging es nicht um die tristen Farben der spanischen Palette oder das Schwarz der Schals spanischer Frauen, sondern um brillante Farbtöne – wie sie bei Vincent van Gogh zu finden waren oder in neuer Mode und einer Stadt, die eine Weltausstellung feierte.
Mit verschiedenen Medien wie Kohle, Pastellfarben, Aquarell und Öl hielt Picasso das Leben in Paris fest (Lovers in the Street, 1900). In dem Werk „Moulin de la Galette“ (1900) würdigte er französische Künstler wie Henri de Toulouse-Lautrec sowie den Schweizer Théophile Alexandre Steinlen und seinen Landsmann Ramon Casas aus Katalonien.
Nach einer kurzen Zeitspanne von nur zwei Monaten begleitete er Casagemas, der aufgrund einer gescheiterten romantischen Beziehung in Verzweiflung versunken war, zurück nach Spanien. In Málaga bemühte sich Picasso vergeblich darum, seinen Freund zu erheitern und entschied schließlich, nach Madrid weiterzureisen. Dort fand er eine Anstellung als Kunstredakteur für die neu gegründete Zeitschrift „Arte Joven“.
Casagemas kehrte nach Paris zurück, versuchte die Frau, die er liebte, zu erschießen, richtete dann die Waffe auf sich selbst und starb. Die Konsequenzen für Pablo waren von großer Bedeutung: Es ging nicht nur darum, dass er seinen loyalen Freund verloren hatte und möglicherweise ein Gefühl der Schuld empfand, weil er ihn im Stich gelassen hatte.
Noch entscheidender war die Tatsache, dass er aus dieser emotionalen Erfahrung und dem gesammelten Material Inspiration schöpfte, welche die starke Ausdruckskraft in den Werken seiner sogenannten Blauen Periode hervorbringen würden.
Einige Monate später im Jahr 1901 malte Picasso zwei Porträts des verstorbenen Casagemas sowie zwei Szenen von Trauernden und einer Beschwörung. Im Jahre 1903 wurde Casagemas selbst als Künstler in dem mysteriösen Gemälde „La Vie“ dargestellt.
1901-1904: Die Blaue Periode von Pablo Picasso
Es folgte ab 1901 die berühmte blaue Periode des Künstlers, während derer Pablo Picasso weitere Künstler traf, mit denen er jeweils ihr Werk diskutierte. Er wohnte damals bereits im Pariser Montmartre und umgab sich mit Dichtern, Malern und Schriftstellern, neben Max Jacob und Juan Gris (neben George Braque wichtiger Vertreter des Kubismus) unter anderem mit Guillaume Apollinaire, Getrude Stein und Henri Matisse.
Zwischen 1901 und Mitte 1904 schwankte Picasso zwischen Barcelona und Paris hin und her. Während dieser Zeit war Blau die dominierende Farbe in seinen Gemälden. Er transportierte Materialien für seine Arbeit von einem Ort zum anderen.
Ein Beispiel dafür sind seine Besuche im Frauengefängnis Saint-Lazare in Paris von 1901 bis 1902, die ihm kostenlose Modelle und fesselnde Themen lieferten (Die Suppe, 1902).
In seinen Darstellungen der Straßenmenschen Barcelonas spiegelten sich diese Besuche wider: blinde oder einsame Bettler sowie Schiffbrüchige in den Jahren 1902-1903 (Crouching Woman, 1902; Blind Man’s Meal, 1903; Old Jew and a Boy, 1903).
Auch das Thema Mutterschaft beschäftigte Picasso zu dieser Zeit, da Frauen ihre stillenden Kinder im Gefängnis bei sich behalten durften. Auf der Suche nach Material, um traditionelle kunsthistorische Themen auf zeitgemäße Weise auszudrücken, griff er darauf zurück (Frauen durften ihre stillenden Kinder im Gefängnis bei sich behalten).
