Wolfgang Tillmans, anerkannt einer der berühmtesten Fotografen unserer Welt, setzt sich seit seiner Schulzeit mit der Fotokunst auseinander. Seitdem hat er eine durchaus nicht gradlinige, aber faszinierende Entwicklung durchgemacht, in der er „die letzten Tiefen der Fotografie“ erforscht hat:
Angefangen hat es mit Alltagsbildern, mit sehr genauem Blick für das Wesentliche im Unwesentlichen, vielleicht nur vom Schlafzimmer und der Küche seiner Mutter. Tillmans interessierte sich damals schon für verschiedene Formen des Layouts und sammelte Fotografien von Menschen, die mit ihren Bildern etwas ausdrücken konnten.
So schnell wird man zum Idol …
Schnell kamen Themen von außen dazu, als 15-jähriger Sprachschüler in England kam Tillmans in Kontakt mit der englischen Jugendkultur und den führenden Style- und Musikzeitschriften Englands, für die er bald später arbeiten sollte. Nach dem Abitur, mit 19, zog Tillmans von seiner Heimatstadt Remscheid nach Hamburg, das war 1987.
Er bewegte sich in Hamburgs grade entstehender Rave-Szene, fotografierte weiter, bekam Aufträge von der englischen Zeitschrift „i-D“ und Hamburger Szene-Magazinen, wurde zum anerkannten Portraitist der Raver und zu Einzelausstellungen in Hamburger Kulturzentren gebeten – und war finanziell unabhängiger Fotograf, bevor er es selbst so richtig mitbekommen hatte.
Die Erfolge als visueller Spiegel des Nachtlebens befriedigten Tillmans nicht, er verlangte mehr von sich und von Fotografie und studierte von 1990 bis 1992 am Bournemouth and Poole College of Art and Design. 1992 ging es nach London, 1994 nach New York, 1996 mit dem inzwischen zu seinem Partner gewordenen Maler und Fotografen Jochen Klein zurück nach London. Immer mit dem Fotoapparat, immer auf der Suche nach Motiven.
In diesen frühen neunziger Jahren fotografierte Tillmans alle Freunde und andere junge Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung, und diese Aufnahmen machten ihn berühmt.
Seine Fotos galten als stilbildend, die Aufnahmen vom European Gay Pride in London (1992) oder der Love Parade in Berlin (1992) wurden als wichtige Zeugnisse der Zeitgeschichte und Dokumentationen aktueller gesellschaftlicher Strömungen angesehen.
Wolfgang Tillmans wurde zum Chronisten seiner Generation, der in allen einschlägigen Magazinen veröffentlicht wurde, und gut bezahlt wurde, das Leben lief rund.
Die Szene, die Tillmans so eindrucksvoll und detailliert ins Bild fasste, feierte aber nicht ohne Grund bis zur Besinnungslosigkeit, damals war AIDS noch eine fast vollkommen unbeherrschte Bedrohung, Tillmans Partner Klein starb 1997 daran.
… muss aber nicht da bleiben
Tillmans hatte die ihm zugewiesene Position des fotografischen Berichterstatters der Szene-People und der rebellierenden bis ratlosen Jugend der damaligen Zeit sicher in außergewöhnlicher künstlerischer Bravour erfüllt:
Bilderserien wie die von seinen Freunden Lutz und Alex (1992) gelten sicher zurecht als Ikonen der Fotografie und zugleich als sehr genauer Blick auf den Zeitgeist der 1990er Jahre, und während dieser Zeit hat er die verschiedensten fotografischen Praktiken erprobt und seine Arbeit in die verschiedensten Genres erweitert.
Das aber nicht, um für immer auf die Durchleuchtung der Jugend in den Clubs und der Schwulenszene beschränkt zu werden, Tillmans machte und macht „Bilder, um die Welt zu erkennen“, und die Welt ist größer als die nächtlichen Straßen und der Weg zum eigenen Stil ist weiter.
Vor allem ab 1997 entstanden zahlreiche Fotobände, neben dem Themenkreis „Homosexualität und Geschlecht“ arbeitete Tillmans an der kunstreichen fotografischen Erfassung astronomischer Phänomene und Stilleben, an Landschaftsbildern und Himmelsansichten und ungewohnten Aufsichten, schrägen Luftbildern und umgedrehten Kirchengewölben, immer ästhetisch, meist überraschend und nicht nur gelegentlich beunruhigend.
Mit gleicher Kreativität und Freude an eigenständiger, oft neuer Orientierung geht Tillmans an die Präsentation seiner Arbeitsergebnisse: Tillmans inszeniert seine Fotografien – in verschiedenen Formaten, in unterschiedlichen Größen, so werden ganze Wände zu sorgfältig komponierten Foto-Installationen.
Die Fotos bleiben auch nicht alleine bei ihrer Aufgabe, den intendierten Ausdruck zu vermitteln, sie bekommen Unterstützung von Fotokopien, gedruckten Zeitungsseiten, Hochglanz-Magazin-Bildern und werden mit genauem Kalkül präsentiert, nicht immer in der gewohnten Vertikale, sondern in Schräglage, mitten im Raum in einer großen Tischinstallationen, als Arrangement in einer Vitrine.
Tillmans Fotos leben, sie sind in Bewegung, sie machen sich in immer wieder neuen Kontexten immer neu an ihre Aufgabe, die Welt zu erkennen.
Wie die Titel erzählen …
Besser als jede Beschreibung illustrieren die Namen der verschiedenen Einzel-Ausstellungen Wolfgang Tillmans den Sinn und die Suche in seinem Werk, wenn sie in Zeitfolge vorgestellt werden:
Waren es 1988 die „Approaches“ („Annäherungen“, Café Gnosa, Hamburg), konstatiert ein Titel 1996 „Wer Liebe wagt lebt morgen“ (Kunstmuseum Wolfsburg), ein zweiter legt „Faltenwürfe“ (Galerie Buchholz, Köln). 1998 soll „I didn’t inhale“ (Chisenhale Gallery, London) weniger die Verlogenheit der Welt zur Schau stellen als vielmehr eine Welt kreieren, in der der Werk- und Titelschöpfer gerne leben würde (meint zumindest ein Kommentator).
1999 sind „Fruiciones“ („Genüsse“, Museo Nacional Reina Sofia, Espacio Uno, Madrid) an der Reihe, aber auch „Soldiers“ (Neuer Aachener Kunstverein) und „Saros“ (Galerie Buchholz, Köln), ein astronomisches Perioden-Modell zur Vorhersage von Sonnen- und Mond-Finsternissen.
2001 und 2002 folgen „Science Fiction / hier und jetzt zufrieden sein“ (mit Isa Genzken, Museum Ludwig, Köln) und verschiedene Aufsichten: „Aufsicht“ (Deichtorhallen, Hamburg) „Vue d’en Haut“, (Palais de Tokyo, Paris), „Veduta dall’alto“, („Erhöht“, Castello di Rivoli, Museo d’arte contemporanea, Rivoli, Turin).
„if one thing matters, everything matters“, („wenn eines wichtig ist, ist alles wichtig“, Tate Britain, London) wird 2003 festgestellt, es folgen eine „View from Above“ („Sicht von oben“, Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk, Dänemark) und 2004 der „Freischwimmer“ (Tokyo Opera City Art Gallery, Tokyo).
2005 stellt Tillmans in „Markt“ (Galerie Meerrettich, Berlin) zeitversetzt den Berliner Polenmarkt zur Zeit der Maueröffnung vor und eröffnet ein „truth study center“ („Zentrum zum Studium der Wahrheit“, Meureen Paley, London), das 2006 die „Freedom from the Known“ („Freiheit vom Bekannten“, Museum of Contemporary Art, Chicago) bescheinigt.
