Die faszinierende Welt der afrikanischen Kunst – Ein Blick hinter die Kulissen das rasant gestiegenen Interesses an Kunstwerken des „Schwarzen Kontinents“
Entdecken Sie die faszinierende Welt der afrikanischen Kunst. Tauchen Sie ein in die tiefen, kulturellen Einflüsse, die diese Kunstform geprägt haben. Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick hinter die Kulissen der sprunghaft gestiegenen Aufmerksamkeit für diese zeitgenössische Kunstwelt werfen und die Geschichte der afrikanischen Kunst erforschen.
Warum afrikanische Kunst faszinierend ist
Afrikanische Kunst hat eine lange und faszinierende Geschichte, die bis in die prähistorische Zeit zurückreicht. Die Vielfalt der afrikanischen Kunst spiegelt die reiche kulturelle Vielfalt des Kontinents wider und umfasst viele verschiedene Stile, Techniken und Materialien.
Von den beeindruckenden Skulpturen der Dogon in Mali bis hin zu den bunten Textilien der Ashanti in Ghana gibt es eine Fülle von Kunstwerken, die die Kreativität und das Können afrikanischer Künstlerinnen und Künstler widerspiegeln.
Afrikanische Kunst ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch ein wichtiger Ausdruck kultureller Identität und Geschichte. Durch die Betrachtung afrikanischer Kunst können wir nicht nur einen Einblick in die Vergangenheit gewinnen, sondern auch eine bessere Verständigung für die Gegenwart entwickeln.
Was ist zeitgenössische afrikanische Kunst? Über African Art und Tribal Art
Der Begriff der zeitgenössischen afrikanischen Kunst war schon immer schwierig zu definieren. Und das aus gutem Grund: Der Kontinent erstreckt sich über 54 Länder, von denen jedes seine eigene einzigartige Kultur, seine Traditionen und seine sozialen Strukturen hat.
Darüber hinaus erschwert die durch den Kolonialismus verursachte enorme Diaspora diese Definition zusätzlich. Folglich ist es unmöglich, eine genaue Vorstellung davon zu haben, was afrikanische zeitgenössische Kunst ist und wie sie aussieht. Es gibt einige Schlüsselfaktoren, die wir betrachten können, um zu verstehen, was die afrikanische Kunstszene zu dem gemacht hat, was sie heute ist.
Aus europäischer Sicht werden die meisten Kunstwerke des afrikanischen Kontinents der Kategorie „Anonyme Volkskunst“ zugeordnet. Obwohl sie meist im Auftrag gefertigt werden, um bestimmte Anlässe zu markieren, sind es vor allem Bauern und Schmiede, die in den bäuerlichen Gesellschaften im Nebenerwerb schnitzen.
In vielen Ethnien ist die Erschaffung von magischen Objekten eine Männeraufgabe. Das Handwerk des Künstlers erfordert eine mehrjährige Lehrzeit und Spezialisierung und ist vor allem in den Königreichen nachweisbar. So organisierten sich die Bronzegießer und Elfenbeinschnitzer im Benin in Berufsgruppen und Gilden. Museumsbestände zeigen, dass einzelne Königreiche auf bestimmte Kunstproduktionen spezialisiert waren und es auch einen Austausch zwischen den Ethnien gab.
Négritude und Postkolonialismus – Ursprünge der zeitgenössischen afrikanischen Kunst
Négritude
Die Négritude-Bewegung, angeführt von den Schriftstellern Aimé Césaire, Léon Damas und Léopold Sédar Senghor, war eine literarische Bewegung, die eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der modernen afrikanischen Kunst sowie der zeitgenössischen afrikanischen Kunst spielte (siehe Artsper).
Gegründet wurde sie 1937 von einer Gruppe afrikanischer Kunststudenten in Paris, einer Stadt mit einer toleranten und vielfältigen Kunstszene, und verbreitete sich weltweit. Das Ziel der Bewegung war es, den Kolonialismus zu kritisieren und die Wertschätzung für die schwarze und afrikanische Kultur zu fördern.
Léopold Sédar Senghor betonte, dass die afrikanische Kunst, um sich weiterzuentwickeln, die Modernität der Gegenwart widerspiegeln und gleichzeitig die traditionelle Kultur feiern müsse. Die visuelle Kunst der Bewegung konzentriert sich auf diese Prinzipien und lässt sich von anderen modernistischen Bewegungen wie der Harlem Renaissance und dem Surrealismus inspirieren.