1904-1906: Umzug nach Paris und Rosa Periode
Im Frühjahr 1904 fasste Pablo Picasso schließlich die Entscheidung, endgültig nach Paris zu ziehen, und sein Werk spiegelt einen Geisteswechsel und insbesondere eine Reaktion auf unterschiedliche intellektuelle und künstlerische Strömungen wider.
Der Wanderzirkus und die Saltimbanques wurden zu einem Thema, das er mit einem neuen und wichtigen Freund, Guillaume Apollinaire, teilte. Sowohl für den Dichter als auch für den Maler wurden diese wurzellosen Wanderdarsteller („Girl Balancing on a Ball“, 1905; „The Actor“, 1905) zu einer Art Anspielung auf die Stellung des Künstlers in der modernen Gesellschaft.
Picasso hat diese Identifikation ausdrücklich in „Familie der Saltimbanques“ (1905) vorgenommen, wo er die Rolle des Harlekins übernimmt und Apollinaire der starke Mann ist (laut ihrem gemeinsamen Freund, dem Schriftsteller André Salmon).
Auch Picassos persönliche Umstände veränderten sich, als Ende 1904 Fernande Olivier seine Geliebte wurde. Ihre Anwesenheit inspirierte viele Werke in den Jahren vor dem Kubismus, insbesondere auf ihrer Reise nach Gosol im Jahr 1906 (Frau mit Broten).
Farbe fiel dem begnadeten Maler überraschenderweise nie wirklich leicht und so kehrte er zu einer allgemein spanischeren (d. h. monochromatischen) Palette zurück.
Die Töne der Blauen Periode wurden von Ende 1904 bis 1906 in der Rosa Periode durch jene der Keramik, des Fleisches und der Erde selbst ersetzt (The Harem, 1906). Picasso scheint mit Farbe gearbeitet zu haben, um sich der skulpturalen Form anzunähern, insbesondere im Jahr 1906 (Zwei Akte; La Toilette).
Sein Porträt von Gertrude Stein (1906) und ein Selbstporträt mit Palette (1906) zeigen diese Entwicklung sowie den Einfluss seiner Entdeckung der archaischen iberischen Skulptur.
1906-1909: Viel Rummel um Les Demoiselles d’Avignon
Pablo Picasso begann 1906 mit der Arbeit an einem umstrittenen Werk namens „Les Demoiselles d’Avignon“, das von seiner gewalttätigen Darstellung des weiblichen Körpers und der maskenhaften Bemalung der Gesichter geprägt war. Obwohl es in der kunsthistorischen Tradition verwurzelt war, wurde es als direkter Angriff empfunden, da die Frauen Prostituierte waren und die Konventionen in Frage stellten.
Picasso rollte das Gemälde für mehrere Jahre aus dem Blickfeld, obwohl er bereits Sammler hatte. Im Jahr 1908 ersetzte er die von afrikanischen Einflüssen geprägten Streifen und maskenartigen Köpfe durch eine neue Technik, bei der er und sein neuer Freund Georges Braque Elemente aus Cézannes Werken übernahmen.
Insbesondere Picassos Gemälde von 1909 zeigten den flachen Raum und den charakteristischen Pinselstrich, die sie in Cézannes Arbeiten entdeckt hatten. Auch Stillleben wurden für Picasso zu einem wichtigen Thema, das ihn von Cézanne inspirierte. Zu Fernandes kubistischen Köpfen gehörte auch die Skulptur „Kopf einer Frau“ (1909) sowie verschiedene damit verbundene Gemälde wie „Frau mit Birnen“ (1909).
1909-1912: Die Erfindung des Kubismus
Picasso und Braque arbeiteten in den kommenden Jahren (1909-1912) eng zusammen – dies war die einzige Gelegenheit, bei der Picasso jemals auf solche Weise mit einem anderen Künstler kooperierte.
