Der Deutsche Kulturrat hat am 9. Oktober 2024 ein Positionspapier unter dem Namen „Künstliche Intelligenz: Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur nachhaltig entwickeln“ verabschiedet.
Der Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) und deren Regulierung stellt eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung dar.
Das Vertrauen in die Authentizität von Informationen wird zunehmend auf die Probe gestellt, während zugleich weitverbreitete Besorgnis über die potenzielle Ersetzung menschlicher Kreativität und Arbeitskraft durch KI besteht. Mit der fortschreitenden Integration von KI-Systemen in Entscheidungsprozesse treten Verantwortungsdefizite zutage, die dringend adressiert werden müssen, um eine breite gesellschaftliche Akzeptanz zu gewährleisten.
In dem vorliegenden Positionspapier wird das Tätigkeitsfeld von Künstlerinnen und Künstlern, kulturellen Bildungseinrichtungen sowie Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft eingehend untersucht. Dabei werden sowohl die vielversprechenden Chancen als auch die gewichtigen Risiken im Umgang mit KI in den Bereichen Kunst und Kultur umfassend thematisiert.
Ziel ist es, eine fundierte Grundlage für ein konstruktives Gespräch über die Rolle von KI in der kreativen Landschaft zu schaffen und den Dialog zwischen den Akteuren zu fördern.
Wir haben uns in das Positionspapier des deutschen Kulturrats für Sie eingelesen und zeigen die elementaren Punkte in zusammengefasster Form auf.
KI als Werkzeug für die künstlerische und kreative Arbeit
Viele Künstlerinnen und Künstler sowie Kreative der Kultur- und Kreativwirtschaft sind offen für neue Werkzeuge, insbesondere Künstliche Intelligenz (KI), die ihre kreativen Prozesse revolutionieren können. Während KI die Realisierung bisher unerreichbarer künstlerischer Ideen ermöglicht, müssen jedoch die Interessen und Rechte der Kulturakteure gewahrt werden. Europäische Standards in Datenschutz und Urheberrecht müssen sowohl von europäischen als auch nicht-europäischen Anbietern eingehalten werden.
Der Deutsche Kulturrat hebt die Gefahren generativer KI hervor und erarbeitet eine Stellungnahme zu den Aspekten des Urheberrechts im Kontext neuer KI-Verordnungen. Dabei sollen sowohl ökonomische als auch ethische und kulturelle Folgen genau betrachtet werden. Die Einführung von KI-Werkzeugen wirft Fragen zur humanen Leistung auf, insbesondere hinsichtlich der Transparenz zwischen menschlicher Kreativität und KI-generierten Inhalten.
Aktuell gibt es viele kostengünstige oder kostenlose KI-Angebote, die oft Datenschutz- und Urheberrechte missachten. Um einen rechtssicheren Umgang mit diesen Werkzeugen zu gewährleisten, ist eine bessere Aufklärung nötig. Gleichzeitig wünschen sich Nutzer Zugang zu bezahlbaren und datenschutzkonformen Anwendungen.
KI in der nicht-künstlerischen Arbeit in Kunst, Kultur und Medien
Im Kunst-, Kultur- und Medienbereich verändert Künstliche Intelligenz (KI) nicht nur die künstlerische, sondern auch die nicht-künstlerische Arbeit. Dies beeinflusst Berufsbilder und erfordert ein Umdenken in den Arbeitslogiken. KI bietet Chancen zur Minderung des Fachkräftemangels, insbesondere bei repetitiven Aufgaben, birgt jedoch auch das Risiko von Arbeitsplatzverlusten.
Das Verhältnis zwischen prognostiziertem Arbeitsplatzabbau und dem bestehenden Fachkräftebedarf bleibt ungewiss. Daher ist eine gezielte Qualifizierung und Weiterbildung der Mitarbeitenden unerlässlich. Es ist wichtig, sich proaktiv mit aktuellen und zukünftigen Veränderungen auseinanderzusetzen und den Einsatz von KI nicht leichtfertig zu gestalten.
Zudem sind Transparenzregelungen notwendig, wo Ergebnisse aus generativer KI entstehen oder interpretiert werden.
KI in der allgemeinen Bildung
Der kompetente Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) stellt eine bedeutende bildungspolitische Herausforderung dar, die alle Bildungsbereiche betrifft, von der schulischen über die außerschulische bis hin zur Erwachsenen- und Seniorenbildung.
