Immer wieder wird in der Öffentlichkeit über den Stellenwert von Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft debattiert. Zuletzt kochten die Gemüter während der Lock-Downs im Zuge der Corona-Pandemie hoch, als viele Kulturschaffende um ihr nacktes Überleben bangten.
Auch nach der Covid-Pandemie und seiner Einschränkungen bleiben die Herausforderungen für Kunst- und Kulturschaffende immens hoch. Gestiegene Kosten, zerrissene Netzwerke, geänderte Prioritäten in großen Teilen der Gesellschaft und andauernde Multikrisen, wohin man schaut.
Auch die Haushaltsperre infolge des geplatzten Nachtragshaushalts von 2021 der Bundesregierung lässt für die Kulturförderung der kommenden Jahre wenig Gutes erahnen.
Deutscher Kulturrat hält fest: Kunst und Kult sind elementare Infrastruktur
Kunst und Kultur spielen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft, so positionierte sich der Deutsche Kulturrat bereits im Jahre 2010 deutlich (siehe Kunst und Kultur als Lebensnerv: Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zur Kulturfinanzierung) zur Finanzierung des kulturellen Lebens in Deutschland.
Kunst und Kultur reflektieren gesellschaftliche Diskussionen, bieten Raum für Auseinandersetzung mit der Realität und gehen über den Alltag hinaus. Kunst und Kultur sind Ausdruck des menschlichen Lebens.
Die Beschäftigung mit ihnen verweist auf die Vergangenheit und den Umgang mit traditionellen Werten, hat aber auch einen zukunftsorientierten Aspekt, indem sie Visionen einer künftigen Gesellschaft beinhaltet.
In ihrem Umgang mit Kunst und Kultur zeigen sich die Debatten innerhalb der Gesellschaft deutlich. Der Bedeutung von Kunst und Kultur wird eine herausragende Rolle bei der gesellschaftlichen Entwicklung zugewiesen.
In einer multiethnischen Gesellschaft gewinnen Kunst, Kultur und kulturelle Bildung zunehmend an Bedeutung, um Integration zu fördern sowie die positiven Elemente kultureller Vielfalt hervorzuheben.
Unter dem Begriff „Wandel durch Kultur“ werden diese Prozesse oft zusammengeführt.
Schutz und Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen
Der zweite deutsche Staatenbericht zur „Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ wurde vor einigen Jahren bei der UNESCO vorgelegt. Seit 2012 haben demnach Bund, Länder, Kommunen und Zivilgesellschaft eine breite Palette innovativer und effektiver Maßnahmen ergriffen, um die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in Deutschland zu fördern. Diese Bemühungen zeigen deutlich das Engagement aller beteiligten Akteure für dieses wichtige Anliegen (siehe Vielfalt in Deutschlands Kunst- und Kulturlandschaft ausgebaut).
Prof. Dr. Verena Metze-Mangold, die damalige Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission, betonte die Bedeutung der Förderung kultureller Vielfalt für eine demokratische Gesellschaft. Sie erklärte, dass Vielfalt Kreativität und Innovation fördert und in Zeiten fortschreitender Globalisierung das Recht auf gesellschaftliche Gestaltung gewahrt werden muss.
Besonders in Deutschland haben wir ein reichhaltiges Angebot an öffentlich geförderten Kultureinrichtungen sowie hochkarätigen internationalen Kulturangeboten. Neben diesen Institutionen tragen auch Bürgerinitiativen dazu bei, dass Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit geringem Einkommen Zugang zur Kunst und Kultur bekommen – ein Zugang, den sie sonst oft nicht hätten. Sie betonte:
Es ist wichtig, dieses vielfältige Engagement zur Förderung unterschiedlicher kultureller Ausdrucksformen weiterhin zu unterstützen und auszubauen.“
Leider liegen uns aktuell keine Zahlen vor, die diese positive Entwicklung über die letzten Jahre seit Ausbruch der Corona-Pandemie hinaus bestätigen. Es darf jedoch befürchtet werden, dass Leistungen in diesem Bereich aufgrund der wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gekürzt werden könnten.
Die UNESCO proklamiert unbeirrt weiter: Culture Counts – Kultur zählt.
Diese Botschaft zieht sich als Leitmotiv durch das gesamte Kulturprogramm der Organisation. Schutz und Erhalt des kulturellen Erbes, Bewahrung und Förderung der kulturellen Vielfalt und der Dialog zwischen den Kulturen zählen zu den Hauptaufgaben.
Die UNESCO ist die einzige Organisation im System der Vereinten Nationen mit einem Mandat im Kulturbereich.
Kunst unter rein wirtschaftlicher Betrachtung: Kürzungen mit schwerwiegenden Folgen
Kunst, Kultur und kulturelle Bildung spielen eine entscheidende Rolle im Leben jedes Einzelnen. Durch kulturelle Bildung eröffnen sich neue Horizonte und die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit Kunst. Sie ist ein wichtiger Faktor für individuelle Kreativität und eigenes künstlerisches Schaffen.
Obwohl Kunst, Kultur und kulturelle Bildung für jeden Menschen sowie die Gesellschaft insgesamt von großer Bedeutung sind, werden diese Bereiche immer wieder von Budgetkürzungen betroffen.
Oftmals wird ihre Förderung rein aus finanziellen Aspekten betrachtet und lediglich als Empfänger öffentlicher Gelder angesehen.
Dabei wird außer Acht gelassen, dass es sich bei der Unterstützung von Kunst, Kultur und kultureller Bildung nicht um Subventionen handelt, sondern vielmehr um Investitionen in die Zukunft. Angesichts der zu erwartenden Haushaltskürzungen zur Schuldenbremse-Einhaltung durch die Länder sowie den finanziellen Schwierigkeiten der Kommunen fordert der Deutsche Kulturrat in seiner Stellungnahme Maßnahmen zur Sicherung der kulturellen Infrastruktur auf Bund-, Land-und Gemeindeebene.
Es ist wichtig zu erkennen, dass eine solche Sicherstellung notwendig ist, um einen nachhaltigen Zugang zu Kunst-und-Kultur-Angeboten sicherzustellen.
Kulturrat bestärkt Positionierung: Kultur gehört zur kritischen Infrastruktur
In einer öffentlichen Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zum Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zum „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der CER-Richtlinie und zur Stärkung der Resilienz kritischer Anlagen“ (KRITIS-Dachgesetz – KRITIS-DG) erneuerte der Kulturrat seine Positionierung zur gesellschaftlichen Bedeutung von Kunst und Kultur im August diesen Jahres.
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass die Kultur gemäß der bisherigen Praxis als kritische Infrastruktur in die Liste der „Besonders wichtigen Einrichtungen“ und „Wichtigen Einrichtungen“ im KRITIS-Dachgesetz aufgenommen und entsprechend festgelegt wird.
Dadurch würde die Kultur weiterhin als kritische Infrastruktur behandelt werden und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) wäre weiterhin für den Bereich Kultur zuständig, indem es relevante Informationen bereitstellt oder beratende Aufgaben übernimmt.
Des Weiteren fordert der Deutsche Kulturrat, dass das Bundesministerium des Innern und für Heimat in Absprache mit anderen Ministerien bestimmen soll, welche Infrastrukturen und Einrichtungen als kritisch angesehen werden sollen, wobei auch die Beauftragte für Kultur und Medien einbezogen werden sollte.
Die komplette Pressemeldung des Deutschen Kulturrates dazu finden Sie hier: Kultur gehört zur kritischen Infrastruktur.
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.