- Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Altpaläolithische Kleinkunst
- Kunstgeschichte; Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Augenidol
- Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Germanische Kunst
- Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Der tatsächlich betrachtete Zeitraum
- Kunst der Ur- und Frühgeschichte: Der theoretisch betrachtete Zeitraum
Die Germanische Kunst gehört komplett zur Ur- und Frühgeschichte der Kunst und nicht zur eigentlichen Kunstgeschichte der nordischen Völker. Denn diese Kunstgeschichte wird nicht als „germanische Kunstgeschichte“ bearbeitet, sondern stellt sich als Kunstgeschichte der Nationen dar, zu denen die germanischen Stämme schließlich wurden und die noch heute bestehen.
Die diversen germanischen Stämme, von Langobarden bis Wikinger, die den europäischen Raum von Italien bis hoch in den Norden bevölkerten, brachten nirgendwo eine Hochkultur zustande. Kultur ja, mit Guldgubben und noch mehr Gold, Frauengräbern (wieso nur Frauen?), Helmplatten und Reitersteinen, diversen Kunststilen namens Borres-Stil, Jelling-Stil, Mammen-Stil, Oseberg-Stil, Ringerike-Stil, Runensteinstil, Tierstil, Urnes-Stil und Vendelstil, Scheibenfibeln, Vogelfibeln und Wirbelrädern, aber eben keine Hochkultur.
Man mag darüber streiten, ob winzige Gold-Plättchen voller detailreich verzierter Figuren, die zu einem feinen Hauch getrieben wurden, nicht entschieden hochkultureller sind als eine Warhol’sche Blechdosen-Sammlung; aber zu einer Hochkultur gehört noch einiges mehr: Einheitliche Schrift und Sprache, Kalendersystem, die mit Kultur und Religion ein gemeinsames Denken und Fühlen bilden; Landwirtschaft inkl. Handel und Vorratshaltung; Entwicklung von Städten und Wissenschaften; politisch organisierte Gesellschaft mit organisiertem und planvoll handelndem Regierungs-, Rechts- und Verwaltungssystem;
Arbeitsteilige Berufstätigkeit der Bürger; Ausbildung spezialisierter Gesellschaftsklassen; schlagkräftiges Militärwesen mit Berufssoldaten; die Erschaffung anspruchsvoller künstlerischer Leistungen auf den Gebieten der Literatur, Musik, bildenden Kunst und Architektur.
Den Germanen fehlten vielleicht einige Merkmale der Hochkultur; vor allem mit den Städten und den Wissenschaften und der Architektur war es noch nicht so weit her. Aber politisch organisiert waren die damaligen Gesellschaften natürlich, vor allem wenn man von der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs ausgeht – jegliche Tätigkeit und jedes Gedankengebilde, die das Gemeinwesen der „alten Griechen“, die Polis betrafen.
Ansätze eines organisierten und planvoll handelnden Regierungs-, Rechts- und Verwaltungssystems gab es auch (und vielleicht liegt derjenige nicht falsch, dem sofort „Ansätze haben wahrscheinlich besser funktioniert“ durch den Kopf schießt), ein schlagkräftiges Militärwesen mit Berufssoldaten und die damit regelmäßig verbundene Ausbildung spezialisierter Gesellschaftsklassen (zur Versorgung abgewrackter Heerführer) sowieso, und der Anspruch oder die Anspruchslosigkeit künstlerischer Leistungen dürfen auch dann im Auge des Betrachters liegen, wenn die künstlerischen Leistungen vor langer Zeit erbracht wurden.
Der Nicht-Wissenschaftler könnte in der Rückschau Gründe finden, die wissenschaftlichen Bewertungen in Frage zu stellen (frei nach dem Motto: lieber ein paar fingernagelgroße Goldplättchen als ein 40-Millionen-Dollar-Aufblaspudel); er dürfte sogar fragen, ob das Hoch in der Kultur im Jahr 2017 nicht auch schon ziemlich niedrig geworden ist.
Uns fehlt es zwar nicht an anspruchsvollen Leistungen von Autoren und Architekten, Künstlern und Musikern; die Anerkennung dieser Leistungen richtet sich jedoch mehr nach dem Marketinggeschick des Künstlers (Autoren, Architekten, Musikers) sowie seinem Willen und seiner Entschlossenheit, sich in den Medien zu präsentieren, als nach dem Anspruch der Leistung.
Die berufstätigen Bürger arbeiten arbeitsteilig bis zum Umfallen; damit entstehen aber leider gerade immer mehr Fachkräfte, die nur noch hoch speziell ohne ausreichend breite Basis ausgebildet werden, weil breite Ausbildung teuer ist und der Clou an der ganzen Sache ohnehin ist, dass die Früchte dieser schweren Arbeit in zunehmendem Maße sowieso nur noch denen zukommen, denen breite Ausbildung zu teuer ist.
Das schlagkräftige Militärwesen wurde inzwischen als Geißel der Menschheit entlarvt und das Heer von Berufssoldaten als ein guter Weg, abgehärtete Psychopathen, emotionslose Sozialkrüppel oder andere intern oder extern wirkende traumatische Belastungen zu produzieren.
Mit den spezialisierten Gesellschaftsklassen steigen die Probleme, je mehr die Spezialisierung „viel Geld verdienen“ in den Vordergrund rückt; die politisch organisierte Gesellschaft ist unpolitisch oder verschwindet in Echoräumen; das organisierte und planvoll handelnde Regierungs-, Rechts- und Verwaltungssystem schafft in der Zeit den Bau eines Flughafens und eines Bahnhofs nicht, in der die Chinesen ihr halbes Land umbauen.
Die Städte werden für Normalbürger zunehmend unbewohnbar, die Wissenschaften sind dem Markt unterworfen, die Landwirtschaft zerstört das Land und das Grundwasser, der Handel hat heimlich die Herrschaft übernommen.
Die Vorratshaltung weicht dem zwangsversteigerungs-verursachten Nullbesitz, einheitliche Schrift und Sprache, Kalendersystem, Kultur und Religion bilden nur noch für die ein gemeinsames Denken und Fühlen, die sich nicht vor Angst verbarrikadieren … vielleicht sollte die Definition der Hochkulturen überdacht werden.
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse