Street Art ist aus den Straßen deutscher Großstädte nicht mehr weg zu denken. Besonders Berlin zieht Künstler aus aller Welt an. Politische Slogans und leuchtende Farben sind in der ganzen Stadt präsent.
Street Art – ein globales Phänomen
Street Art gestaltet den öffentlichen Raum mit. Durch Graffitis und Wandmalereien kommuniziert der Künstler mit der Stadt. Die Kunstform ist vergänglich und flüchtig. Sie ist der Witterung ausgesetzt, kann überklebt oder anderweitig verändert werden. Sie ist keine Kunst, die in einer Galerie oder einem Museum erhalten werden muss. Die Stadt selbst ist ihre Galerie.
Als globales Phänomen ist sie in fast jeder Großstadt präsent. Ob als politisches Statement oder zur Poetisierung des Stadtbilds, sie will gesehen werden und den öffentlichen Raum unterwandern.
Mittlerweile ist die Kunstform jedoch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Werke von Obey und Banksy werden teuer verkauft und in Galerien ausgestellt. Der Wunsch nach moderner und junger Kunst ist ein Phänomen, das den rauen Charme dieser Kunstform reflektiert.
Der Fotograf Dan Meyers ist bei der Durchsicht alter Aufnahmen auf folgendes Bild eines Banksy Graffitis gestoßen, das er 2014 im Westjordanland (Palästina) aufgenommen hatte. Dafür bezahlte er einen palästinensischen Taxifahrer, um ihn zu deren Seite der Mauer zu bringen, und machte mit einem iPhone ein paar Fotos von dem Graffiti.
Das Westjordanland ist wie ein Gefängnis ummauert und wird von den Israelis schwer bewacht. Aus diesen Gründen hat dieses Street Art Werk des rebellischen bis subversiven Banksy eine ganz besondere Aussagekraft.
Leon Wu fotografierte ein weiteres Werk in Palästina, das die Handschrift von Banksy trägt.
Urban Art ist diesen Weg schon früher gegangen. Als Mischung aus einem urbanen Lebensstil und Street Art findet sich Urban Art schon länger auch abseits der Straßen und somit auch fern des Vorwurfs von Vandalismus. Mittlerweile sind Urban Art und Street Art kaum noch zu unterscheiden, finden sie doch beide Platz in Museen und Galerien.
Street Art- Geschichte in Berlin
Ihr Beginn ist schwer auszumachen. In Brasilien fanden sich in den 1960er bis 80er Jahren Wandmalereien als Protest gegen die Militärdiktatur.
Ungefähr zeitgleich wurden die ersten Graffiti in New York entdeckt. Züge, Hauswände und Brücken wurden mit Wandmalereien verziert.
In den 1970er Jahren drückte sich die West-Berliner Punk- und Hip Hop- Szene durch Graffiti aus. Bereits Ende der 1970er bekam die Kunstform immer größere Aufmerksamkeit. Immer mehr Künstler wollten das Stadtbild aktiv mitgestalten und brachten neue Techniken mit.
Die häufig politischen Slogans, fanden sich auch auf der Berliner Mauer wieder. Einen schnellen Überblick über die bekanntesten Murals in Berlin liefert die Street Art Map von DefShop.
Doch auch in Ost- Berlin war Street Art kein unbekanntes Phänomen. Die Ostberliner Künstler waren jedoch stark eingeschränkt und mussten sich politischen Interessen unterwerfen.
Nach dem Fall der Mauer 1989 änderte sich einiges in der Berliner Szene. West- und ostdeutsche Künstler arbeiteten zusammen und verschönerten so das Stadtbild. Zu Beginn noch beliebt und unterstützt, wurde die Kunstform nach der Wiedervereinigung stark kriminalisiert.
Heute ist Street Art ein beliebtes Phänomen. Künstler werden engagiert, um Hauswände zu verschönern. Die Kommerzialisierung verringert allerdings den Anteil kritischer und politischer Wandmalereien.
Street Art- Highlights und unvergessliche Murals in Berlin
Teufelsberg
Früher befand sich auf dem Teufelsberg eine Abhöranlage der Amerikaner, mit der der Osten belauscht werden soll. Heute dient der Teufelsberg vielen internationalen Künstlern als Leinwand. Die Künstler interagieren mit der Umgebung. So viele Kunstwerke an einem Ort, kann man kaum woanders finden.
Alexanderstraße, Mitte
In der Alexanderstraße in Berlin Mitte geht Mural Art mit der DDR einher. Sonst doch sehr unter der Kontrolle des sozialistischen Regimes, stellt das Werk von Walter Womacka eine Ausnahme dar. Sein Werk am Haus des Lehrers zeigt das Leben in der DDR.
Mariannenstraße 37, Kreuzberg
In der Mariannenstraße 37 befand sich bis etwa 2017 der letzte Kohlehändler der Stadt. Auf dem Grundstück sollen Eigentumswohnungen entstehen. Die Wandmalerei des Betriebs ist heute noch zu sehen und erinnert an ein Kreuzberg, das immer mehr ausgelöscht wird.
Uhlandstraße 187
Die größte Wandmalerei Berlins befindet sich in der Uhlandstraße 187. Christian „Lake“ Wahle und Gino Fuchs erschufen das Werk im Jahr 2004. Es befindet sich im Hinterhof einer alten Tankstelle. Das „Tryptichon“ ist insgesamt 1200 Quadratkilometer groß. Das antikapitalistische Werk hat starke Einflüsse der klassischen Kunst. Mittlerweile wurde das Grundstück vor dem Gebäude bebaut.
RAW- Gelände
Das RAW- Gelände ist eines der Highlights der Berliner Szene. Die ehemaligen Eisenbahnhallen sind an jeder Ecke mit Mural Art verziert. Die Kunst auf dem RAW- Gelände ist einzigartig und ein wichtiger Bestandteil jeder Street Art Tour.
East Side Gallery
Die East Side Gallery ist der längste, noch bestehende Teil der Berliner Mauer. Sie misst 1, 3 km und versehen mit circa 100 Kunstwerken von internationalen Künstlern.
Top Street Art Künstler Berlins
Nomad
Nomad ist ein Berliner Künstler. Er will Kunst in einem neuen Kontext zeigen und kritisiert die immer kommerzieller werdende Szene. Bekannt wurde er durch „Mr. Friendly“. Mr. Friendly ist ein kleines Männchen, das Ratschläge gibt und Szenen kommentiert.
Seine Wandmalerei „Rounded Heads“ ist in der Oppelner Straße 44-46 zu finden.
Shepard Faireys Hope
Shepard Faireys Hope designte das Poster zur Wahlkampfkampagne von Barack Obama 2018. Mit „Obey Giant“ veränderte er die Normen der Urban Art. „Obey Giant“ ist eine Marketingkampagne über Produkte, die nicht existieren. Shepard Faireys Hope kritisiert so Kommerz und Konsum, lieferte im Nachhinein allerdings doch noch die entsprechenden Produkte zur Kampagne.
Shepard Faireys Hope Mural Art befinden sich in der Schwerinstraße 3 und am Mehringplatz 28.
ROA
Der Künstler, der schon als kleines Kind von Skeletten und Schädeln toter Tiere fasziniert war, hat den New Yorker Stil weiter entwickelt und mit eigenem verbunden. Seine Werke sind meist in schwarz- weiß gehalten und zeigen Skelette und Schädel toter Tiere. Als Inspiration dienen ihm in der Umgebung heimische Tiere.
In Berlin sind seine Werke in der Oranienstraße 2 und in der Schönhauser Allee 116 zu finden.
Herakut
Herakut ist ein Künstlerduo, bestehend aus Jasmin Siddiqui und Falk Lehmann. Ihr Projekt Giant Story Book soll Menschen verbinden und zeigen, dass sie alle dasselbe beschäftigt und miteinander verbindet. Herakut sind für ihr Projekt um die ganze Welt gereist und haben die Geschwister Jake und Lilly erfunden.
Die Geschichten um die Geschwister erzählen, wie Jake mithilfe von Graffiti und Mural Art aus seiner perfekten Welt aus bricht und wie sich Lilly, die in einer Parallelwelt lebt, gemeinsam mit einem Affen auf die Suche nach ihrem Bruder macht.
Cryptik
Cryptik, ein Künstler aus Los Angeles, ist bekannt für seine geometrischen Formen und Mantras. Seine Mural Art soll den Menschen Ruhe in ihrem hektischen Alltag bringen. Inspiration holt sich Cryptik in alten Schriften.
Sein Werk „Mantradala“ befindet sich in der Bergfriedstraße 10.
PichiAvo
Das spanische Künstlerduo „PichiAvo“ verschönert seit 2007 die Wände der Welt. Die Werke des Duos sollen Mural Art und klassische Kunst verbinden. Kunst soll überall und für jeden sichtbar sein, ob auf der Straße oder im Museum.
Die Wandmalerei „Two Faces“ ist in der Friedrichstraße 9 zu finden.
Jim Avignon
Jim Avignon ist bekannt für seine bunten Figuren, die überall in Berlin zu finden sind. Zunächst fröhlich und bunt, erscheinen die Figuren bei genauerem Hinsehen nicht mehr ganz so amüsant. Jim Avignons Figuren kritisieren die Welt, ganz besonders Lokales in Berlin.
Seine Wandmalerei im Innenhof des Tagesspiegels zieren drei Pinguine in einem Flugzeug. Das Flugzeug befindet sich im Anflug auf ein Gebäude mit der Aufschrift „Airport Closed“. Das Werk kritisiert den Flughafen Berlin Brandenburg.
Jim Avignons Werke sind zu finden am Askanischen Platz 3, in der Neheimer Straße 8, in der Adalbertsrtaße 7 und in der East Side Gallery.
Fazit
Street Art hat sich im Laufe der Jahre stark verändert. Von der Verschönerung des Stadtbilds über politische Revolutionen und Kriminalisierung, ist sie heute angesehen und in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Szene in Berlin prägt das Bild der Urban und Wall Art und hat großen Einfluss auf die Urban Art.
Inhaber und Geschäftsführer von Kunstplaza. Publizist, Redakteur und passionierter Blogger im Bereich Kunst, Design und Kreativität seit 2011. Erfolgreicher Abschluss in Webdesign im Rahmen eines Hochschulstudiums (2008). Weiterentwicklung von Kreativitätstechniken durch Kurse in Freiem Zeichnen, Ausdrucksmalen und Theatre/Acting. Profunde Kenntnisse des Kunstmarktes durch langjährige journalistische Recherchen und zahlreichen Kooperationen mit Akteuren/Institutionen aus Kunst und Kultur.