Aubrey Williams, einer der bedeutendsten bildenden Künstler der Bewegung, nutzte die Abstraktion häufig als Mittel, um eine westlich geprägte, enge Sichtweise der afrikanischen Kunst zu vermeiden. Darüber hinaus kritisierte er in seinen Werken oft koloniale Regime, wie zum Beispiel in seinem Gemälde „Der Tod und der Konquistador“, das die Grausamkeit der spanischen Kolonialisierung Amerikas thematisiert.
Postkolonialismus
Die Entkolonialisierung Südafrikas war ein langer und mühsamer Prozess, der sich über einen Zeitraum von fünf Jahrzehnten erstreckte. Schließlich erlangte das Land im Jahr 1994 seine Unabhängigkeit von einer Regierung, die von Weißen dominiert wurde. In dieser Zeit des fundamentalen Wandels begannen afrikanische Künstler, neue Kunststile zu erforschen und sich mit neuen Themen auseinanderzusetzen. Dies geschah nach der Negritude und der Kolonialkritik. Es kam zu einer Abkehr von der Abstraktion und einer Hinwendung zur konzeptuellen Kunst.
Die Fundstückkunst, eine bemerkenswerte Stilrichtung, beeindruckt bis heute durch ihre Kreativität und Nachhaltigkeit. Künstler kreieren mittels gefundenen und recycelten Materialien Kunstwerke und erfreuen sich großer Beliebtheit auf dem Kontinent.
Einer der führenden Vertreter dieser Bewegung ist der angesehene Antikriegsaktivist und Bildhauer Gonçalo Mabunda aus Mosambik. Seine Werke bestehen aus Waffenteilen, die der Christliche Verein von Mosambik nach dem 20-jährigen Bürgerkrieg gesammelt hat.
Mit seiner Kunst verwandelt Mabunda den Tod in neues Leben und setzt somit ein kraftvolles Zeichen für Frieden und Wiederaufbau.
Charakteristika und Merkmale
Afrikanisches Kunstschaffen zeichnet sich durch seine enge Verbindung zu religiösen und sozialen Bedingungen aus. Es stellt sich die Frage, ob dies eine Unterscheidung zu Kunst aus Europa, Asien oder den Amerikas darstellt.
Traditionelle afrikanische Kunst hatte meist eine kulturelle und funktionelle Bedeutung und repräsentierte verschiedene Ethnien und ihre Weltentwürfe. Die bedeutendsten Schätze von Afrika-Sammlungen sind jedoch auch Dokumente des Kunstschaffens.
Bis in die 1980er Jahre waren alle Sammlungen nach geografischen und ethnischen Kategorien gegliedert, was einen Überblick über die regionalen und geschichtlichen Unterschiede in der traditionellen Kunst Afrikas ermöglichte.
Dadurch wurden Unterschiede zwischen Stilen deutlich. Zugleich sind die Kunstwerke Quellen zur Kulturgeschichte und Manifestationen von kulturellem Wissen. Erst ein Vergleich vieler Werke einer Ethnie offenbart die gestalterischen Qualitäten und Fähigkeiten einzelner Künstler im Rahmen der ästhetischen Kriterien der jeweiligen Kultur (vergleiche ArtInWords).
Geschichte der afrikanischen Kunst: Von den Anfängen bis heute
Anfänge und archaische Manifestationen
Es ist unbestreitbar, dass die ältesten Ursprünge der Menschheit in Afrika liegen. Darüber hinaus hat dieser Kontinent auch einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der figurativen Künste geleistet. Die afrikanische Kunst, deren Ursprünge bis in die prähistorische Zeit zurückreichen, hat mit ihren charakteristischen Stilmerkmalen die Kultur der Welt maßgeblich geprägt.
Die Geschichte der afrikanischen Kunst ist eine faszinierende Reise durch die Jahrhunderte.
Die Anfänge der afrikanischen Kunst liegen in den Höhlenmalereien des Kontinents, die bis zu 30.000 Jahre alt sind. Diese frühen Kunstwerke zeigten Tiere und Menschen und dienten wahrscheinlich religiösen oder rituellen Zwecken.
In der afrikanischen Kunstgeschichte gilt die Felskunst als die älteste Form des kreativen Ausdrucks. Dabei handelt es sich um Malereien oder Gravuren, die auf Felswänden ausgeführt wurden und meist stilisierte Jagdszenen darstellen. Die ältesten und wissenschaftlich datierten Beispiele dieser Art stammen aus der Zeit vor etwa 24.000-27.000 Jahren.
Im Bereich der Skulptur lassen sich die archaischsten Manifestationen dieses künstlerischen Ausdrucks auf etwa 500 v. Chr. datieren. Hierbei wurden hauptsächlich in Nigeria die ersten Köpfe aus Terrakotta hergestellt. Im Laufe der Zeit wurde diese Tradition durch die Herstellung realistischerer Skulpturen aus Bronze und Messing bereichert.
