- Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Altpaläolithische Kleinkunst
- Kunstgeschichte; Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Augenidol
- Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Germanische Kunst; Entstehung des Langobardenreichs
- Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Der tatsächlich betrachtete Zeitraum
- Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Der theoretisch betrachtete Zeitraum
Bei den Langobarden ist schon der Name rätselhaft: Sie könnten nach ihren langen Bärten benannt worden sein, lautet eine bekannte Hypothese – die waren aber ein paar Jahrhunderte vor Erfindung der Schere höchstwahrscheinlich nicht wirklich ein Alleinstellungsmerkmal.
Der Name könnte sich auch von ihren Hellebarden herleiten, den besonders langen Streitäxten, die vielleicht erst dazu geführt haben, dass sich diese frühen Germanen neue Lebensräume erobern konnten.
Laut Göttergeschichte rund um Odin = Wodan (für uns seit Richard Wagner Wotan) und seine Gemahlin Frea (= Frigg, Ehe- und Mutterschafts-Göttin, die bis auf gewisse Überschneidungen der Aufgabenbereiche nichts mit der Fruchtbarkeits- und Liebesgöttin Freya zu tun hat) gingen die Langobarden nämlich aus einer Kriegslist hervor: Die noch weiter nördlich beheimateten Winniler krachten sich mit den Vandalen, während eines Konflikts entwickelte sich eine komplizierte Geschichte, an deren Ende die Winniler Langobarden hießen …
Göttersagen sind zwar im Grunde Klatschgeschichten, in denen etwa so viel Wahrheit steckt wie in Boulevard-Blättchen oder Blogbeiträgen uninformierter Menschen – aber man kann zumindest davon ausgehen, dass früher Winniler und Langobarden rumliefen, zu denen man nun eben Geschichten erzählte.
Fakt ist, dass Winniler heute nur noch bei Mittelalter-Spielchen zu bewundern sind (www.winniler.net/gallery.html); während die Langobarden uns eine Menge erstaunlicher Kunst und Baukunst hinterlassen haben.
Für weltlicher orientierte Menschen kann man die Geschichte der Langobarden so zusammenfassen: Eigentlich waren die Langobarden Elbgermanen, wie die Sueben (= Schwaben) und die Semnonen (gingen in den Alamannen auf), mit gesicherter Präsenz an der unteren Elbe im späten 1. Jahrhundert v. Chr.
Um 370 n Chr. wurde es den Langobarden wohl zu kalt in Germanien, sie starteten von der unteren Elbe (wo sie die fruchtbare Gegend der Magdeburger Börde besiedelten hatten) gerade südöstlich und immer der Sonne entgegen. Irgendwann sind sie wohl ein bisschen zu weit nach Osten geraten und deshalb lieber kurz vor Budapest rechts abgebogen (wahrscheinlich, weil es schon wieder kälter wurde) – was jetzt auch möglich war, vorher waren sie lange auf senkrechte Steinwände namens „Alpen“ zugelaufen.
Rechts abbiegen nach Umrundung der Alpen war eine gute Idee und brachte die Langobarden schließlich in den oberen Teil des italienischen Stiefels, die Po-Ebene hatte klimatische für fröstelnde, schlecht angezogene Elbufer-Siedler schon echt was zu bieten.
Die Langobarden eroberten Turin, Verona, Genua und auch kurz mal Venedig, das knapp unter Mailand liegende Pavia wurde von 568 bis 774 die Hauptstadt des von König Albion im warmen Süden gegründeten lombardischen Reichs.
206 Jahre konnten die Menschen im schönen warmen Langobardenreich weitgehend in Ruhe leben, bauen und Kunst anfertigen, dann hatte der nächste große Unheilstifter genug Dumme für gemeinschaftlichen Massenmord/Massenselbstmord zusammen: Karl der Große belagerte 774 gut neun Monate Pavia und eroberte es schließlich, weil auf seiner Seite ein paar Leute mehr überlebten.
Karl steckte den letzten Langobardenkönig Desiderius samt Gemahlin in ein fränkisches/französisches Kloster (in Corbie an der Somme), um sich selbst auch noch zum König der Langobarden zu krönen.