Gemeinsam entwickelten sie den sogenannten Analytischen Kubismus. Frühe kubistische Gemälde wurden häufig von Kritikern und Betrachtern missverstanden, da sie lediglich als geometrische Kunst betrachtet wurden.
Die Maler selbst waren jedoch überzeugt davon, dass ihre Werke eine neue Form von Realität darstellten, welche sich vom traditionellen Renaissance-Stil abgrenzte – insbesondere durch den Verzicht auf Perspektive und Illusionen.
Auf ihren Leinwänden zeigten sie beispielsweise verschiedene Ansichten eines Objekts gleichzeitig an, um mehr Informationen zu vermitteln als es in einer einzelnen begrenzten illusorischen Darstellung möglich gewesen wäre.
Für Kahnweiler – ein deutsch-französischer Galerist, Kunsthistoriker und wissenschaftlicher Autor zur Zeit Picassos – war der Kubismus eine Methode, um geschlossene Formen zu öffnen. Anstatt Objekte illusionistisch nachzuahmen, wurden sie in ihrer Form und Position im Raum „wiedergegeben“.
Apollinaire verglich diesen analytischen Prozess der Zersplitterung von Objekten, Raum, Licht und Schatten sowie Farbe mit einer chirurgischen Sezierung.
Picasso wandte diese Art der Analyse ab 1909 an und insbesondere in den Landschaften, die er während einer Reise nach Spanien im Sommer desselben Jahres malte (Fabrik in Horta de Ebro). 1910 folgte eine Serie hermetischer Porträts (Ambroise Vollard; Daniel-Henry Kahnweiler); In seinen Gemälden aus den Jahren 1911-1912 sitzen Figuren oft vor Musikinstrumenten (Der Akkordeonist, 1911).
Hier verschmelzte der Künstler Figuren, Objekte und Raum auf rastende Weise. Die Palette beschränkte sich wieder auf monochromatische Ocker-, Braun- und Grautöne.
Picasso wohnte damals, wie viele seiner heute legendären Freunde, in dem Künstlerhaus Bateau-Lavoir, es war viel los in dieser Zeit: Ein Bankett Picassos für Henri Rousseau war längere Zeit das Tagesgespräch, Picasso und Apollinaire wurden beschuldigt, die Mona Lisa gestohlen zu haben.
Weder Braque noch Picasso hatten die Absicht, in ihren kubistischen Werken vollständig abstrakt vorzudringen. Sie akzeptierten jedoch Inkonsistenzen wie unterschiedliche Blickwinkel, Achsen und Lichtquellen im selben Bild stillschweigend. Zudem führte die Kombination von abstrakten und gegenständlichen Elementen auf einer Ebene dazu, dass beide Künstler die Bedeutung zweidimensionaler Elemente wie Zeitungsbeschriftungen neu untersuchten.
Ein Beispiel dafür ist der Liedtitel „Ma Jolie“, der möglicherweise auf Ereignisse außerhalb des Gemäldes verweisen könnte oder aber auch auf kompositorische Elemente innerhalb des Gemäldes hinweist. Die Einfügung von Schriftzügen erzeugte den starken Eindruck, dass kubistische Bilder von der Bildebene aus gelesen werden könnten anstatt (wie traditionell üblich) in sie hinein zu tauchen.
Des Weiteren definierte die Manipulation der Bildform durch die Kubisten – beispielsweise durch Verwendung eines Ovals – den Rand des Kunstwerks neu und betonte dabei, dass in einem kubistischen Bild die Leinwand den realen Raum repräsentiert.
Picassos Werke wurden in dieser Zeit auch langsam im Ausland bekannt, 1910 fielen sie in Deutschland auf, 1911 in den USA. Nach einer Zeit der künstlerischen Stille während des 1. Weltkriegs folgte ein – auch künstlerischer – Abstecher zum Ballett, der mit Picassos Heirat endete, nun gab er sein Bohème-Leben auf.
1912-1915: Synthetischer Kubismus – Die Geburtsstunde der Collage
Ab 1912 befestigten Picasso und Braque echtes Papier (Papier Collé) und andere Materialien (Collage) auf ihren Leinwänden.
Dadurch entwickelten sie die kubistische Vorstellung eines Kunstwerks als eigenständiges konstruiertes Objekt weiter. In der synthetischen Phase von 1912 bis 1914 wurden Farben wieder eingeführt, während häufig industrielle Materialien verwendet wurden, wie zum Beispiel Sand oder bedruckte Tapeten.
Stillleben und gelegentlich auch Köpfe waren die Hauptmotive beider Künstler. In Picassos Werken fügen sich verschiedene Bezüge in seinen synthetischen Kompositionen zusammen – Kurven, die sowohl auf Gitarren als auch auf Ohren hinweisen.
Dies bringt ein spielerisches Element in seine Werke ein, das charakteristisch für viele seiner Arbeiten ist (z.B. „Student mit einer Pfeife“, 1913). Diese Bezüge lassen vermuten, dass eine Sache in eine andere verwandelt wird.
Ein Beispiel dafür ist das Werk „Absinthglas“ (1914; sechs Versionen). Es besteht teilweise aus einer Skulptur (Bronzeguss), teilweise aus einer Collage (ein echtes silbernes Zuckersieb ist oben angeschweißt) und teilweise aus Malerei (neoimpressionistische Pinselstriche überdecken weiße Flächen).
Doch dieses Werk ist weder Skulptur noch Collage noch Malerei; es hat Ebenen, die sich auf Zweidimensionalität beziehen, obwohl das Objekt tatsächlich dreidimensional ist. Das Kunstwerk schwebt somit zwischen Realität und Illusion.
Bis 1915 hatte sich Picassos Leben erneut richtungsweisend verändert, und damit änderte sich auch die Richtung seiner Kunst. Am Ende des Jahres starb seine geliebte Eva, und das Gemälde „Harlekin“ (1915), an dem er während ihrer Krankheit gearbeitet hatte, zeugt von seiner Trauer. Es zeigt einen halben Harlekin, halben Pierrot-Künstler vor einer Staffelei mit einer unvollendeten Leinwand auf schwarzem Hintergrund.
1915-1917: 1. Weltkrieg, Avantgarde und Parade
Der Kreis um den Kubisten wurde durch den Ersten Weltkrieg auseinandergerissen. Während Apollinaire, Braque und andere an die Front zogen, kehrten die meisten spanischen Landsleute Picassos in ihre neutrale Heimat zurück. Picasso blieb in Frankreich und schloss 1916 eine Freundschaft mit dem Komponisten Erik Satie, was ihn in einen neuen Avantgarde-Kreis führte, der auch während des Krieges aktiv war.
Der junge Dichter Jean Cocteau erklärte sich selbst zum Anführer dieser talentierten Gruppe von Menschen, die das Café de la Rotonde frequentierte. Cocteaus Idee einer Theateraufführung aus Kriegszeiten in Zusammenarbeit mit Serge Diaghilews Ballets Russes führte zur Entstehung von „Parade“, einem Stück über eine Zirkusvorstellung mit Bildern des neuen Jahrhunderts wie Wolkenkratzer und Flugzeugen.
Für die Musik wandte sich Cocteau an Satie und für Bühnenbilder sowie Kostüme an Picasso. Die Arbeiten begannen im Jahr 1917 und obwohl Picasso Reisen nicht mochte, stimmte er zu, gemeinsam mit Cocteau nach Rom zu gehen, um dort Diaghilev und den Choreografen Léonide Massine beizutreten.
Bei dieser Gelegenheit lernte Picasso seine zukünftige Frau Olga Khokhlova unter den Tänzern kennen. „Parade“ wurde erstmals im Mai 1917 am Théâtre du Châtelet in Paris aufgeführt und galt als Versuch der Untergrabung der Solidarität der französischen Kultur.
Satie schien das Hauptziel der Beschimpfungen zu sein, unter anderem wegen seiner Einbeziehung von Flugzeugpropellern und Schreibmaschinen in die Partitur. Picasso entwaffnete das Publikum mit dem Kontrast zwischen dem grundsätzlich realistischen Bühnenvorhang und den beeindruckenden synthetischen kubistischen Konstruktionen, die von den Figuren im Ballett getragen wurden, insbesondere vom Sideshow-Manager.
1917-1924: Der neue Mediterranismus
Die Gemälde und Zeichnungen von Picasso aus seiner späten Teenagerzeit wirken oft überraschend realistisch im Gegensatz zu seinen früheren kubistischen Werken, die manchmal parallel dazu entstanden sind (wie zum Beispiel „Passeig de Colom“, 1917).
Nach seinen Reisen nach Italien und seiner Rückkehr nach Barcelona im Jahr 1917, zeigte sich in seinem Werk ein neuer mediterraner Geist, insbesondere durch den Einsatz klassischer Formen und Zeichentechniken.
Dies wurde verstärkt durch seine bewusste Auseinandersetzung mit J.-A.-D. Ingres (zum Beispiel in Picassos Porträtzeichnungen von Max Jacob und Ambroise Vollard) sowie dem verstorbenen Pierre-Auguste Renoir. Sogar sein kubistisches Werk wurde beeinflusst.
Er wurde nun zum etablierten Maler, der ab 1918 weltweit von zwei Kunsthändlern vertreten wurde. In diesem Jahr verabschiedete sich Picasso endgültig von den Kubisten, um bis 1924 mit verschiedenen Stilen zu experimentieren.
Durch eine präzisere Darstellung von Flächen, Formen und Farben verlieh der Künstler seinen kubistischen Gemälden einen klassischen Ausdruck. Gut zu beobachten beim Stillleben „Saint-Raphaël“ (1919) oder den beiden Versionen der „Drei Musiker“ (1921).
Picassos einziges Kind von Olga, Paulo, wurde im Jahr 1921 geboren. Im Zuge von Picassos neuen Ruf als Liebling der Gesellschaft setzte er seine Zusammenarbeit mit den Ballets Russes fort. Dabei entwarf Picasso Kostüme für Manuel de Fallas The Dreispitz (1919), Igor Strawinskys Pulcinella (1920), de Fallas Cuadro Flamenco (1921) und Saties Ballett Mercure in Soirées de Paris Kompanie (1924).
André Breton bezeichnete Picassos Entwürfe für dieses Ballett als „tragische Spielzeuge für Erwachsene“, die im Geiste des Surrealismus geschaffen wurden.
1924-1935: Surrealistische Einflüsse
Obwohl Picasso nie offizielles Mitglied der Gruppe wurde, hatte er enge Verbindungen zur wichtigsten Literatur- und Kunstrichtung zwischen den beiden Weltkriegen, dem Surrealismus. Das surrealistische Establishment, darunter sein Hauptpropagandist André Breton, beanspruchte ihn für sich, und Picassos Kunst gewann durch den Kontakt mit seinen surrealistischen Freunden, insbesondere den Schriftstellern, eine neue Dimension.
In Picassos Werk waren seit den Demoiselles viele Elemente verankert, die der offizielle Kreis befürwortete. Die Erschaffung von Monstern zum Beispiel konnte durchaus in den verstörenden Gegenüberstellungen und gebrochenen Konturen der menschlichen Figur in kubistischen Werken wahrgenommen werden; Breton wies insbesondere auf die seltsame Frau im Hemd (1913) hin.
Darüber hinaus schien die dem Synthetischen Kubismus zugrunde liegende Idee, eine Sache für eine andere zu lesen, mit der traumhaften Bildsprache der Surrealisten übereinzustimmen.