Diese Skulpturen stellten nicht nur Köpfe, sondern auch Masken und kleine ganze Figuren dar. Besonders beliebt bis heute sind Holzskulpturen, die im 17. Jahrhundert entstanden und weiterhin die oben genannten Sujets abbilden.
Es ist wichtig zu betonen, dass die oben genannten Daten künftigen Änderungen unterliegen können. Dies liegt daran, dass afrikanische Kunst zunächst nicht als ästhetisches Leistungssymbol einer Gemeinschaft und folglich nicht ausreichend untersucht, geschützt und geschätzt wurde (vgl. Artmajeur)
Im Laufe der Zeit entwickelte sich die afrikanische Kunst weiter und wurde von verschiedenen Kulturen geprägt, darunter das Königreich Benin, das Großreich Mali und das Königreich Kongo. Jede dieser Kulturen brachte ihre eigene Ästhetik und Techniken in die Kunst ein, was zu einer großen Vielfalt an Stilen und Formen führte.
Heute ist afrikanische Kunst auf der ganzen Welt bekannt und geschätzt, von Skulpturen über Masken bis hin zu Gemälden und Textilien.
Afrikanische Kunst im Aufbruch – Das 20. Jahrhundert
Der afrikanische Kontinent erlebt im Zusammenhang mit Modernisierung und Globalisierung seit der Unabhängigkeit eine Aufbruchsstimmung, die von einer künstlerischen Moderne in den Jahren zwischen den 1930er und 1980er Jahren begleitet wird. In dieser Zeit entstanden neue künstlerische Ausdrucksformen, die diesen Wandel widerspiegeln.
Die moderne und zeitgenössische afrikanische Kunst erlangte insbesondere durch große Kunstausstellungen und Biennalen wie die documenta11 und die Venedig Biennalen internationale Aufmerksamkeit.
Eine umfassende Betrachtung der afrikanischen Moderne als postkoloniale Moderne, die historische, persönliche und ästhetische Begegnungen mit Europa einschließt, steht jedoch noch aus.
Angesichts der zunehmenden Präsenz moderner und zeitgenössischer Kunst Afrikas in Deutschland ist es jedoch unerlässlich, auch die afrikanische Moderne in deutschen Sammlungen detailliert zu untersuchen. Dies soll dazu beitragen, ein besseres Verständnis für die Gegenwart und Zukunft von Kunst aus afrikanischer und westlicher Perspektive zu erlangen.
Aus diesem Grund haben sich die Bildungseinrichtungen Iwalewahaus, Universität Bayreuth, Weltkulturen Museum in Frankfurt und die Makerere Art Gallery/Institute of Heritage Conservation and Restoration in Kampala zu einem Forschungsprojekt zusammengeschlossen (Das Projekt dauerte von 2015 – 2018, siehe Iwalewahaus) . Ziel war es, die afrikanische Moderne durch die Analyse ihrer Kunstsammlungen in einem trans- und interdisziplinären Rahmen gemeinsam zu erforschen.
Durchdringung der Moderne und Inspiration für Picasso & Co.
Wie die Neue Zürcher Zeitung in einem Artikel im Feuilleton berichtete, bot die Stammeskunst (sog. Tribal Art) den Pionieren der modernen Kunst wegweisende Anregungen weit über formale Impulse hinaus. Das führte zu nicht weniger als einer fundamentalen Verschiebung geistiger Horizonte, die sich aus der Auseinandersetzung mit der sogenannten primitiven Kunst ergeben hatte.
Der Artikel berichtet vom Juni 1907, als der berühmte Kubist Pablo Picasso die Afrika-Galerie des Musée d’Ethnographie im Pariser Trocadéro betrat. Der Katalane erkannte in den afrikanischen Plastiken, die er dort vorfand, nicht einfach nur gute Kunstwerke, sondern magische Objekte, Medien, Mittel zur Befreiung von Gefahr und Angst.
Das berühmte Gemälde von Picasso namens „Les Demoiselles d’Avignon“, welches unmittelbar nach seinem Besuch im Trocadéro vollendet wurde, zeigt zwei der fünf Frauenfiguren, deren Gesichter unheimlich afrikanischen Masken ähneln. Interessanterweise waren keine der bislang von Kunsthistorikern als mögliche Vorbilder genannten Masken vor der Fertigstellung des Gemäldes in Paris zu sehen. Folglich sind die bedrohlich wirkenden Gesichtszüge der genannten beiden „Demoiselles“ keine bloßen Zitate, sondern beweisen Picassos tiefgreifendes Verständnis von bildenden Prinzipien afrikanischer Kunst.