2007 öffnet „Bali“ (Kestnergesellschaft, Hannover, ohne Beschränkung auf Bali) den Blick dafür, dass die Möglichkeit weltweiter Informationsverbreitung nicht unbedingt die Qualität der Information hebt, sondern von Gewinnsüchtigen und Engstirnigen genutzt wird, um der ganzen Welt ihre verlogenen Traumwelten, Vorurteile und Dogmen zu oktroyieren.
2008 lädt „Lighter“ (Hamburger Bahnhof, Berlin) zu einer ausgedehnten Reise durch Tillmans Werkgeschichte des letzten 20 Jahre ein, eine vielfältige und aufregende, ja erschöpfende Show, die deutlich zeigt, dass Tillmans Neugier auf den Rest der Welt und Empathie für den Rest der Welt mit fortschreitendem Alter nicht weniger geworden sind.
In „Zacheta, Ermutigung“ (Nationale Kunstgalerie Zacheta, Warschau), in der Tillmans eine eigens für die Warschauer Ausstellungsräume – nicht ungewöhnlich, macht er immer so – zusammengestellte Konfiguration von Arbeiten zeigt, nimmt er das Thema von „Bali“ wieder auf: Es werden Themen und Motive gezeigt, die Tillmans Arbeit seit der Jahrtausendwende beherrscht haben.
Ausgewählte Fotografien von Wolfgang Tillmans auf Pinterest
Immer klarer hat sich Tillmans sich in diesem Zeitraum in seinen Arbeiten gegen den absoluten Wahrheitsanspruch gewendet, den Ideologien und Religionen seinem Medium aufdrücken wollen, immer nachdrücklicher forderte er die Betrachter auf, den eigenen Vorurteilen zu misstrauen, wenn sie die Welt betrachten.
Die Ausstellung übernahm den Namen des traditionsreichen Warschauer Ausstellungsortes also durchaus mit Hintergedanken, Tillmans will die Besucher ermutigen, den eigenen Augen und dem eigenen Instinkt zu trauen.
Im Jahr 2013 wird endlich „Silver“ das erste Mal vorgestellt, in der Galerie Buchholz in Berlin, eine Werkgruppe, an der Tillmans seit über einem Jahrzehnt arbeitet, und in London geht das „Central Nervous System“ in der Gallery Maureen Paley an den Start. Silver enthält auch Silber, aber vor allem einen wahren Rausch von Farben, und das Zentrale Nervensystem gehört zum Menschen, und der Mensch zu dieser Ausstellung.
Mehr soll hier zu diesen neueren Projekten nicht verraten werden, um Ihnen den Spaß nicht zu verderben: Wenn Sie die Ausstellungen 2013 verpasst haben, können Sie sich auf der Website des Künstlers eine endlose Reihe von Bildern dieser Ausstellungen ganz in Ruhe ansehen.
Direktlink zu Silver: Bildlink, mitten ins Zentrale Nervensystem gelangen Sie unter Bildlink.
Tillmans Kunst bleibt nicht in der Galerie
Nach Tillmans Anfängen eigentlich klar: Wolfgang Tillmans ist kein Foto-Künstler, der sich nur in Ausstellungen bewundern lässt und auf Vernissagen feiern lässt, sondern er macht mehr, engagiert sich mehr, hat mehr Ideen.
2001 nahm Tillmans an einem Wettbewerb der Stadt München zur Gestaltung eines AIDS-Memorials am Sendlinger Tor teil und gewann, die hellblaue Erinnerungssäule bildet die Stelen in der U-Bahn-Station „Sendlinger Tor“ nach.
2002 stellte Tillmans Aufnahmen von Mäusen, die in der Londoner U-Bahn leben, zu einem Videoclip für die „Pet Shop Boys“ zusammen, passend zur Single „Home & Dry“.
Möchten Sie die Mäuse tanzen sehen? Bitte sehr:
2006 eröffnete Tillmans seinen nichtkommerziellen Ausstellungsraum „Between Bridges“ in London, mit einer Werkschau des New Yorker Künstlers und Aktivisten David Wojnarowicz. Wojnarowicz war Tillmans durch seinen Auftritt im Film „Silence = Death“ (Rosa von Praunheim, 1990) und durch seine Schriften aufgefallen, er war 1992 an den Folgen von AIDS verstorben und gehört zu den Künstler, denen Tillmans die Galerie widmen will: Seiner Ansicht nach zu wenig beachtete Künstler, vor allem mit politischen Anliegen.
Seit 2007 lebt Tillmans abwechselnd in London und Berlin, und nun die gute Nachricht für Berliner und Berlinbesucher: „Between Bridges“ ist nach Berlin umgezogen, in die Keithstraße in Schöneberg (Berlinbesucher: Das ist ein paar Fußminuten vom legendären Kaufhaus des Westens entfernt), und hat im Januar 2014 eröffnet, mehr weiter unten.
Die Kunst-Fachleute ordnen
Tillmans Werk ist unglaublich vielfältig, er hat sich der Fotografie von jeder Seite angenähert, die denkbar erscheint, mir immerwährenden Experimenten, mit immer neuen Ideen. Das ist Kunstfachleuten zu unordentlich, sie ordnen sein Werk in Abschnitte, mit deutlichen Trennungen anhand der wahrgenommenen Entwicklungsstufen:
Die Szene- und Jugendkultur-Dokumentationen werden meist als Anfänge zusammengefasst, in denen sich Tillmans von ca. 1987 bis ca. 1995 als außergewöhnlicher fotografischer Biograf seiner Zeit hervortat.
Dann wird ihm eine Entwicklungszeit bis zur Jahrtausendwende zugestanden, mit Studium und Experimenten und dem Erschaffen eines neuen Weltbilds in der Präsentation von Fotografien.
Es folgen ab 2000 die Abstraktionen, in denen Tillmans die Grenzen der Fotografie weiter dehnt, mit haptischer Annäherung und Einbeziehung des dreidimensionalen Raumes. Außerdem erkundete er die Chemie der Fotografie, in der Dunkelkammer entstehen Werke ohne Einsatz einer Kamera und damit auch völlig neuartige Bildstrukturen. In Folge verschmelzen „abstrakte“ und „konkrete“ Arbeit, und das Fotopapier wird in konsequenter Neubetrachtung der Thematik zum Objekt der Fotografie.
Ab 2006 wird wiederum eine Neuorientierung beobachtet: Tillmans beginnt mit großformatigen Werken, für die er als Ausgangsmaterial Fotokopien einsetzt, und ersetzt die bisher übliche Präsentation durch die Tischarbeiten des „truth study center“.
Mit seiner Reise um die Welt, auf der die Weltbilder für sein Ausstellungs- und Buch-Projekt „Neue Welt“ (seit 2009 zu sehen) habe sich Tillmans endlich der digitalen Fotografie geöffnet, nachdem er von seinen Anfängen bis dahin fast ausschließlich seine „Contax“ (analoge Spiegelreflex-Kleinbildkamera) im Einsatz hatte. Darin wird nun endlich Tillmans Aufbruch in die Welt der neuen Technik gesehen, der er sich so lange verweigerte …
Die Abfolge stimmt sicher grundsätzlich, dem wird jeder zustimmen, der Wolfgang Tillmans seit längerer Zeit beobachtet, aber so einfach in eine schöne ordentliche Reihenfolge kategorisieren lässt sich Tillmans ebenso sicher nicht: Mit Fotokopien hat er schon experimentiert, als er in Hamburg in der städtischen AIDS-Hilfe als Telefonist arbeitete, und experimentiert und Wissen und Fotos gesammelt hat er nachweisbar schon vor seinen „Anfängen“ als Dokumentator der Jugendkultur.