Menschen aller Altersgruppen sind gefordert, sich mit den Potenzialen, Funktionsweisen und Grenzen generativer Modelle auseinanderzusetzen, um diese für kreatives Schaffen sinnvoll zu nutzen. Eine realistische Einschätzung ihrer Möglichkeiten und der Risiken, wie etwa missbräuchliche Anwendungen zur Desinformation oder Bildfälschungen (Deep Fakes), ist unerlässlich.
Zukünftig wird eine umfassende KI-Kompetenz benötigt. Lebensbegleitendes Lernen sowie kulturelle Bildung und Medienpädagogik spielen hierbei eine Schlüsselrolle; daher ist der Ausbau der Fort- und Weiterbildung für pädagogisches Personal essenziell.
KI in der Hochschullehre und Ausbildung
KI wird zunehmend als Werkzeug in der Hochschullehre und von Studierenden, insbesondere in den Kunst- und Kulturwissenschaften, eingesetzt. Die Herausforderung besteht darin, dass Studierende eigenständige Prüfungsleistungen erbringen müssen, während gleichzeitig die Spielräume für den Einsatz und die Überprüfung von KI-gestützten Arbeiten überprüft werden müssen.
Die Curricula sollten die Nutzung von KI fest verankern und den kreativen Umgang sowie die Dokumentation ihrer Verwendung fördern. Auch die Weiterbildung der Lehrenden spielt hierbei eine zentrale Rolle. Bei Neubesetzungen sollte geprüft werden, ob Kenntnisse im Umgang mit KI erforderlich sind.
Zudem ist es wichtig, die Forschung zu den Auswirkungen der KI auf Kunst und kulturelle Vielfalt zu intensivieren sowie deren Entwicklung aus künstlerischer Perspektive in die Lehre zu integrieren.
In der Berufsausbildung ist es ebenso entscheidend, dass Auszubildende Kompetenzen im Umgang mit KI erwerben. Im Kunst-, Kultur- und Mediensektor wird sie bereits als Selbstverständlichkeit betrachtet. Um die Qualität der Ausbildung sicherzustellen, sollten angehende Fachkräfte auf einen kompetenten und kritischen Einsatz von KI vorbereitet werden – sowohl im praktischen als auch im schulischen Teil ihrer Ausbildung.
KI und Barrierefreiheit
Die Schaffung von Barrierefreiheit im Kulturbereich ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und gemäß der UN Behindertenrechtskonvention eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland. Künstliche Intelligenz (KI) bietet die Chance, den barrierefreien Zugang zu Kunst, Kultur und Medien individueller und effektiver zu gestalten – unter Berücksichtigung des Urheberrechts.
Der Deutsche Kulturrat fordert im Positionspapier die öffentliche Hand auf, Forschung und Entwicklung qualitativ hochwertiger KI-Lösungen zu fördern und Institutionen sowie Unternehmen bei deren Umsetzung zu unterstützen.
KI und kulturelles Erbe
In seiner Stellungnahme zur Digitalisierung fordert der Deutsche Kulturrat ein konsistentes Vorgehen der Bundesregierung. Statt bestehende Projekte wie die Deutsche Digitale Bibliothek zu stärken, werden neue, befristete Initiativen ins Leben gerufen, wodurch Ressourcen fragmentiert statt gebündelt werden. Die Digitalisierung nicht-kommerzieller Gedächtniseinrichtungen, wie Museen und Bibliotheken, bleibt nach wie vor unzureichend – dies hindert die Nutzung von KI-Potenzialen für Forschung und Zugriff auf Bestände.
Darüber hinaus eröffnet KI Chancen in der Publikumsforschung und im künstlerischen Bereich. Die Förderung solcher Anwendungen ist wichtig, da kulturelle Einrichtungen als nicht-kommerzielle Räume einen ethischen Umgang mit KI erproben können. Dabei ist jedoch eine klare Abgrenzung gegenüber kommerziellen Anwendungen notwendig.
Der Deutsche Kulturrat betont außerdem die Notwendigkeit einer angemessenen Vergütung für Urheberinnen und Urheber im digitalen Kontext.
Stellungnahme des Geschäftsführers
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, findet folgende abschließende Wort:
„Unsere aktuelle Positionierung zu den Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur in Zeiten der Künstlichen Intelligenz endet mit dem Schlußsatz, dass es unabdingbar für uns ist, dass Urheberinnen und Urheber auch angemessen vergütet werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber zur Zeit sind wir von diesem Ziel noch weit entfernt. Gerade Unternehmen die KI-Werkzeuge anbieten, missachten massiv die Urheberrechte.“
Das vollständige Positionspapier „Künstliche Intelligenz: Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur nachhaltig entwickeln“ kann hier abgerufen werden.
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.