Als Picasso sich für die Stammeskunst zu interessieren begann, war eine allgemeine Faszination dafür spürbar. Masken und Figuren aus den Kolonien, die zuvor lediglich als exotische Kuriositäten oder ethnografisches Studienmaterial in europäischen Völkerkundemuseen ausgestellt wurden, wurden plötzlich von modernen Künstlern, Händlern und Sammlern als Kunstwerke anerkannt.
Oft wird behauptet, dass Picassos Begegnung mit den reduzierten Formen afrikanischer Plastik ihn zum Begründer des Kubismus gemacht habe. Allerdings war es Georges Braque, der bereits 1908 die ersten kubistischen Landschaften malte, und der Kubismus hat vor allem seine Wurzeln in der Malerei Cézannes.
Abgesehen von den „Demoiselles“ gibt es zahlreiche weitere Beispiele dafür, dass Künstler der Moderne direkte Anleihen von der afrikanischen Plastik gemacht haben. Ein solches Beispiel ist Fernand Léger, der sich für die Kostüme und Bühnenbildentwürfe des Balletts „La création du monde“ (1923) von Abbildungen aus den beiden damals maßgeblichen Büchern über afrikanische Plastik inspirieren ließ.
Auch Bildhauer wie Constantin Brancusi, Alberto Giacometti und Henry Moore haben unmittelbar vom Formenrepertoire afrikanischer Künstler profitiert. Giacomettis berühmte „Löffelfrau“ von 1926 erinnert beispielsweise an anthropomorphe Getreideschaufeln von der Elfenbeinküste.
Grenzverschiebung geistiger Horizonte
Was sowohl die Stammeskunst Afrikas als auch Ozeaniens und moderne Kunst ganz grundsätzlich miteinander verbindet, sind mehrere Faktoren.
Zum einen ist es der Erfindungsreichtum und die Ausdrucksstärke, die in beiden Kunstformen deutlich zu erkennen sind.
Zum anderen zeichnet sich die moderne Kunst wie auch die Stammeskunst durch eine geniale Vereinfachung der Formen aus.
Ein weiterer gemeinsamer Nenner ist der konzeptuelle Ansatz und die prominente Rolle, die elementare bildnerische Zeichen sowohl in der Stammeskunst als auch bei der europäischen Avantgarde spielen.
Doch am bedeutendsten war die fundamentale Verschiebung geistiger Horizonte, die sich aus der Auseinandersetzung mit den Kulturen der Eingeborenen und deren damals so genannter primitiver Kunst ergab.
Steigende Anerkennung für Kunstobjekte aus dem afrikanischen Kontinent
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts erlangten Objekte aus Südsahara zunehmend Anerkennung als Kunstwerke. Während ethnologische Forschung diese Werke primär als Gegenstände des Alltagslebens und der Kulturgeschichte betrachtete, entwickelte sich parallel dazu ein Verständnis für die Kunstgeschichte Afrikas.
Im frühen 20. Jahrhundert wies afrikanische Kunst einen hybriden Charakter auf, der insbesondere Künstler in Paris und Dresden faszinierte. Der Bedeutungswandel vom Kultobjekt zum Kunstwerk manifestierte sich vor allem seit den 1970er und 1980er Jahren in der Ausstellungspraxis.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Umzug der afrikanischen Kunst aus der Sammlung von Nelson Aldrich Rockefeller vom Museum of Primitive Art ins Metropolitan Museum im Jahr 1974. In jüngster Zeit hat sich zudem die Präsentation nach Themen und Inhalten durchgesetzt, um den Betrachtern neue Einblicke in afrikanische Kunsttraditionen zu gewähren.
Der Begriff „Stammeskunst“ wurde in der modernen Ethnologie durch die Benennung von Werkstätten und Schulen, sowie durch die Nennung von Künstlern und Künstlerinnen ersetzt. In den meisten Fällen blieben die Schöpfer jedoch anonym.
Globaler Austausch und Vernetzung seit den 1960ern
Die transnationalen Verflechtungen, die sich zwischen Afrika und Europa entwickelt haben, sind ein Phänomen, das in den 1960er-Jahren seinen Anfang nahm – so auch in der Kunstwelt.
Zu dieser Zeit erlangten viele afrikanische Staaten ihre Unabhängigkeit. In den zwei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg entstand nicht nur die „Nouvelle École de Paris“, sondern auch die im Senegal.
Diese Kunstschule und Bewegung förderte afrikanische Gegenwartspositionen und kritisierte die ideologischen Systeme und ausschließenden Zeitkonzeptionen des kolonialen Westens.