Studiert hat er genau in der Zeit, in der er die „People en Masse“ fotografierte, Experimente mit Abstraktion gab es immer in seinen Fotos, ebenso wie das Spiel mit Formaten ein alter Hut ist, und für die Aufnahmen auf der Weltreise hat er zwar eine Digitalkamera eingesetzt; dass damit seine Contax in Rente gehen können, heißt das aber noch lange nicht: Wenn Tillmans seinen Blick auf den eingebauten Monitor 2012 als das „komplette Auf-den-Kopf-Stellen der Psychologie der Fotografie, die immer ein Zwiegespräch war zwischen Fotograf, Objekt und dem imaginären Bild, das man sich vorstellt, denkt, erhofft“ beschreibt, fehlt ihm bei den Digis offensichtlich einiges.
Wolfgang Tillmans Entwicklung lief eben so, wie das Leben üblicherweise läuft, vieles passiert, während man plant, viele Gedanken werden angerissen, zum Teil verfolgt und irgendwann wieder aufgenommen, viele Projekte ändern sich während der Arbeit daran.
Aufwärts, unstoppable
Eine Bewegung ist in Wolfgang Tillmans Leben dann doch ziemlich gleichmäßig verlaufen: Die Entwicklung zu immer mehr Berühmtheit, und damit einhergehend auch zu immer mehr Wertschätzung.
Im Nachhinein betrachtet, sei das logisch, hört man von Fotografie-Studenten häufig, die unter Tillmans Fotos üblicherweise früh in ihrem Studium Fotografien der unterschiedlichsten Themenbereiche bewundert haben:
„Ich wollte immer schon Portraits (Landschaftsaufnahmen, abstrakte Bilder, Fotos von ungewöhnlichen Arrangements …) mit einem ganz bestimmten künstlerischen Ausdruck schaffen, der mir nie gelang, und dann habe ich ein Portrait (Landschaftsaufnahme, abstraktes Bild, Foto von einem ungewöhnlichen Arrangement …) von Wolfgang Tillmans gesehen, und der hat genau das im Bild eingefangen, was ich ausdrücken wollte“
Nicht nur Fotografie-Studenten fiel Tillmans außergewöhnliche Begabung und unbeirrbare Treffsicherheit auf, sondern auch vielen Kritikern, und Galeristen, und deren Kunden.
Der vielleicht beste Beweis für die herausragende Qualität Tillmans ist jedoch, dass ihm im Jahr 2000 – als erstem Nichtengländer überhaupt, und als erstem Fotografen – der Turner-Preis der Londoner Tate Gallery verliehen wurde, der wohl wichtigste europäische Preis für zeitgenössische Kunst.
Ausstellungen und Auszeichnungen, nicht zu knapp
Die ersten Einzelausstellungen Tillmans sind ab 1988 in Hamburg und in seiner Heimatstadt zu sehen, im Café Gnosa, im Front, im Fabrik-Foto-Forum, in der Stadtbücherei Remscheid. Es folgen 1991 die Grauwert Galerie und 1992 die PPS. Galerie F.C. Gundlach, immer noch Hamburg, 1993 Frankfurt, Zürich und London und 1994 Paris und New York. Von 1995 bis 1999 ist Tillmans in fast 30 Einzelausstellungen rund um die Welt zu sehen, von 2000 bis 2012 in über 70 Einzelausstellungen.
Dazu war Tillmans bei rund 350 Gruppenausstellungen vertreten, ebenfalls überall in der Welt, und Auszeichnungen gab es auch noch ein paar mehr als den Turner Prize:
- 1995 den Ars Viva Kunstpreis der Böttcherstraße, Bremen
- 2001 die Honorary Fellowship des The Arts Institute at Bournemouth für das Design des AIDS-Memorial Sendlinger Tor, München
- 2009 den Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie
- Seit 2009 ist Tilllmans „Artist Trustee“ des Board of Tate, London
Ab etwa 2005 eroberten Tillmans Werke die richtig großen Museen, in Einzelausstellungen, z. B. das Hammer Museum Los Angeles, das Hirschhorn Museum Washington D.C., die Kunstsammlung NRW, K21, Düsseldorf, den Kunstverein München, das Moderna Museet Stockholm, das MoMA in New York, das Museu de Arte Moderna de São Paulo, das Museum of Contemporary Art Chicago, die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof Berlin, die Pinakothek der Moderne München, das PS1 Contemporary Art Center New York und die Tate Britain London.
