Wir befinden uns nun am Ende des zweiten Jahres der Corona-Pandemie und es ist Zeit, mal einen Blick auf die Entwicklungen auf dem internationalen Kunstmarkt 2021 zu werfen.
Nach einem Jahr globaler Sorgen hat sich der Markt – vor allem für zeitgenössische Künstler – mit einem Paukenschlag zurückgemeldet. Die Folgen der COVID-19-Epidemie sind deutlich sichtbar in den Statistiken, zur Überraschung vieler waren diese aber nicht negativ.
Nehmen wir die Digitalisierung als offensichtlichstes Beispiel. In den langen Monaten, in denen Galerien und Auktionshäuser weltweit ihre Türen schließen mussten, wurde dieser Prozess auf Hochtouren voran getrieben. Die Popularität hybrider Strategien bei Galerien zeigt, dass diese in der digitalen und weltweit vernetzten Welt vollständig angekommen sind. Zur Freude vieler Händler und Kunstsammler, die nun von einem leichteren Zugang zu Kunstwerken profitieren.
Die weitaus bemerkenswertere Neuigkeit liegt aber im dramatischen Wachstum des Marktes für zeitgenössische Kunst.
Beispielloses Wachstum 2021
Inmitten der großen internationalen Messesaison, zwischen Art Basel, Frieze und FIAC, hat Artprice seinen Marktbericht 2021 veröffentlicht. Und obwohl es sich nur um das erste Halbjahr handelt, sind die Ergebnisse schon jetzt auffallend positiv. Nach einem sehr traurigen Jahr 2020 scheint die zeitgenössische Kunst ihre Anziehungskraft wiedererlangt zu haben und übertrifft mittlerweile sogar jede andere künstlerische Schaffensperiode.
So haben die Umsätze in diesem Segment im Vergleich zu 2020 um sagenhafte 177% zugelegt. Dies entspricht 102.000 versteigerten Werken für insgesamt 2,7 Milliarden Dollar im Zeitraum von Ende 2020 bis Juni 2021.
Zeitgenössische Kunst gefragt wie nie zuvor
Sammler und Kunstkäufer legen ihren Fokus vermehrt auf zeitgenössische Kunst. Dieser Bereich macht mittlerweile fast ein Viertel des Gesamtmarktes aus: 23% um genau zu sein in den Jahren 2020 / 2021.
Vergleichen wir diese Zahlen nun mit dem Anfang des Jahrtausends, dann sehen wir ein atemberaubendes Wachstum. In nur zwanzig Jahren sind die Preise um 400% gestiegen.
Zum Vergleich: Der Wert von Nachkriegswerken ist im gleichen Zeitraum nur etwa halb so stark gewachsen. Artprice führt dieses Phänomen auf ein ständig wachsendes Angebot, günstigere Preise und vor allem eine wachsende Nachfrage von Sammlern auf der ganzen Welt zurück. Da die Digitalisierung geografische Barrieren beseitigt und Schwellenländer an Bedeutung gewinnen, werden Käufer jünger und zahlreicher.
Sie befeuern die Nachfrage nach zeitgenössischer Kunst, die höchstwahrscheinlich weiter steigen wird.
Unter den größten Namen der Kunstgeschichte gehören laut aktuellen Zahlen nun 3 zeitgenössische Künstler zu den Top 10 Künstlern, welche 2021 die höchsten Auktionspreise erzielten:
Die gefragtesten Künstler 2021
Fast 102.000 zeitgenössische Werke haben weltweit den Besitzer gewechselt, ein Anstieg der Transaktionen um + 34 % gegenüber dem Ergebnis 2018/19 (vor der Pandemie). Dieser Marktschub ist zum Teil auf die enorme Popularität einiger weniger Künstler zurückzuführen.
Zusammen repräsentieren KAWS (bürgerlicher Name: Brian Donnelly), Takashi Murakami und Banksy fast 5.000 Jahreslose und 4,7% der Transaktionen mit zeitgenössischer Kunst. Sie spiegeln die populärste Kunst unserer Zeit wider: Street Art und Manga. Ihr Erfolg hat sich durch die Ankunft neuer Online-Käufer noch verstärkt. Gemeinsamkeiten zwischen diesen drei Künstlern: Sie decken alle Preisklassen ab und sind in mehreren Bereichen äußerst produktiv.
Jeder dieser Künstler verkauft mehr als 1.500 Werke im Jahr über Auktionen, ohne die eigenen Vertriebsnetze oder die ihrer Galerien mitzuzählen: KAWS, Murakami und Banksy bilden das Podium der am meisten nachgefragten Künstler, gemessen an der Anzahl der Auktionen.
Die Popularität von NFTs und Crypto Art
Es gibt noch einen weiteren Faktor, der maßgeblich zum rasanten Anstieg zeitgenössischer Kunst in einer Post-COVID-Welt beigetragen hat: die Markteinführung von NFTs.
Diese digitalen Werke werden von Kunstliebhabern nicht einstimmig geschätzt, aber sie haben bereits die Herzen einiger hochrangiger Sammler erobert. Verkaufspreise für Crypto Art haben sich geradezu überschlagen im Laufe von 2021. Tatsächlich wurden in diesem Jahr 9 NFT-Werke für Preise über der Millionen-Dollar-Marke versteigert.
Das erste in der Geschichte war „Everydays: 5000 Days“ des Künstlers Beeple, das im März bei Christie’s für 69,3 Millionen US-Dollar den Eigentümer wechselte (siehe Artikel: Eine Einführung in die Welt der NFT-Kunst).
Die Authentizität und Rückverfolgbarkeit von NFTs (Non fungible Token) werden durch die Blockchain-Technologie garantiert. Herr Sundaresan, Schöpfer eines der führenden NFT-Investmentfonds (Metapurse), hat sich zum Ziel gesetzt, die weltweit größte Sammlung von NFT-Kunst aufzubauen. Bereits drei Monate vor dem Verkauf von The First 5000 Days hatte seine Firma Metapurse bereits mehr als 2 Millionen US-Dollar in digitale Werke von Beeple investiert.
Der neue NFT-Geldsegen weckte große Begeisterung bei den Auktionshäusern. Laut Christie’s haben sich 22 Millionen Menschen, von denen fast 60 % unter 40 Jahre alt waren, bei der Versteigerung von The First 5000 Days angemeldet. Unter ihnen haben einige Investoren mit gut ausgestatteten Krypto-Portfolios den Einsatz nach oben geschraubt.
Begierig darauf, neue Käufergemeinschaften mit Fokus auf digitale Kunst sowie Liquidität im Krypto-Raum zu nutzen, haben die Auktionshäuser alles getan, um NFT-Werke in ihre prestigeträchtigen Frühjahrsverkäufe aufzunehmen.
Laut Schätzungen von NonFungible haben die Verkäufe von NFT Kunstwerken in den ersten fünf Monaten 2021 eine Summe von insgesamt 2,5 Mrd. USD erzielt (Quelle: ArtPrice).
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.