Die Kuratorin Angela Stercken beschreibt in ihrem Ausstellungstext, wie entscheidende Impulse für den deutschen Kunstbetrieb von Okwui Enwezors Ausstellung „Short Century“ (2001) sowie der documenta11 im Jahr 2002 ausgingen, deren künstlerischer Leiter der nigerianische Kurator war (siehe „Deutsche Welle zeigt zeitgenössische afrikanische Kunst“ von Christine Lehnen).
Der künstlerische Austausch zwischen Afrika und Europa basiert auf einer langen Tradition, die bis in die 1960er-Jahre zurückreicht. Kunstfestivals in Lagos und Algier boten damals die Gelegenheit, Werke afrikanischer und diasporischer Gegenwartskünstlerinnen und -künstler neben Positionen aus Europa auszustellen. Dies war zuvor unüblich.
Die Deutsche Welle hatte in den 1960er-Jahren eine kleine Sammlung zeitgenössischer Kunst angelegt, die vor allem Werke aus Deutschland und Europa umfasste. Seit 2016 wurde diese Sammlung um die Werke von 20 afrikanischen Künstlerinnen und Künstlern erweitert. Ziel war es, so die Kuratorin Stercken während der „Preview“-Eröffnung am 20. Juni 2022 in Bonn, eine vormals eurozentrisch geprägte Sammlung kritisch zu reflektieren und durch afrikanische Gegenwartspositionen für eine gemeinsame, globale Zukunft zu öffnen.
Im späten 20. Jahrhundert trugen diverse weitere Ausstellungen afrikanischer Kunst im Westen maßgeblich dazu bei, diese Kunstform in der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Eine besonders bedeutende Schau fand im Jahr 1989 im renommierten Pariser Centre Pompidou statt.
Die Ausstellung mit dem Titel „Magiciens de la terre“ widmete sich den unterschiedlichen Ausprägungen von Kunst aus Ländern, die nicht dem westlichen Kulturkreis zuzuordnen sind. Diese Ausstellung bildete den Auftakt für zahlreiche weitere wichtige Veranstaltungen, die sich zum Ziel setzten, die zeitgenössische afrikanische Kunst sowie deren Schöpferinnen und Schöpfer zu fördern und zu würdigen.
Ein herausragendes Beispiel hierfür ist die 1995 von afrikanischen Kuratorinnen und Kuratoren in der Whitechapel Gallery organisierte Ausstellung „Seven Stories about Modern Art in Africa“. Sie präsentierte Werke von 60 Künstlerinnen und Künstlern und bot somit einen spannenden Überblick über die moderne afrikanische Kunstgeschichte (Hardback Aussstellungskatalog).
Afrikanische KünstlerInnen blicken optimistisch in die Zukunft
Während eines Panel-Gesprächs beim „Global Media Forum 2022“ haben afrikanische Kreative ihre Ansichten zur zeitgenössischen Kunst Afrikas in der Welt kundgetan. Angèle Etoundi Essamba, eine Fotografin aus Kamerun, die in Frankreich ausgebildet wurde und in Amsterdam lebt, sieht die Lage der zeitgenössischen afrikanischen Kunst optimistisch.
Es ist wahr, dass seit über 20 Jahren eine sehr lebendige Kunstszene in Afrika existiert“,
sagte sie und verwies auf die zunehmende Präsenz afrikanischer Positionen auf Biennalen als Beispiel.
Es ist von großer Bedeutung, dass die Werke der Künstler reisen, um diesen aktuell sprudelnden Quell zeitgenössischer afrikanischer Kunst zu unterstützen.“
Künstler mit afrikanischen Wurzeln im Trend – Der Kunsthandel für afrikanische Kunst boomt
Zeitgenössische Künstler mit afrikanischen Wurzeln immer gefragter
Seit etwa einem Jahrzehnt bereichern Künstler mit afrikanischen Wurzeln die zeitgenössische Kunstszene und erwecken großes Interesse im Westen. Insbesondere das internationale Kunstzentrum Paris und seine Kunstszene feiert die Exotik und dunkle Haut in der Kunstwelt.
Exemplarisch dafür ist der Höhenflug des dunkelhäutigen Künstlers Julien Creuzet, der 2024 Frankreich auf der Kunstbiennale in Venedig vertreten wird. Der 36-jährige Franzose mit familiären Wurzeln auf der Antillen-Insel Martinique ist Professor an der Pariser Kunstakademie.
Gleichzeitig haben Online-Bieter bei Christie’s in Paris am 8. Dezember ein starkes Preissignal gesetzt, indem sie bei der Zeitgenossen-Auktion zwei Gemälde des 1983 in Elfenbeinküste geborenen Malers Aboudia zu den zwei höchsten Zuschlägen machten: 151.200 und 138.600 Euro – bei Taxen, die „nur“ bei 30.000 Euro lagen.
Der Trend zu afrikanischen Künstlern resultiert aus solider Galeriearbeit und zahlreichen Ausstellungen, die mit den „Magiern der Erde“ 1989 in Paris begannen. Die Pariser Fondation Cartier hat ebenfalls Pionierarbeit in Sachen Ästhetik aus Afrika in den 1990er-Jahren geleistet, oft unter der initiierenden Kuratorenschaft des profunden Afrikakenner André Magnin.
Magnin hat für den Simca-Erben Jean Pigozzi die weltweit größte Afrika-Sammlung aufgebaut und hat vergangenen Sommer bekanntgegeben, dass er der Stadt Cannes eine riesige Schenkung für das geplante Pigozzi-Museum macht (Handelsblatt berichtete).
Gestiegene Wertschätzung des Kontinents
Im Zuge der fortschreitenden Entwicklung des künstlerischen Klimas haben zahlreiche neue Galerien auf dem afrikanischen Kontinent ihre Türen geöffnet, um der steigenden Nachfrage nach zeitgenössischer afrikanischer Kunst gerecht zu werden. Ein beeindruckendes Beispiel ist das Zeitz Museum of Contemporary Art, das im Jahr 2017 eröffnet wurde und als weltweit größtes Museum für zeitgenössische afrikanische Kunst gilt.
Jüngst schlossen sich die Nike Art Foundation und die Fondation H dem Kreis der neuen Kunstzentren an. Während die Nike Art Foundation im Mai 2023 ihre Galerie in Abuja, Nigeria eröffnete, öffnete die Fondation H im April 2023 ihre Türen in Madagaskar. Insbesondere die Fülle an neuen Galerien und Kunstzentren auf dem afrikanischen Kontinent ist ein deutliches Indiz für die wachsende Bedeutung und Anerkennung afrikanischer Kunst.
Die globale Anerkennung wächst
Die wachsende Bedeutung afrikanischer Kunst auf der Weltbühne spiegelt sich in der Entwicklung der Kunstszene in Afrika wider. In der westlichen Hemisphäre gibt es mittlerweile mehrere Kunstausstellungen, die sich der afrikanischen Kunst widmen. Die 1-54 Art Fair, die im Jahr 2013 in London ins Leben gerufen wurde, veranstaltet nun jährlich drei Messen in London, New York und Marrakesch sowie eine Pop-up-Messe in Paris.
Als die Biennale von Venedig einen afrikanischen Kurator auswählte, sorgte Okwui Enwezor dafür, dass seine Ausstellung mehr afrikanische Künstler als je zuvor umfasste. Ziel war es, das traditionelle eurozentrische Narrativ in Frage zu stellen und die bedeutende Rolle zu würdigen, die afrikanische Kunst bei der Gestaltung der globalen Kunstlandschaft spielt.
Relativierung und Einordnung in Zahlen
Der afrikanische Kunstmarkt befindet sich zwar im Aufschwung, jedoch stellt er im Vergleich zu anderen Kunstmärkten weltweit immer noch einen vergleichsweise kleinen Teil dar.
Während die Händler auf dem amerikanischen Kunstmarkt zwischen 2021 und 2023 ein Wachstum von 6 % im Vergleich zum Vorjahr verzeichneten, konnte der afrikanische Kunstmarkt lediglich einen Anstieg von 1 % verbuchen (siehe Artsper)
Trotz einiger Herausforderungen ergeben sich jedoch auch Chancen auf diesem Markt. Um aufstrebende Künstler weiterhin zu fördern und das Wachstum sowie die Integration des afrikanischen Kunstmarktes in die globale Kunstszene voranzutreiben, sind weitere Investitionen in Infrastruktur sowie in die Kunsterziehung und das Unternehmertum erforderlich.
Der Markt mit traditioneller afrikanischer Kunst boomt
In dem Film werden wir auf eine faszinierende Reise durch Museen und Galerien unseres Nachbarkontinents eingeladen, um die beeindruckenden Alltags- und Kultgegenstände sowie die mysteriösen Fetische und Masken der afrikanischen Kunst zu entdecken.
Wir begegnen den kunstvollen Objekten aus Afrika in eleganten Vitrinen von Galerien, aufbewahrt in robusten Stahlschränken von Völkerkundemuseen und sogar in den vollgestopften Wohnungen leidenschaftlicher Sammler. Leider werden manche Sammler vom Kunstmarkt dazu verleitet, ihre Leidenschaft in eine spekulative Geldanlage zu verwandeln.
Es ist erstaunlich, wie die traditionelle afrikanische Kunst an Beliebtheit als Investitionsobjekt gewinnt. Auktionen erzielen Rekordpreise und einzelne Werke werden mit Millionenbeträgen gehandelt. Der Film begibt sich auf die Suche nach den Ursprüngen dieser Kunstwerke, von den armen Schnitzern in Westafrika bis hin zu den schicken Galeristenmessen in Brüssel und Paris, wo die Kunstmarkt-Preise bestimmt werden. Gleichzeitig erheben sich Stimmen von afrikanischen Geschichtsbewussten, die Museumsdirektoren der „Raubkunst“ beschuldigen.
Insgesamt ist dieser Film eine faszinierende Reise durch die Welt der afrikanischen Kunst, die uns nicht nur die Schönheit, sondern auch die Kommerzialisierung und Probleme dieser Kunstform näherbringt.
Das Problem mit der „Raubkunst“
Die brutale Plünderung von Kulturgütern in Afrika durch Kolonialherren ist ein Thema, das nicht nur in Europa, sondern auch in Afrika selbst hitzig diskutiert wird. Die Präsentation von Kunst- und Kulturgütern in europäischen Museen ohne die Berücksichtigung ihrer oft blutigen Herkunftsgeschichte und ohne Einbeziehung der Nachfahren der ursprünglichen Besitzer ist ein echtes Problem.
Die Frage nach der Restitution solcher Objekte gewinnt in Deutschland durch das Humboldt Forum zunehmend an Bedeutung. Schätzungsweise 1,5 Millionen Kunstgegenstände aus aller Welt lagern in den Depots der ethnologischen Museen Deutschlands, darunter auch 60.000 Objekte aus Afrika. Es stellt sich die Frage, wie viele von ihnen durch Gewaltanwendung erworben wurden und welche Konsequenzen daraus gezogen werden sollten.
In diesem Film von Deutsche Welle Live TV beleuchten die Autoren die Perspektiven deutscher und afrikanischer Beteiligter am Beispiel der Benin-Bronzen aus Nigeria, eines kunstvollen Schiffsschnabels aus Kamerun und der sogenannten Witbooi-Bibel aus Namibia.
Das Team von DW wollte mit ihren Recherchen und Diskussionen herausfinden, wie die Menschen in den afrikanischen Ländern, aus denen die Objekte stammen, darüber denken und welche Erwartungen Wissenschaftler, Museumsdirektoren, Künstler und Kuratoren haben. Dabei werden auch die Emotionen beleuchtet, die bei der Aufarbeitung einer oft schmerzhaften Vergangenheit zutage kommen können.
Bedeutung von afrikanischer Kunst: Kulturelle und spirituelle Aspekte
Afrikanische Kunst hat eine lange Geschichte und ist für viele afrikanische Gemeinschaften von großer Bedeutung. Sie dient nicht nur als kulturelle Ausdrucksform, sondern auch als spirituelle Praxis.
Afrikanische Kunstwerke wie Masken, Skulpturen und Textilien werden oft in rituellen Zeremonien verwendet, um die Verbindung zwischen den Menschen und ihren Ahnen zu stärken oder um Schutz vor bösen Geistern zu suchen.
Die Formen, Farben und Symbole dieser Kunstwerke haben oft eine tiefere Bedeutung und können nur von den Eingeweihten verstanden werden. Afrikanische Kunst ist somit ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes Afrikas und zeigt uns, wie eng verwoben Kunst, Kultur und Spiritualität sein können.
Materialien und Techniken in der afrikanischen Kunst: Von Holz bis Metall
In der afrikanischen Kunst gibt es eine Vielzahl von Materialien und Techniken, die verwendet werden, um atemberaubende Kunstwerke zu schaffen.
Eine der häufigsten Techniken ist die Schnitzerei von Holzskulpturen, die oft mit komplexen Mustern und Symbolen verziert sind. Auch Metall wird häufig in der afrikanischen Kunst verwendet, insbesondere für Schmuckstücke oder Waffen.
Andere Materialien wie Ton, Leder und Stoffe werden ebenfalls verwendet, um kunstvolle Figuren, Masken und Textilien herzustellen. Die Wahl des Materials hängt oft vom Zweck des Kunstwerks ab, aber auch von der Verfügbarkeit und Tradition in der jeweiligen Region.
Es ist faszinierend zu sehen, wie diese verschiedenen Materialien und Techniken in der afrikanischen Kunst genutzt werden, um einzigartige Werke zu schaffen, die eine tiefe Bedeutung und Geschichte haben.
Berühmte KünstlerInnen und ihre Werke
In der Welt der afrikanischen Kunst gibt es eine Vielzahl von talentierten KünstlerInnen die mit ihren Werken beeindrucken. Einige von ihnen haben es geschafft, international bekannt zu werden und gelten als bedeutende Vertreter ihrer Kunstform.
Zu diesen zählen beispielsweise El Anatsui aus Ghana, dessen monumentale Wandteppiche aus recyceltem Material weltweit Beachtung finden, oder auch William Kentridge aus Südafrika, dessen Zeichnungen und Animationsfilme politische Themen aufgreifen.
Aber auch ältere Künstler wie Ben Enwonwu aus Nigeria, der in den 1950er Jahren als erster afrikanischer Künstler internationale Anerkennung erlangte, sind bis heute von Bedeutung. Seine Skulptur „Tutu“ gilt als eines der bekanntesten Kunstwerke Afrikas und wurde erst kürzlich für einen Rekordpreis von über einer Million Pfund versteigert.
Die Werke dieser und anderer afrikanischer Künstler zeigen die Vielfalt und Schönheit der afrikanischen Kunstszene und verdienen es, entdeckt zu werden.
Eine Auswahl afrikanischer Kunst sowie von Afrikanischer Kultur und Natur inspirierter Kunst aus unserer Online Galerie:
Afrikanische Kunst im Kontext der globalen Kunstszene
Wie sich die Wahrnehmung von afrikanischer Kunst in den letzten Jahren verändert hat
In den letzten Jahren hat sich die Wahrnehmung von afrikanischer Kunst in der globalen Kunstszene stark verändert. Während sie früher oft als „exotisch“ oder „primitiv“ betrachtet wurde, wird sie heute zunehmend als eigenständiger und wichtiger Teil der Kunstwelt anerkannt.
Dies spiegelt sich auch in den Preisen wider, die für afrikanische Kunstwerke auf Auktionen erzielt werden. Immer mehr Museen und Galerien widmen sich zudem dem Thema und stellen afrikanische KünstlerInnen aus. Durch diese Entwicklungen wird auch das Bewusstsein für die kulturelle Vielfalt des afrikanischen Kontinents gestärkt und mögliche Stereotypisierungen abgebaut.
Trotzdem bleibt noch viel zu tun, um eine gleichberechtigte Präsenz von afrikanischer Kunst in der globalen Kunstszene zu erreichen.
Herausforderungen bei der Bewahrung und Verbreitung von afrikanischer Kunst
Wie kann man die kulturellen Schätze erhalten?
Die Bewahrung und Verbreitung afrikanischer Kunst stellt eine besondere Herausforderung dar. Viele Kunstwerke sind über Jahrhunderte hinweg entstanden und haben eine tief verwurzelte kulturelle Bedeutung.
Um diese Schätze zu erhalten, bedarf es einer sorgfältigen Pflege und Wartung. Doch auch die Verbreitung dieser Kunstwerke ist von großer Bedeutung, um das kulturelle Erbe Afrikas zu bewahren und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Es gilt, den Spagat zwischen der Bewahrung der Originalität und der Vermittlung des kulturellen Erbes zu meistern. Dabei spielen moderne Technologien wie digitale Archive eine wichtige Rolle, um die Kunstwerke für zukünftige Generationen zugänglich zu machen.
Es bedarf jedoch auch einer sensiblen Herangehensweise, um die kulturelle Bedeutung der Kunstwerke nicht zu verfälschen oder zu missachten. Die Bewahrung und Verbreitung afrikanischer Kunst erfordert somit ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Sensibilität gegenüber der kulturellen Bedeutung dieser Schätze.
Warum es sich lohnt, sich mit der faszinierenden Welt der afrikanischen Kunst auseinanderzusetzen
Abschließend lässt sich sagen, dass es sich definitiv lohnt, sich mit der faszinierenden Welt der afrikanischen Kunst auseinanderzusetzen. Die Vielfalt und Einzigartigkeit dieser Kunstform ist beeindruckend und bietet eine reiche Quelle für Inspiration und Erkenntnis.
Durch das Studium afrikanischer Kunst können wir nicht nur unsere kulturelle Bildung erweitern, sondern auch ein tieferes Verständnis für die Geschichte und Kultur des Kontinents gewinnen. Darüber hinaus kann die Beschäftigung mit afrikanischer Kunst uns helfen, unsere eigenen künstlerischen Fähigkeiten zu verbessern und neue Perspektiven auf die Welt zu gewinnen.
Ob als SammlerIn, KünstlerIn oder einfach als Interessierte*r – die Auseinandersetzung mit afrikanischer Kunst ist eine bereichernde Erfahrung, die jedem empfohlen werden kann.
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.