Was Picasso durch die surrealistische Bewegung erhielt, waren neue Themen – insbesondere erotische – sowie eine Verstärkung verstörender Elemente, die bereits in seinem Werk zu finden waren.
Die vielen Variationen zum Thema Badegäste mit ihren offen sexuellen und verzerrten Formen (Dinard-Serie, 1929) zeigen deutlich die Wirkung des Surrealismus, In anderen Werken kann die Wirkung der Verzerrung auf die Emotionen des Betrachters ebenfalls als erfüllend interpretiert werden, was den psychologischen Ziele des Surrealismus entspricht. Ein gutes Beispiel dafür liefern Picassos Zeichnungen und Gemälde der Kreuzigung (1930-35).
In den 1930er Jahren spielte Picasso, wie viele surrealistische Schriftsteller, oft mit der Idee der Metamorphose. Beispielsweise wird das Bild des Minotaurus, des Monsters der griechischen Mythologie – halb Stier und halb Mensch – das traditionell als Verkörperung des Kampfes zwischen Mensch und Tier angesehen wird, in Picassos Werk nicht nur zu einer Anspielung auf diese Idee, sondern auch eine Art Selbstporträt.
Zu dieser Zeit begann auch seine Ehe zu kriseln, Picasso hatte teilweise zur gleichen Zeit zwei Geliebte, die seiner Ansicht nach “ihre Rivalität unter sich ausmachen sollten”. Das war eher eine machistische Pose als Gleichgültigkeit, die gut belegt, wie wichtig in dieser Zeit der Zusammenhang von Sexualität und künstlerischer Kreativität für Picasso wird, dieses Thema sollte ihn bis zu seinem Lebensende nicht loslassen.
Schließlich fand Picasso seine ganz eigene Form des Surrealismus, die er vor allem in der Poesie zum Ausdruck brachte. Im Jahr 1935 begann er mit dem Verfassen von Gedichten und innerhalb eines Jahres, von Februar 1935 bis Frühjahr 1936, legte Picasso die Malerei praktisch zur Seite.
Seine Gedichtsammlungen wurden sowohl im Cahiers d’Art (1935) als auch in La Gaceta de Arte (1936 auf Teneriffa) veröffentlicht. Einige Jahre später schrieb er dann das surrealistische Theaterstück „Le Désir attrapé par la queue“ (1941; Vom Schwanz gefangenes Verlangen).
Erst kam jedoch der spanische Bürgerkrieg (1936 – 1939), der Picasso erschütterte, das berühmte Gemälde Guernica entstand.
Gleich danach der 2. Weltkrieg, während dieser Zeit blieb Picasso in Paris, 1945 endete die Isolation und Picasso wendete sich dem Süden Frankreichs zu, wo in verschiedenen Orten sein Spätwerk entstand.
Zu dem übrigens auch die uns allen bekannte Friedenstaube gehört, die er 1949 für ein Plakat für den Pariser Weltfriedenskongress entwarf.
Werke von Pablo Picasso in unserer Online Galerie:
Eine umfangreiche Werkschau des kubistischen Meisters:
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Quellenverzeichnis und Bibliographie
Bücher
- Karmel, Pepe: Picasso and the Invention of Cubism. New Haven: Yale University Press, 2003.
- Léal, Brigitte, Christine Piot, and Marie-Laure Bernadac: The Ultimate Picasso. New York: Abrams, 2003.
- Olivier, Fernande: Loving Picasso: The Private Journal of Fernande Olivier. Editiert von Marilyn McCully. New York: Abrams, 2001.
- Richardson, John: A Life of Picasso. 2 vols. New York: Random House, 1991–96.
Internet
- Britannica: Pablo Picasso, https://www.britannica.com/biography/Pablo-Picasso/Cubism
- James Voorhies: Pablo Picasso (1881–1973), Department of European Paintings, The Metropolitan Museum of Art, https://www.metmuseum.org/toah/hd/pica/hd_pica.htm
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.