Das Langobardenreich war nun Teil des Frankenreiches, was ziemlich schnell allgemein akzeptiert wurde. Nur Desiderius‘ Sohn (der sicher ewige Rache für die seinen Eltern angetane Schmach geschworen hatte, die uns in irgendeiner Göttersage überliefert wird) zettelte noch vereinzelte Aufstände in Friaul und Umgebung an, und das Herzogtum Benevent (im Süden, fast an der Stiefelspitze im heutigen Kampanien) blieb so lange widerspenstig, dass es erst Ende 11. Jh. ins süditalienische Normannen-Reich zwangseingegliedert wird.
Ansonsten ging das Leben weiter, die Langobarden übernahmen nach und nach römische Traditionen und konvertierten im 7. Jahrhundert auch öfter zum Katholizismus (was ihnen in der Zukunft auch nicht viel mehr Frieden bringen sollte).
Die Langobarden Germanische Stämme (Doku Hörspiel)
Dokumentation: DIE LANGOBARDEN (DVD / Vorschau)
Der Name der Langobarden blieb im Namen der norditalienischen Region Lombardei (ital. Lombardia, auch Langobardia) erhalten; die seit etwa 1000 als ausgestorben geltende lombardische Sprache wird vom „Centro di dialettologia e di etnografia“ in Bellinzona/Tessin und manchmal auch von Radiotelevisione Svizzera gepflegt; ansonsten kümmerten sich lange Zeit nur noch ein paar moderne lombardische Sänger um das Langobarden-Erbe Italiens (mit mäßigem Erfolg, Dialekte gelten in Italien eher als „Proletensprache“).
Ändert sich gerade, schon in der Volksbefragung vom 22.10.2017 zeigten sich ganz neue Autonomie-Bestrebungen in Venetien und der Lombardei, angestachelt durchs Unabhängigkeitsreferendum Kataloniens. Die Lage in Italien ist seitdem nicht besser geworden; überforderte italienische Politiker sind schon wieder mitten drin im „Wir-gegen-den-Rest-der-Welt“-Modus, das perfide Spiel mit der angeborenen Sehnsucht des Menschen nach Gruppenzugehörigkeit haben verkrustete Systemen durch alle Zeiten der Weltgeschichte zur Ablenkung eingesetzt.
Weil es schon immer so prima geklappt hat – verkrustete Systeme machen vor allem den gutwilligen Menschen das Leben schwer, weil das leichter ist und nach Action aussieht, während böswillige Menschen immer mehr Freiraum gewinnen; und das „Entkrusten“ kann nur von den Bürgern ausgehen.
Bis die was merken, haben sie so viel Angst im Bauch hat, dass sie nicht mehr klar denken können, und das führt dann auch noch dazu, dass gerade die benachteiligten Menschen selbsternannten Rettern nachlaufen, die in Wirklichkeit nur sich selbst retten wollen …
In Italien ging es erst einmal nur um “zusätzliche Formen der Autonomie” wie z.B. Anerkennung/Pflege des lombardischen Dialekts, jetzt ist bereits die Rede von „Austritt aus allem“. Kaum einen Kunsthistoriker würde es wundern, wenn die seit Juni 2018 mitregierende fremdenfeindliche Lega demnächst die lombardische Krone aus der Versenkung holen würde.
Die Lega heißt schließlich ursprünglich und vollständig „Lega Nord per l’indipendenza della Padania“ (Liga Nord für die Unabhängigkeit Padaniens), dieser „Propagandastaat“ Padanien hat ziemlich viel mit dem ehemaligen Langobardenreich gemein, und die berühmte Eiserne Krone der Langobarden hat schon ganz andere Macht-Neurotiker gereizt: Römisch-deutsche Kaiser setzten sie im Mittelalter dauernd auf, um ihren Anspruch auf die nun „Königreich Italien“ genannte Lombardei zu untermauern; der letzte Träger hieß Napoleon Bonaparte und als Kaiser Napoleon I., er brachte 23 Jahre Krieg mit 3,5 Millionen Kriegstoten.
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse