Kennen Sie auch Menschen, die schon einige Lebensjahre hinter sich haben, und jedes Jahr wieder schwören, in ihrer Kindheit immer schneereiche, weiße Weihnachten erlebt zu haben?
Sorry, aber das stimmt nicht, ebenso wenig, wie früher alles besser war. Im Verhalten der Menschen untereinander und in Bezug auf den Familienzusammenhalt wohl schon, aber das lag genau daran, dass früher eben nicht alles besser war – Menschen halten historisch verbürgt am besten zusammen, wenn es ihnen so richtig dreckig geht, wenn also über mangelnden Zusammenhalt geklagt wird, ist das auch ein Zeichen dafür, dass es uns eigentlich recht gut geht und die individuelle Lebensführung in den Vordergrund rückt.
„Weiße Weihnacht“ auf jeden Fall ist auf der normalen deutschen Landfläche ein eher seltenes Phänomen – sie kommt im Flachland durchschnittlich alle sieben bis zehn Jahre vor, das haben Wissenschaftler aus einem Durchschnitt aller Wetteraufzeichnungen errechnet.
Somit wurden wir die letzten Jahre verwöhnt, 2012 waren alle drei Weihnachtsfeiertage in Deutschland komplett weiß, und der Dezember insgesamt sehr schneereich, 2010 fiel pünktlich am Weihnachtsabend Neuschnee, der dann in den meisten Orten über die Feiertage erhalten blieb.
Davor sah es lange Zeit Weihnachten eher düster aus, die alten Leute haben allerdings schon recht damit, wenn sie von „Schneewintern“ reden – zwischen 1939 und 1974 lagen so viele kalte Winter mit reichlich Schnee, dass Wissenschaftler schon eine Eiszeit heranziehen sahen. Aber Weihnachten sah auch in dieser Zeit meistens grün oder grau aus, die letzte Zeit mit sicheren weißen Weihnachten lag in der mittleren Neuzeit, im 17. bis 18. Jahrhundert, im Barock, und diese Zwischenkaltphase ist auch als „Kleine Eiszeit“ bekannt.
Wir befinden uns bekanntermaßen eher in der gegenteiligen Entwicklung, unser Frühling beginnt ein bis zwei Wochen früher, und die Pflanzen behalten ihre Blätter rund eine Woche länger als im vergangenen Jahrhundert; das Vegetationsjahr für die Pflanzen ist ein gutes Stück länger geworden.
Sie könnten sich erkundigen, wann in Ihrem Heimatort mit der regelmäßigen Wetteraufzeichnung begonnen wurde (1781 fing es an, in jedem Ort in einem anderen Jahr) und wie viele Weihnachten Schnee lagen, dann könnten Sie Ihre eigene Statistik errechnen.
Mit dem Durchschnitt der gerade genannten Zahlen gerechnet, seit 1800 alle 8,5 Jahre, ergeben sich 25 weiße Weihnachten – in einem Zeitraum, der das Leben von Generationen umfasst. Anders gerechnet: Ein Mensch hat rund 11 Mal die Chance auf „Weiße Weihnacht“, wenn er 100 Jahre alt wird.
Also ist die „Weiße Weihnacht“ meist nur ein schöner Traum – es sei denn, Sie begeben sich ins Gebirge, dort liegt die Wahrscheinlichkeit für „Weiße Weihnacht“ je nach Höhenlage bei 30 bis 60 Prozent, in der Nähe der Gipfel sogar bei über 90 Prozent …
Die „Weiße Weihnacht“ – eine Erfindung fantasiereicher, höhenbeseelter Geschäftsleute
In der Nähe dieser Gipfel, vielleicht in realitätsentrückend dünner Luft, hat sich offenbar ein Postkarten-Produzent aufgehalten, den Wissenschaftler inzwischen als den eigentlichen Schöpfer der „Weißen Weihnacht“ identifiziert haben.
Um 1860 muss dieser Höhenausflug stattgefunden haben. Die Weihnachtskarten vorher zeigten Weihnachtsmänner, die mit Geschenken beladen über unverschneite Dächer unterwegs waren, oder auch eine fröhliche Menschenrunde, die in einer prächtigen Weintrauben-Deko ihrem Weihnachtstrunk frönten, mit Schnee war da nichts, und mit Weihnachtsbaum übrigens auch nicht.
Der Weihnachtsbaum war 1860 nämlich noch lange nicht im normalen deutschen Haushalt angekommen. Er war vielmehr gerade mitten in seinem Siegeszug – bis zur Mitte des 19. Jh. in einigen adeligen Haushalten (von Kirchenleuten durchaus bekämpfte) Mode geworden und dann in die einkommensstärksten Haushalte gewandert, da schon damals die Reichen gerne die Prominenten nachmachten.
Das „einfache Volk“ konnte sich zu dieser Zeit noch keinen Weihnachtsbaum leisten, sondern stellte sich ein paar Zweigreste in die Stube; um auch ihnen den neuen Deko-Trend zugänglich zu machen, wurden ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Tannen- und Fichtenwälder in Massen angelegt.
Ein Prominenten-Deko-Trend ist also mit schuld daran, dass Deutschland nicht mehr voller schöner, gesunder Mischwälder steht, sondern in manchen Regionen eher voller Nadelbäume. Und das Waldsterben der 1980er Jahre hätte es ohne diese Mode vielleicht nicht gegeben – Nadelbäume machen den Boden sauer.
Im Jahr 1863 soll auf jeden Fall die erste Postkarte mit einer winterlichen Schneelandschaft aufgetaucht sein, und ab dieser Zeit nahmen andere Postkarten-Produzenten den Verkaufshit gerne auf, die Postkarten machten eine markante Wandlung durch: Die Weihnachtsmänner saßen nun auf verschneiten Dächern, mit weiß-verschneiten Dorfidyllen im Hintergrund, über denen der Vollmond prangte.
Die neuen, romantischen Schneelandschaften auf der Postkarte kamen ganz groß in Mode, auch weil der Winter auf einmal nicht mehr bedrohlich, sondern hell und glitzernd, friedlich und aufgeräumt wirkte – bis sogar auf australischen Weihnachtskarten verschneite Landschaften zu bewundern waren, obwohl man dort Weihnachten im Hochsommer feiert.
„Weiße Weihnacht“ können Sie kaufen
Weil das so war, können Sie sich die „Weiße Weihnacht“ heute im Internet kaufen.
Ansichtskarten sind nämlich eine sehr liebenswerte alte Tradition, und deswegen wurden Ansichtskarten schon immer gesammelt, heute werden sie in zahlreichen Internetforen rund um die ganze Welt vertrieben und getauscht.
„Weiße Weihnacht“ auf der Postkarte bekommen Sie z. B. bei der Firma Mau-AK, Ansichtskarten aus aller Welt, unter www.mau-ak.de.
Wenn Sie dort „Schnee“ als Suchbegriff eingeben, erscheinen Dutzende schön verschneite Postkarten, von der Elefantenfamilie als Schneekunstbau in Davos über die Schneelawine im Garmischer Höllentalklamm und die Glückwunschkarte mit Dame und Schneemann bis zur italienischen Künstlerkarte „Schneebälle“, alle gut ein Jahrhundert alt.
Im AK-Pool der Firma Ansichtskartenpool, zu erreichen unter www.akpool.de, können Sie sich Ihre „Weiße Weihnacht“ aus 1.439 Postkarten heraussuchen, darunter auch zahlreiche Angebote zu 1,- Euro.
Was Sie da finden, ist teilweise wirklich einzigartig und teilweise so richtig schön verrückt, wenn Sie Phantasie und einen Bilderrahmen beisteuern, können Sie sich eine ganz außergewöhnliche „Weiße Weihnacht“ zusammenstellen.
Die Story der „Weißen Weihnacht“ trägt den Zauber neuer Ideen in sich
Die Idee, sich per Ansichtskarte die eigene „Weiße Weihnacht“ anzuschaffen, lässt sich nämlich ausweiten, gibt eine Anregung für „Familienkunst“, die zur Tradition werden kann.
Wenn Sie sich mit den schönen bis skurrilen Postkarten beschäftigt haben, die den Mythos „Weiße Weihnacht“ transportieren, ist Älteren sicher wieder (und Jüngeren vielleicht erstmals) bewusst geworden, welch ein liebenswertes Stück Alltagskunst die Postkarte verkörpert.
Falls das dazu führt, dass Sie die SMS aus dem Urlaub wieder durch eine Ansichtskarte ersetzen, ist das erfreulich – im wahrsten Sinne des Wortes, bei entsprechenden Befragungen kommt immer heraus, dass sich Menschen über eine Ansichtskarte aus dem Urlaub mehr freuen als über eine digitale Nachricht und dass sie sich durch eine Ansichtskarte in höherem Maße wertgeschätzt fühlen.
Die Ansichtskarte gibt aber noch mehr her – die zweite Gelegenheit, zu der viele Postkarten verschickt werden, sind die Feste am Jahresende, ob Weihnachtskarte oder Neujahrsgruß. Was hier verschickt wird, ist häufig ein kleines Kunstwerk, und viele dieser kleinen Kunstwerke können Sie zu einem großen Kunstwerk vereinen. Echte Familienkunst, die sich jedes Jahr ein wenig verändert.
Möglichkeiten, ausgewählt dekorative Grußkarten zu einem Gesamtkunstwerk zusammenzufassen, gibt es einige: Lochen und mit Seidenbändern zu einer Kette binden, auf einer großen Tafel zu einem Patchwork-Bild zusammenstecken, mit spurenlos ablösbarem Klebeband in ein Fenster kleben, mosaikartig oder wie ein Rahmen am Rand entlang …
Passionierte Autorin mit regem Kunstinteresse