Nachwirkung sicher
Tillmans hat früh angefangen, sein Wissen weiterzugeben:
- 1998 bis 1999, mit gerade einmal 30 Jahren, nahm er eine Gastprofessur an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg wahr.
- Von 2003 bis 2006 lehrte er als Professor für interdisziplinäre Kunst an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt am Main.
- Seit 2012 ist er Mitglied der Akademie der Künste, Berlin.
- 2013 wurde er zum Member of the Royal Academy of Arts in London berufen.
Wo Tillmans lehrt, sind die Hörsäle voll, nicht nur weil der „Star der Fotografie“ sein Wissen gut weitergeben kann, sondern auch weil er von den Studenten wegen seiner angenehmen, unaufgeregten Art sehr geschätzt wird.
- Wolfgang Tillmans aktuell
Tillmans stellt bis Ende 2014 in seiner (Teil-) Wahlheimat Berlin aus:
Vom 8. November 2013 bis 31. Dezember 2014 ist in der neuen Nationalgalerie Berlin Wolfgang Tillmans „Ausweitung der Kampfzone“ mit Bildern von 1968 bis 2000 zu sehen.
Eine kleine Vorschau gibt es unter Bildlink.
Immer aktuell ist Wolfgang Tillmans Website, und diese Website ist für den Benutzer so komfortabel gestaltet wie selten eine Künstler-Website (und erst recht Website überhaupt).
Als Erstes fällt auf, dass hier jemand am Werk war, der sein Handwerk versteht – die Website erscheint nach Eingabe des Namens Wolfgang Tillmans in die Suchmaschine! Sofort! Vor Wiki (nichts gegen Wiki, wichtig und toll, es ist nur erstaunlich), zwei Seiten vor dem ersten Video auf DuGlotz, vier Seiten vor dem ersten Angriff der Amazonen auf die Geldbörse des Suchenden … kann Wolfgang Tillmans gar zaubern, nervende Websites mit telepathischen Fotostrahlen weit hinten ins Netz zaubern? Verzeihung, der Autorin geht gerade die Phantasie durch, ein paar Tage Beschäftigung mit Wolfgang Tillmans machen einfach gute Laune …
Als Zweites fällt das angenehm simple UND lesbare, augenschonende, sachliche, zielführende Design auf (schauen Sie sich einige Künstler-Websites an, dann wissen Sie, was ich meine), als Drittes fällt auf, dass die Seite eine Menge bietet:
Gleich als Erstes oben links auf der Seite (endlich einmal unseren Seh-Gewohnheiten nachempfunden, nicht irgendwo rechts am Rand oder unten) finden Sie den „exhibition calendar“, den aktuellen Ausstellungskalender also.
Unter „new installation views“ können Sie sehen, was gerade los wahr oder los ist in der Tillmans-Welt, was heißt hier sehen, Sie können in jedes der aufgeführten Themen hineinklicken und können jede Menge weiterer „Views“ betrachten.
Im „installation views archive“ finden Sie ein Archiv, das Ihnen Einblicke in sagenhafte 34 vergangene Ausstellungen ermöglicht, und unter „book downloads“ wird Ihnen tatsächlich genau das ermöglicht:
Sie können sich insgesamt acht der von Tillmans zusammengestellten Bücher als pdf herunterladen, darunter auch solche, die als Print längst ausverkauft sind. Hier ist schon einmal die Liste, zum Appetit machen:
- Zachęta Ermutigung, Zachęta Narodowa Galeria Sztuki, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, 2011
- Wolfgang Tillmans, Walker Art Gallery, Liverpool, Brochure, 2010
- Wolfgang Tillmans. London: Serpentine Gallery, Koenig Books London, 2010
- Wako Book 4. Tokyo: Wako Works of Art, 2008, Wako Works of Art
- Why We Must Provide HIV Treatment Information. Photography by Wolfgang Tillmans. London: HIV i-base, 2007
- Wolfgang Tillmans. Los Angeles. New Haven and London: Museum of Contemporary Art, Chicago, and Hammer Museum, Los Angeles, 2006
- Wako Book 3. Tokyo: Wako Works of Art, 2004
- Wako Book 2. Tokyo: Wako Works of Art, 2001
Wer ein wenig mehr ausgeben will, besorgt sich Wolfgang Tillmans Buch Collector’s Edition vom Hatje Cantz Verlag mit einer Werkübersicht mit 2400 Photographien, die anlässlich der Tate Ausstellung entstanden sind, für 800,- Euro. Die Collectors Edition zeigt seine gesamte künstlerische Entwicklung von den Anfängen 1978 bis ins Jahr 2003, Infos auf Edition Hatje Cantz: Wolfgang Tillmans, dort gibt es noch eine ganze Reihe weiterer exklusiver Tillman-Kunstbücher.
Der Menupunkt „all books“ enthält genau diese: Einfach eine Liste aller bisher von Tillmans erstellten Künstlerbücher/Kataloge (wird nicht unterschieden, hat auch wenig Sinn, Tillmans stellt auch seine Kataloge mit viel Sorgfalt und Liebe selbst zusammen). Auch hier wieder Service, Verlag, ISBN und ggf. download-Link stehen selbstverständlich mit dabei. Es lohnt sich übrigens unbedingt, diese Liste anzusehen – Langweile oder Wiederholung gibt es bei Tillmans Büchern nicht, ebenso wenig wie bei seinen Fotos.
Der Menupunkt „betweenbridges.net“ führt netterweise sofort dorthin, in einem neuen Fenster, als Erstes erfahren Sie dort Adresse, Öffnungszeiten und die gerade laufende Ausstellung, unten auf der Seite, was demnächst los sein wird. „lectures“ führt zu Lesungen, mit den Manuskripten als pdf zum Herunterladen, „interviews“ zu Interviews, selbstverständlich auch sofort zum Herunterladen, ebenso wie die „essays & reviews“ (Kritiken, und wenn Sie Tillmans inzwischen ein wenig kennen, wissen Sie, dass er nicht nur die Nettesten ausgewählt hat) auf der folgenden Seite.
Nur die „biography/bibliography“ gibt es nicht zum Download per Klick, dazu ist der Künstler wohl zu bescheiden, aber das klare und minimalistische Design macht es unschwer möglich, die ganze Seite zu aktivieren und sie in ein Textformat zu kopieren.
Sie wundern sich, wie sich jemand so darüber echauffieren kann, dass eine Website gut gemacht, einfach lesbar und komfortabel bedienbar ist? Dann arbeiten Sie wahrscheinlich in einem Beruf, in dem Sie nicht täglich stundenlang im Netz recherchieren …
Viele der Kunstliebhaber, die diesen Artikel lesen, werden sich bestimmt noch an die Website der documenta 13 erinnern und wie „schön“ es war, dort an Informationen zu kommen.
Ein Tipp erscheint allerdings zum Abschluss noch angebracht: Planen Sie etwas Zeit ein, wenn Sie auf die Seite von Wolfgang Tillmans gehen, Sie werden mit Sicherheit eine Weile dort hängen bleiben …
Mehr zu Wolfgang Tillmans Leben erfahren Sie übrigens im Artikel „Wolfgang Tillmans: Ein Leben für ein Bild von der Welt“.
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse